Waffen, und werden gefährlich. Die jungen Mannspersonen richten ihre ganze Natur und Klei- dung auf Eroberungen ein. So bald die ersten Gepränge des Wohlstands vorbey sind, so seufzen sie ein wenig, werden ziemlich unverschämt, und siegen. Man weis wohl, wie gefährlich eine Mannsperson ist, die bey einem wohlgebauten Körper, die vornehme Kunst weis, mit Anstand unverschämt zu seyn. Es ist also diese Art des Umgangs meinen Absichten mehr hinderlich, als nutzbar.
Jch will, ich wünsche es wenigstens, daß man künftig jungen Personen beiderley Geschlechts, ohne Unterschied der Stunden, ohne die geringste Ein- schränkung, die Freyheit lasse, sich zu sprechen, und zu besuchen. Hier muß keine argwöhnische Mutter, keine mürrische Tante in den Weg kom- men. Dieser Zwang würde dem Besuche eine ge- wisse Annehmlichkeit geben, deren Folgen gefähr- lich wären. Wie viel werden manche Mädchen verlieren, wenn man sie überrascht, ehe sie Zeit gehabt haben, ihr Gesicht in Ordnung zu bringen! Nach der Einrichtung, wie junge Leute itzt einan- der besuchen, ist es bey nahe nicht möglich, den wahren Charakter eines Frauenzimmers zu ent- decken. Sie ist beständig auf ihrer Hut, um ar- tig, um sittsam, um gefällig, um gelassen zu schei- nen. Man überfalle sie einmal alsdenn, wenn sie noch nicht Zeit gehabt hat, die zornigen Run- zeln aus ihrem kleinen heuchlerischen Gesichte zu streichen, welche sich über den Eigensinn ihrer Mut-
ter,
Antons Panßa von Mancha
Waffen, und werden gefaͤhrlich. Die jungen Mannsperſonen richten ihre ganze Natur und Klei- dung auf Eroberungen ein. So bald die erſten Gepraͤnge des Wohlſtands vorbey ſind, ſo ſeufzen ſie ein wenig, werden ziemlich unverſchaͤmt, und ſiegen. Man weis wohl, wie gefaͤhrlich eine Mannsperſon iſt, die bey einem wohlgebauten Koͤrper, die vornehme Kunſt weis, mit Anſtand unverſchaͤmt zu ſeyn. Es iſt alſo dieſe Art des Umgangs meinen Abſichten mehr hinderlich, als nutzbar.
Jch will, ich wuͤnſche es wenigſtens, daß man kuͤnftig jungen Perſonen beiderley Geſchlechts, ohne Unterſchied der Stunden, ohne die geringſte Ein- ſchraͤnkung, die Freyheit laſſe, ſich zu ſprechen, und zu beſuchen. Hier muß keine argwoͤhniſche Mutter, keine muͤrriſche Tante in den Weg kom- men. Dieſer Zwang wuͤrde dem Beſuche eine ge- wiſſe Annehmlichkeit geben, deren Folgen gefaͤhr- lich waͤren. Wie viel werden manche Maͤdchen verlieren, wenn man ſie uͤberraſcht, ehe ſie Zeit gehabt haben, ihr Geſicht in Ordnung zu bringen! Nach der Einrichtung, wie junge Leute itzt einan- der beſuchen, iſt es bey nahe nicht moͤglich, den wahren Charakter eines Frauenzimmers zu ent- decken. Sie iſt beſtaͤndig auf ihrer Hut, um ar- tig, um ſittſam, um gefaͤllig, um gelaſſen zu ſchei- nen. Man uͤberfalle ſie einmal alsdenn, wenn ſie noch nicht Zeit gehabt hat, die zornigen Run- zeln aus ihrem kleinen heuchleriſchen Geſichte zu ſtreichen, welche ſich uͤber den Eigenſinn ihrer Mut-
ter,
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0238"n="216"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Antons Panßa von Mancha</hi></fw><lb/>
Waffen, und werden gefaͤhrlich. Die jungen<lb/>
Mannsperſonen richten ihre ganze Natur und Klei-<lb/>
dung auf Eroberungen ein. So bald die erſten<lb/>
