keit, die Erziehung der Jugend auferlegt, sehr un- verantwortlich handeln, daß sie diese Pflichten mit der Gleichgültigkeit erfüllen, die man fast in allen Familien, und in den meisten Schulen wahr- nimmt. Weil aber die Welt diese Folgen nicht glaubt, so ist es sehr billig, diesen Leichtsinn zu entschuldigen, der ohnedem nunmehr eine Art des Wohlstandes, und eine Hauptregel von der- jenigen Kunst geworden ist, die heut zu Tage die Kunst zu leben heißt. Jch habe schon bey einer andern Gelegenheit das Vergnügen gehabt, die Einsicht der Menschen zu loben, welche sich die Pflichten der Erziehung so bequem zu machen wissen, und der guten Natur alles überlassen, ohne sich mit einer vorwitzigen Verwegenheit in ihre Wirkung zu mengen.
Wie mühsam ist man, junge Hunde zur Jagd, junge Pferde zur Pracht und zum Nutzen, und verschiedne Thiere in Zeiten an Bewegungen oder Töne zu gewöhnen, die uns belustigen kön- nen! Es würde ganz vergebens seyn, derglei- chen Unterweisungen alsdann erst vorzunehmen, wenn diese Geschöpfe zu alt geworden sind; ja es würde gar lächerlich seyn, wenn man diese Sa- chen und Dienste von ihnen fodern wollte, ohne sie dazu an zu gewöhnen. Alles dieses räume ich ein; aber was will man daraus folgern? Etwan dieses, daß man mit der Jugend auch so mühsam und sorgfältig verfahren müsse? Das heißt die Vorzüge der Menschheit beleidigen, und vernünf- tige Geschöpfe bis zum Viehe herab stoßen.
Nur
J 4
Ant. Panßa von Mancha Abh. ꝛc.
keit, die Erziehung der Jugend auferlegt, ſehr un- verantwortlich handeln, daß ſie dieſe Pflichten mit der Gleichguͤltigkeit erfuͤllen, die man faſt in allen Familien, und in den meiſten Schulen wahr- nimmt. Weil aber die Welt dieſe Folgen nicht glaubt, ſo iſt es ſehr billig, dieſen Leichtſinn zu entſchuldigen, der ohnedem nunmehr eine Art des Wohlſtandes, und eine Hauptregel von der- jenigen Kunſt geworden iſt, die heut zu Tage die Kunſt zu leben heißt. Jch habe ſchon bey einer andern Gelegenheit das Vergnuͤgen gehabt, die Einſicht der Menſchen zu loben, welche ſich die Pflichten der Erziehung ſo bequem zu machen wiſſen, und der guten Natur alles uͤberlaſſen, ohne ſich mit einer vorwitzigen Verwegenheit in ihre Wirkung zu mengen.
Wie muͤhſam iſt man, junge Hunde zur Jagd, junge Pferde zur Pracht und zum Nutzen, und verſchiedne Thiere in Zeiten an Bewegungen oder Toͤne zu gewoͤhnen, die uns beluſtigen koͤn- nen! Es wuͤrde ganz vergebens ſeyn, derglei- chen Unterweiſungen alsdann erſt vorzunehmen, wenn dieſe Geſchoͤpfe zu alt geworden ſind; ja es wuͤrde gar laͤcherlich ſeyn, wenn man dieſe Sa- chen und Dienſte von ihnen fodern wollte, ohne ſie dazu an zu gewoͤhnen. Alles dieſes raͤume ich ein; aber was will man daraus folgern? Etwan dieſes, daß man mit der Jugend auch ſo muͤhſam und ſorgfaͤltig verfahren muͤſſe? Das heißt die Vorzuͤge der Menſchheit beleidigen, und vernuͤnf- tige Geſchoͤpfe bis zum Viehe herab ſtoßen.
