der Prinz halte. Jndem sie andern dieses so oft vorsagen, so fangen sie unvermerkt an, es selbst zu glauben, und haben gewisse ruhige Minuten, in denen sie froh sind, daß man ihnen diese Würde nicht angesonnen, vielmehr ihnen die Freyheit ge- lassen hat, als gute ehrliche Bürger, wie ihr Va- ter und Großvater waren, zu sterben. Aber diese ruhigen Minuten dauern nicht lange. Jhr ein- geschläferter Hochmuth erwacht von neuem, und sie sehen mit neidischen Augen neue Fehler an dem Manne, dessen verliehener Rang ihnen, und noch mehr ihren Weibern ein Gräuel ist.
Wenn ein solcher Mann jährlich 10 fl. - abent- richtet, so soll er die Erlaubniß haben, alles, was ich oben angeführet, im Ernste zu glauben. Es soll ihm vergönnt seyn, in seiner Tabacksgesellschaft stolz auf seinen Bauch zu schlagen, und beym Teu- fel zu schwören, daß er es nicht einmal annehmen würde, wenn man ihn auch aus einem alten Bür- ger zum neuen Edelmanne machen wollte. Und giebt er jährlich noch etwas, als ein freywilliges Geschenk, in meine Gedankencasse; so soll es sei- ner Frau erlaubt seyn, sich von ihrem Ladenjun- gen Ew. Gnaden nennen zu lassen.
Da ich mich hier, wie ich hoffe, so billig und unpartheyisch gezeigt habe; so wird man mir ver- zeihen, wenn ich von denenjenigen noch ein Wort sage, welche bey ihrem angeerbten Vermögen eher nicht ruhig seyn können, als bis sie die Vor-
züge
Antons Panßa von Mancha
der Prinz halte. Jndem ſie andern dieſes ſo oft vorſagen, ſo fangen ſie unvermerkt an, es ſelbſt zu glauben, und haben gewiſſe ruhige Minuten, in denen ſie froh ſind, daß man ihnen dieſe Wuͤrde nicht angeſonnen, vielmehr ihnen die Freyheit ge- laſſen hat, als gute ehrliche Buͤrger, wie ihr Va- ter und Großvater waren, zu ſterben. Aber dieſe ruhigen Minuten dauern nicht lange. Jhr ein- geſchlaͤferter Hochmuth erwacht von neuem, und ſie ſehen mit neidiſchen Augen neue Fehler an dem Manne, deſſen verliehener Rang ihnen, und noch mehr ihren Weibern ein Graͤuel iſt.
Wenn ein ſolcher Mann jaͤhrlich 10 fl. ‒ abent- richtet, ſo ſoll er die Erlaubniß haben, alles, was ich oben angefuͤhret, im Ernſte zu glauben. Es ſoll ihm vergoͤnnt ſeyn, in ſeiner Tabacksgeſellſchaft ſtolz auf ſeinen Bauch zu ſchlagen, und beym Teu- fel zu ſchwoͤren, daß er es nicht einmal annehmen wuͤrde, wenn man ihn auch aus einem alten Buͤr- ger zum neuen Edelmanne machen wollte. Und giebt er jaͤhrlich noch etwas, als ein freywilliges Geſchenk, in meine Gedankencaſſe; ſo ſoll es ſei- ner Frau erlaubt ſeyn, ſich von ihrem Ladenjun- gen Ew. Gnaden nennen zu laſſen.