Gepraͤnge des Wohlſtands vorbey ſind, ſo ſeufzen<lb/>ſie ein wenig, werden ziemlich unverſchaͤmt, und<lb/>ſiegen. Man weis wohl, wie gefaͤhrlich eine<lb/>
Mannsperſon iſt, die bey einem wohlgebauten<lb/>
Koͤrper, die vornehme Kunſt weis, mit Anſtand<lb/>
unverſchaͤmt zu ſeyn. Es iſt alſo dieſe Art des<lb/>
Umgangs meinen Abſichten mehr hinderlich, als<lb/>
nutzbar.</p><lb/><p>Jch will, ich wuͤnſche es wenigſtens, daß man<lb/>
kuͤnftig jungen Perſonen beiderley Geſchlechts, ohne<lb/>
Unterſchied der Stunden, ohne die geringſte Ein-<lb/>ſchraͤnkung, die Freyheit laſſe, ſich zu ſprechen,<lb/>
und zu beſuchen. Hier muß keine argwoͤhniſche<lb/>
Mutter, keine muͤrriſche Tante in den Weg kom-<lb/>
men. Dieſer Zwang wuͤrde dem Beſuche eine ge-<lb/>
wiſſe Annehmlichkeit geben, deren Folgen gefaͤhr-<lb/>
lich waͤren. Wie viel werden manche Maͤdchen<lb/>
verlieren, wenn man ſie uͤberraſcht, ehe ſie Zeit<lb/>
gehabt haben, ihr Geſicht in Ordnung zu bringen!<lb/>
Nach der Einrichtung, wie junge Leute itzt einan-<lb/>
der beſuchen, iſt es bey nahe nicht moͤglich, den<lb/>
wahren Charakter eines Frauenzimmers zu ent-<lb/>
decken. Sie iſt beſtaͤndig auf ihrer Hut, um ar-<lb/>
tig, um ſittſam, um gefaͤllig, um gelaſſen zu ſchei-<lb/>
nen. Man uͤberfalle ſie einmal alsdenn, wenn<lb/>ſie noch nicht Zeit gehabt hat, die zornigen Run-<lb/>
zeln aus ihrem kleinen heuchleriſchen Geſichte zu<lb/>ſtreichen, welche ſich uͤber den Eigenſinn ihrer Mut-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">ter,</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[216/0238]
Antons Panßa von Mancha
Waffen, und werden gefaͤhrlich. Die jungen
Mannsperſonen richten ihre ganze Natur und Klei-
dung auf Eroberungen ein. So bald die erſten
Gepraͤnge des Wohlſtands vorbey ſind, ſo ſeufzen
ſie ein wenig, werden ziemlich unverſchaͤmt, und
ſiegen. Man weis wohl, wie gefaͤhrlich eine
Mannsperſon iſt, die bey einem wohlgebauten
Koͤrper, die vornehme Kunſt weis, mit Anſtand
unverſchaͤmt zu ſeyn. Es iſt alſo dieſe Art des
Umgangs meinen Abſichten mehr hinderlich, als
nutzbar.
Jch will, ich wuͤnſche es wenigſtens, daß man
kuͤnftig jungen Perſonen beiderley Geſchlechts, ohne
Unterſchied der Stunden, ohne die geringſte Ein-
ſchraͤnkung, die Freyheit laſſe, ſich zu ſprechen,
und zu beſuchen. Hier muß keine argwoͤhniſche
Mutter, keine muͤrriſche Tante in den Weg kom-
men. Dieſer Zwang wuͤrde dem Beſuche eine ge-
wiſſe Annehmlichkeit geben, deren Folgen gefaͤhr-
lich waͤren. Wie viel werden manche Maͤdchen
verlieren, wenn man ſie uͤberraſcht, ehe ſie Zeit
gehabt haben, ihr Geſicht in Ordnung zu bringen!
Nach der Einrichtung, wie junge Leute itzt einan-
der beſuchen, iſt es bey nahe nicht moͤglich, den
wahren Charakter eines Frauenzimmers zu ent-
decken. Sie iſt beſtaͤndig auf ihrer Hut, um ar-
tig, um ſittſam, um gefaͤllig, um gelaſſen zu ſchei-
nen. Man uͤberfalle ſie einmal alsdenn, wenn
ſie noch nicht Zeit gehabt hat, die zornigen Run-
zeln aus ihrem kleinen heuchleriſchen Geſichte zu
ſtreichen, welche ſich uͤber den Eigenſinn ihrer Mut-
ter,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755, S. 216. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung04_1755/238>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.