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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755.

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Antons Panßa von Mancha
Schriftsteller sagen hingegen nur: Wem er ein
Amt giebt etc.
Beide Lesarten haben ihren gu-
ten Grund, und beide sind in ihrer Art merkwür-
dig. Jn den damaligen rohen und unaufgeklär-
ten Zeiten war es noch hier und da Mode, daß
Gott die Aemter gab, und daher läßt sich die Art
zu reden, wem Gott ein Amt giebt, noch wohl
entschuldigen. Jtzt braucht man diese Weitläuf-
tigkeit nicht mehr; und man hat Mittel gefun-
den, die Aemter zu erlangen, ohne daß man nö-
thig hat, Gott mit der Austheilung derselben be-
schwerlich zu fallen. Dieses mag auch Gelegen-
heit gegeben haben, das alte Sprüchwort einiger
maßen zu ändern. Jnzwischen muß ich doch zum
Ruhme unserer Zeiten erinnern, daß man wieder
anfängt, die alte Lesart hervor zu suchen, und aus
einer andächtigen Höflichkeit so zu thun, als habe
man das Amt von Gott, ob man sich gleich in
Acht nimmt, derer über rechtsverwährte Zeit wohl-
erlangten Gerechtsamen sich zu begeben, und das
Amt von Gott zu erwarten, da man es näher ha-
ben kann. Jch freue mich, so oft ich iemanden
also reden höre, von dem ich sonst sehr wohl weis,
daß ihn die göttliche Fügung am wenigsten beun-
ruhiget. Es ist dieses ein Zeugniß, daß die Reli-
gion bey uns noch nicht ganz abgekommen ist.
Man darf mir nicht einwenden, daß diese Art von
Gott zu reden nur ein Ehrenwort sey. Jch glaube
es selbst; aber das thut nichts. Es ist dieses im-
mer noch eben so rühmlich, als es einem gebornen
Römer ist, der sich vor dem Segen des heiligen

Va-

Antons Panßa von Mancha
Schriftſteller ſagen hingegen nur: Wem er ein
Amt giebt ꝛc.
Beide Lesarten haben ihren gu-
ten Grund, und beide ſind in ihrer Art merkwuͤr-
dig. Jn den damaligen rohen und unaufgeklaͤr-
ten Zeiten war es noch hier und da Mode, daß
Gott die Aemter gab, und daher laͤßt ſich die Art
zu reden, wem Gott ein Amt giebt, noch wohl
entſchuldigen. Jtzt braucht man dieſe Weitlaͤuf-
tigkeit nicht mehr; und man hat Mittel gefun-
den, die Aemter zu erlangen, ohne daß man noͤ-
thig hat, Gott mit der Austheilung derſelben be-
ſchwerlich zu fallen. Dieſes mag auch Gelegen-
heit gegeben haben, das alte Spruͤchwort einiger
maßen zu aͤndern. Jnzwiſchen muß ich doch zum
Ruhme unſerer Zeiten erinnern, daß man wieder
anfaͤngt, die alte Lesart hervor zu ſuchen, und aus
einer andaͤchtigen Hoͤflichkeit ſo zu thun, als habe
man das Amt von Gott, ob man ſich gleich in
Acht nimmt, derer uͤber rechtsverwaͤhrte Zeit wohl-
erlangten Gerechtſamen ſich zu begeben, und das
Amt von Gott zu erwarten, da man es naͤher ha-
ben kann. Jch freue mich, ſo oft ich iemanden
alſo reden hoͤre, von dem ich ſonſt ſehr wohl weis,
daß ihn die goͤttliche Fuͤgung am wenigſten beun-
ruhiget. Es iſt dieſes ein Zeugniß, daß die Reli-
gion bey uns noch nicht ganz abgekommen iſt.
Man darf mir nicht einwenden, daß dieſe Art von
Gott zu reden nur ein Ehrenwort ſey. Jch glaube
es ſelbſt; aber das thut nichts. Es iſt dieſes im-
mer noch eben ſo ruͤhmlich, als es einem gebornen
Roͤmer iſt, der ſich vor dem Segen des heiligen

Va-
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[28/0050] Antons Panßa von Mancha Schriftſteller ſagen hingegen nur: Wem er ein Amt giebt ꝛc. Beide Lesarten haben ihren gu- ten Grund, und beide ſind in ihrer Art merkwuͤr- dig. Jn den damaligen rohen und unaufgeklaͤr- ten Zeiten war es noch hier und da Mode, daß Gott die Aemter gab, und daher laͤßt ſich die Art zu reden, wem Gott ein Amt giebt, noch wohl entſchuldigen. Jtzt braucht man dieſe Weitlaͤuf- tigkeit nicht mehr; und man hat Mittel gefun- den, die Aemter zu erlangen, ohne daß man noͤ- thig hat, Gott mit der Austheilung derſelben be- ſchwerlich zu fallen. Dieſes mag auch Gelegen- heit gegeben haben, das alte Spruͤchwort einiger maßen zu aͤndern. Jnzwiſchen muß ich doch zum Ruhme unſerer Zeiten erinnern, daß man wieder anfaͤngt, die alte Lesart hervor zu ſuchen, und aus einer andaͤchtigen Hoͤflichkeit ſo zu thun, als habe man das Amt von Gott, ob man ſich gleich in Acht nimmt, derer uͤber rechtsverwaͤhrte Zeit wohl- erlangten Gerechtſamen ſich zu begeben, und das Amt von Gott zu erwarten, da man es naͤher ha- ben kann. Jch freue mich, ſo oft ich iemanden alſo reden hoͤre, von dem ich ſonſt ſehr wohl weis, daß ihn die goͤttliche Fuͤgung am wenigſten beun- ruhiget. Es iſt dieſes ein Zeugniß, daß die Reli- gion bey uns noch nicht ganz abgekommen iſt. Man darf mir nicht einwenden, daß dieſe Art von Gott zu reden nur ein Ehrenwort ſey. Jch glaube es ſelbſt; aber das thut nichts. Es iſt dieſes im- mer noch eben ſo ruͤhmlich, als es einem gebornen Roͤmer iſt, der ſich vor dem Segen des heiligen Va-

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Zitationshilfe: [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755, S. 28. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung04_1755/50>, abgerufen am 21.11.2024.