Da ich mich hier, wie ich hoffe, ſo billig und unpartheyiſch gezeigt habe; ſo wird man mir ver- zeihen, wenn ich von denenjenigen noch ein Wort ſage, welche bey ihrem angeerbten Vermoͤgen eher nicht ruhig ſeyn koͤnnen, als bis ſie die Vor-
zuͤge
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0316"n="294"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Antons Panßa von Mancha</hi></fw><lb/>
der Prinz halte. Jndem ſie andern dieſes ſo oft<lb/>
vorſagen, ſo fangen ſie unvermerkt an, es ſelbſt<lb/>
zu glauben, und haben gewiſſe ruhige Minuten,<lb/>
in denen ſie froh ſind, daß man ihnen dieſe Wuͤrde<lb/>
nicht angeſonnen, vielmehr ihnen die Freyheit ge-<lb/>
laſſen hat, als gute ehrliche Buͤrger, wie ihr Va-<lb/>
ter und Großvater waren, zu ſterben. Aber dieſe<lb/>
ruhigen Minuten dauern nicht lange. Jhr ein-<lb/>
geſchlaͤferter Hochmuth erwacht von neuem, und<lb/>ſie ſehen mit neidiſchen Augen neue Fehler an dem<lb/>
Manne, deſſen verliehener Rang ihnen, und noch<lb/>
mehr ihren Weibern ein Graͤuel iſt.</p><lb/><p>Wenn ein ſolcher Mann jaͤhrlich 10 fl. ‒ abent-<lb/>
richtet, ſo ſoll er die Erlaubniß haben, alles, was<lb/>
ich oben angefuͤhret, im Ernſte zu glauben. Es<lb/>ſoll ihm vergoͤnnt ſeyn, in ſeiner Tabacksgeſellſchaft<lb/>ſtolz auf ſeinen Bauch zu ſchlagen, und beym Teu-<lb/>
fel zu ſchwoͤren, daß er es nicht einmal annehmen<lb/>
wuͤrde, wenn man ihn auch aus einem alten Buͤr-<lb/>
ger zum neuen Edelmanne machen wollte. Und<lb/>
giebt er jaͤhrlich noch etwas, als ein freywilliges<lb/>
Geſchenk, in meine Gedankencaſſe; ſo ſoll es ſei-<lb/>
ner Frau erlaubt ſeyn, ſich von ihrem Ladenjun-<lb/>
gen <hirendition="#fr">Ew. Gnaden</hi> nennen zu laſſen.</p><lb/><p>Da ich mich hier, wie ich hoffe, ſo billig und<lb/>
unpartheyiſch gezeigt habe; ſo wird man mir ver-<lb/>
zeihen, wenn ich von denenjenigen noch ein Wort<lb/>ſage, welche bey ihrem angeerbten Vermoͤgen<lb/>
eher nicht ruhig ſeyn koͤnnen, als bis ſie die Vor-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">zuͤge</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[294/0316]
Antons Panßa von Mancha
der Prinz halte. Jndem ſie andern dieſes ſo oft
vorſagen, ſo fangen ſie unvermerkt an, es ſelbſt
zu glauben, und haben gewiſſe ruhige Minuten,
in denen ſie froh ſind, daß man ihnen dieſe Wuͤrde
nicht angeſonnen, vielmehr ihnen die Freyheit ge-
laſſen hat, als gute ehrliche Buͤrger, wie ihr Va-
ter und Großvater waren, zu ſterben. Aber dieſe
ruhigen Minuten dauern nicht lange. Jhr ein-
geſchlaͤferter Hochmuth erwacht von neuem, und
ſie ſehen mit neidiſchen Augen neue Fehler an dem
Manne, deſſen verliehener Rang ihnen, und noch
mehr ihren Weibern ein Graͤuel iſt.
Wenn ein ſolcher Mann jaͤhrlich 10 fl. ‒ abent-
richtet, ſo ſoll er die Erlaubniß haben, alles, was
ich oben angefuͤhret, im Ernſte zu glauben. Es
ſoll ihm vergoͤnnt ſeyn, in ſeiner Tabacksgeſellſchaft
ſtolz auf ſeinen Bauch zu ſchlagen, und beym Teu-
fel zu ſchwoͤren, daß er es nicht einmal annehmen
wuͤrde, wenn man ihn auch aus einem alten Buͤr-
ger zum neuen Edelmanne machen wollte. Und
giebt er jaͤhrlich noch etwas, als ein freywilliges
Geſchenk, in meine Gedankencaſſe; ſo ſoll es ſei-
ner Frau erlaubt ſeyn, ſich von ihrem Ladenjun-
gen Ew. Gnaden nennen zu laſſen.
Da ich mich hier, wie ich hoffe, ſo billig und
unpartheyiſch gezeigt habe; ſo wird man mir ver-
zeihen, wenn ich von denenjenigen noch ein Wort
ſage, welche bey ihrem angeerbten Vermoͤgen
eher nicht ruhig ſeyn koͤnnen, als bis ſie die Vor-
zuͤge
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755, S. 294. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung04_1755/316>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.