stolz werden. Jch habe ihren Qvartanten gele- sen: aber zugleich habe ich auch die zehen Qvar- tanten gelesen, aus welchen sie den ihrigen zusam- men geplündert haben. Diesen Raub müssen sie büßen. Wenn die gelehrte Welt das Recht nicht haben soll, sie wegen ihres Diebstahls vor das kritische Gerichte zu ziehen: so geben sie mir jähr- lich für diesen saluum conductum - 10 fl. Warum schütteln sie mit dem Kopfe? Jst es zu viel? - - - - Sie haben Recht: Aber sie geben dieses auch nur so lange, bis ihre gelehrte Schrift Maculatur wird, und ich hoffe, sie werden diese Steuer kaum ein Jahr lang entrichten.
Aber, warum verkriecht sich ihr College hinter sie? Scheut er sich vor meiner Taxe, oder vor sei- nem Gewissen? Nur heran, mein Freund! Warum verbergen sie mir ein Gesicht, das sich an dem La- den ihres Verlegers der Straße öffentlich zeigt? Jch kenne diese tartüffischen Züge noch wohl. Eben diese ist die heuchlerische, und traurige Miene, die der Autor hat, welcher uns die Verderbniß des menschlichen Herzens, die verborgensten Ursachen dieser Verderbniß, ihre unglücklichen Folgen, so wohl für den ganzen Staat, als für eine jede Fa- milie insbesondre, die wahren Mittel, wie man die- ser allgemeinen Verderbniß steuern, und sich selbst vorsichtig darwider verwahren soll; mit einem Worte, der uns den Reiz der Tugend, und das Verabscheuungswürdige aller lasterhaften Aus-
schwei-
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Abhandlung von Spruͤchwoͤrtern.
ſtolz werden. Jch habe ihren Qvartanten gele- ſen: aber zugleich habe ich auch die zehen Qvar- tanten geleſen, aus welchen ſie den ihrigen zuſam- men gepluͤndert haben. Dieſen Raub muͤſſen ſie buͤßen. Wenn die gelehrte Welt das Recht nicht haben ſoll, ſie wegen ihres Diebſtahls vor das kritiſche Gerichte zu ziehen: ſo geben ſie mir jaͤhr- lich fuͤr dieſen ſaluum conductum ‒ 10 fl. Warum ſchuͤtteln ſie mit dem Kopfe? Jſt es zu viel? ‒ ‒ ‒ ‒ Sie haben Recht: Aber ſie geben dieſes auch nur ſo lange, bis ihre gelehrte Schrift Maculatur wird, und ich hoffe, ſie werden dieſe Steuer kaum ein Jahr lang entrichten.
Aber, warum verkriecht ſich ihr College hinter ſie? Scheut er ſich vor meiner Taxe, oder vor ſei- nem Gewiſſen? Nur heran, mein Freund! Warum verbergen ſie mir ein Geſicht, das ſich an dem La- den ihres Verlegers der Straße oͤffentlich zeigt? Jch kenne dieſe tartuͤffiſchen Zuͤge noch wohl. Eben dieſe iſt die heuchleriſche, und traurige Miene, die der Autor hat, welcher uns die Verderbniß des menſchlichen Herzens, die verborgenſten Urſachen dieſer Verderbniß, ihre ungluͤcklichen Folgen, ſo wohl fuͤr den ganzen Staat, als fuͤr eine jede Fa- milie insbeſondre, die wahren Mittel, wie man die- ſer allgemeinen Verderbniß ſteuern, und ſich ſelbſt vorſichtig darwider verwahren ſoll; mit einem Worte, der uns den Reiz der Tugend, und das Verabſcheuungswuͤrdige aller laſterhaften Aus-
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Abhandlung von Spruͤchwoͤrtern.
ſtolz werden. Jch habe ihren Qvartanten gele-
ſen: aber zugleich habe ich auch die zehen Qvar-
tanten geleſen, aus welchen ſie den ihrigen zuſam-
men gepluͤndert haben. Dieſen Raub muͤſſen ſie
buͤßen. Wenn die gelehrte Welt das Recht nicht
haben ſoll, ſie wegen ihres Diebſtahls vor das
kritiſche Gerichte zu ziehen: ſo geben ſie mir jaͤhr-
lich fuͤr dieſen ſaluum conductum ‒ 10 fl. Warum
ſchuͤtteln ſie mit dem Kopfe? Jſt es zu viel? ‒ ‒ ‒ ‒
Sie haben Recht: Aber ſie geben dieſes auch nur
ſo lange, bis ihre gelehrte Schrift Maculatur
wird, und ich hoffe, ſie werden dieſe Steuer kaum
ein Jahr lang entrichten.
Aber, warum verkriecht ſich ihr College hinter
ſie? Scheut er ſich vor meiner Taxe, oder vor ſei-
nem Gewiſſen? Nur heran, mein Freund! Warum
verbergen ſie mir ein Geſicht, das ſich an dem La-
den ihres Verlegers der Straße oͤffentlich zeigt?
Jch kenne dieſe tartuͤffiſchen Zuͤge noch wohl. Eben
dieſe iſt die heuchleriſche, und traurige Miene, die
der Autor hat, welcher uns die Verderbniß des
menſchlichen Herzens, die verborgenſten Urſachen
dieſer Verderbniß, ihre ungluͤcklichen Folgen, ſo
wohl fuͤr den ganzen Staat, als fuͤr eine jede Fa-
milie insbeſondre, die wahren Mittel, wie man die-
ſer allgemeinen Verderbniß ſteuern, und ſich ſelbſt
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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755, S. 327. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung04_1755/349>, abgerufen am 22.11.2024.
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