Nur
J 4
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0157"n="135"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Ant. Panßa von Mancha Abh. ꝛc.</hi></fw><lb/>
keit, die Erziehung der Jugend auferlegt, ſehr un-<lb/>
verantwortlich handeln, daß ſie dieſe Pflichten<lb/>
mit der Gleichguͤltigkeit erfuͤllen, die man faſt in<lb/>
allen Familien, und in den meiſten Schulen wahr-<lb/>
nimmt. Weil aber die Welt dieſe Folgen nicht<lb/>
glaubt, ſo iſt es ſehr billig, dieſen Leichtſinn zu<lb/>
entſchuldigen, der ohnedem nunmehr eine Art<lb/>
des Wohlſtandes, und eine Hauptregel von der-<lb/>
jenigen Kunſt geworden iſt, die heut zu Tage die<lb/>
Kunſt zu leben heißt. Jch habe ſchon bey einer<lb/>
andern Gelegenheit das Vergnuͤgen gehabt, die<lb/>
Einſicht der Menſchen zu loben, welche ſich die<lb/>
Pflichten der Erziehung ſo bequem zu machen<lb/>
wiſſen, und der guten Natur alles uͤberlaſſen, ohne<lb/>ſich mit einer vorwitzigen Verwegenheit in ihre<lb/>
Wirkung zu mengen.</p><lb/><p>Wie muͤhſam iſt man, junge Hunde zur Jagd,<lb/>
junge Pferde zur Pracht und zum Nutzen, und<lb/>
verſchiedne Thiere in Zeiten an Bewegungen<lb/>
oder Toͤne zu gewoͤhnen, die uns beluſtigen koͤn-<lb/>
nen! Es wuͤrde ganz vergebens ſeyn, derglei-<lb/>
chen Unterweiſungen alsdann erſt vorzunehmen,<lb/>
wenn dieſe Geſchoͤpfe zu alt geworden ſind; ja es<lb/>
wuͤrde gar laͤcherlich ſeyn, wenn man dieſe Sa-<lb/>
chen und Dienſte von ihnen fodern wollte, ohne<lb/>ſie dazu an zu gewoͤhnen. Alles dieſes raͤume ich<lb/>
ein; aber was will man daraus folgern? Etwan<lb/>
dieſes, daß man mit der Jugend auch ſo muͤhſam<lb/>
und ſorgfaͤltig verfahren muͤſſe? Das heißt die<lb/>
Vorzuͤge der Menſchheit beleidigen, und vernuͤnf-<lb/>
tige Geſchoͤpfe bis zum Viehe herab ſtoßen.</p><lb/><fwplace="bottom"type="sig">J 4</fw><fwplace="bottom"type="catch">Nur</fw><lb/></div></div></body></text></TEI>
[135/0157]
Ant. Panßa von Mancha Abh. ꝛc.
keit, die Erziehung der Jugend auferlegt, ſehr un-
verantwortlich handeln, daß ſie dieſe Pflichten
mit der Gleichguͤltigkeit erfuͤllen, die man faſt in
allen Familien, und in den meiſten Schulen wahr-
nimmt. Weil aber die Welt dieſe Folgen nicht
glaubt, ſo iſt es ſehr billig, dieſen Leichtſinn zu
entſchuldigen, der ohnedem nunmehr eine Art
des Wohlſtandes, und eine Hauptregel von der-
jenigen Kunſt geworden iſt, die heut zu Tage die
Kunſt zu leben heißt. Jch habe ſchon bey einer
andern Gelegenheit das Vergnuͤgen gehabt, die
Einſicht der Menſchen zu loben, welche ſich die
Pflichten der Erziehung ſo bequem zu machen
wiſſen, und der guten Natur alles uͤberlaſſen, ohne
ſich mit einer vorwitzigen Verwegenheit in ihre
Wirkung zu mengen.
Wie muͤhſam iſt man, junge Hunde zur Jagd,
junge Pferde zur Pracht und zum Nutzen, und
verſchiedne Thiere in Zeiten an Bewegungen
oder Toͤne zu gewoͤhnen, die uns beluſtigen koͤn-
nen! Es wuͤrde ganz vergebens ſeyn, derglei-
chen Unterweiſungen alsdann erſt vorzunehmen,
wenn dieſe Geſchoͤpfe zu alt geworden ſind; ja es
wuͤrde gar laͤcherlich ſeyn, wenn man dieſe Sa-
chen und Dienſte von ihnen fodern wollte, ohne
ſie dazu an zu gewoͤhnen. Alles dieſes raͤume ich
ein; aber was will man daraus folgern? Etwan
dieſes, daß man mit der Jugend auch ſo muͤhſam
und ſorgfaͤltig verfahren muͤſſe? Das heißt die
Vorzuͤge der Menſchheit beleidigen, und vernuͤnf-
tige Geſchoͤpfe bis zum Viehe herab ſtoßen.
Nur
J 4
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755, S. 135. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung04_1755/157>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.