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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755.

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Das Märchen vom ersten April.
Durch die niederträchtigsten Schmeicheleyen, durch
Bestechungen, die ihm den dritten Theil seines
Vermögens gekostet haben, durch Verunglimp-
fung der redlichsten Männer, die er für Neben-
buhler hielt, hat er sich diesen Morgen in das Amt
gedrängt, bey welchem er hofft, daß man ihm eben
so niederträchtig schmeicheln werde, als er gethan,
und ihn eben so bestechen werde, als er es thun
müssen. Hier sitzt er, und dichtet, an welchem
von seinen Feinden er sich zuerst rächen will. Schon
hungert ihn nach dem Vermögen anderer, welches
er, als seine Beute, ansieht. Jn der That wird
er Verschiedne unglücklich machen. Aber der
Elende, der heute hier auf dem Canapee von sei-
nem Glücke, und dem Untergange seiner Feinde
träumt, weis nicht, daß, ehe noch ein Jahr ver-
läuft, Unschuld und Tugend siegen werden, und
er in dem Gefängnisse verschmachten soll.

7.

Wer ist das kleine junge Männchen, welches
dort an jener Tafel eine ganze Gesellschaft ehr-
würdiger und erfahrner Männer mit einer so un-
anständigen Lebhaftigkeit zu übertäuben sucht?
Und wer ist die ansehnliche Frauensperson, wel-
che dort an der Thüre horcht, und vor Freuden
Thränen vergießt? - - - (6) Jst das mög-
lich? Also ist dieser Knabe heute zum erstenmale
von dem Prinzen in die Versammlung der Räthe
aufgenommen worden? Und gleichwohl ist er schon

so
(6) Viel Glücks, hochweiser N - - d.

Das Maͤrchen vom erſten April.
Durch die niedertraͤchtigſten Schmeicheleyen, durch
Beſtechungen, die ihm den dritten Theil ſeines
Vermoͤgens gekoſtet haben, durch Verunglimp-
fung der redlichſten Maͤnner, die er fuͤr Neben-
buhler hielt, hat er ſich dieſen Morgen in das Amt
gedraͤngt, bey welchem er hofft, daß man ihm eben
ſo niedertraͤchtig ſchmeicheln werde, als er gethan,
und ihn eben ſo beſtechen werde, als er es thun
muͤſſen. Hier ſitzt er, und dichtet, an welchem
von ſeinen Feinden er ſich zuerſt raͤchen will. Schon
hungert ihn nach dem Vermoͤgen anderer, welches
er, als ſeine Beute, anſieht. Jn der That wird
er Verſchiedne ungluͤcklich machen. Aber der
Elende, der heute hier auf dem Canapee von ſei-
nem Gluͤcke, und dem Untergange ſeiner Feinde
traͤumt, weis nicht, daß, ehe noch ein Jahr ver-
laͤuft, Unſchuld und Tugend ſiegen werden, und
er in dem Gefaͤngniſſe verſchmachten ſoll.

7.

Wer iſt das kleine junge Maͤnnchen, welches
dort an jener Tafel eine ganze Geſellſchaft ehr-
wuͤrdiger und erfahrner Maͤnner mit einer ſo un-
anſtaͤndigen Lebhaftigkeit zu uͤbertaͤuben ſucht?
Und wer iſt die anſehnliche Frauensperſon, wel-
che dort an der Thuͤre horcht, und vor Freuden
Thraͤnen vergießt? ‒ ‒ ‒ (6) Jſt das moͤg-
lich? Alſo iſt dieſer Knabe heute zum erſtenmale
von dem Prinzen in die Verſammlung der Raͤthe
aufgenommen worden? Und gleichwohl iſt er ſchon

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(6) Viel Gluͤcks, hochweiſer N ‒ ‒ d.
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[506[504]/0528] Das Maͤrchen vom erſten April. Durch die niedertraͤchtigſten Schmeicheleyen, durch Beſtechungen, die ihm den dritten Theil ſeines Vermoͤgens gekoſtet haben, durch Verunglimp- fung der redlichſten Maͤnner, die er fuͤr Neben- buhler hielt, hat er ſich dieſen Morgen in das Amt gedraͤngt, bey welchem er hofft, daß man ihm eben ſo niedertraͤchtig ſchmeicheln werde, als er gethan, und ihn eben ſo beſtechen werde, als er es thun muͤſſen. Hier ſitzt er, und dichtet, an welchem von ſeinen Feinden er ſich zuerſt raͤchen will. Schon hungert ihn nach dem Vermoͤgen anderer, welches er, als ſeine Beute, anſieht. Jn der That wird er Verſchiedne ungluͤcklich machen. Aber der Elende, der heute hier auf dem Canapee von ſei- nem Gluͤcke, und dem Untergange ſeiner Feinde traͤumt, weis nicht, daß, ehe noch ein Jahr ver- laͤuft, Unſchuld und Tugend ſiegen werden, und er in dem Gefaͤngniſſe verſchmachten ſoll. 7. Wer iſt das kleine junge Maͤnnchen, welches dort an jener Tafel eine ganze Geſellſchaft ehr- wuͤrdiger und erfahrner Maͤnner mit einer ſo un- anſtaͤndigen Lebhaftigkeit zu uͤbertaͤuben ſucht? Und wer iſt die anſehnliche Frauensperſon, wel- che dort an der Thuͤre horcht, und vor Freuden Thraͤnen vergießt? ‒ ‒ ‒ (6) Jſt das moͤg- lich? Alſo iſt dieſer Knabe heute zum erſtenmale von dem Prinzen in die Verſammlung der Raͤthe aufgenommen worden? Und gleichwohl iſt er ſchon ſo (6) Viel Gluͤcks, hochweiſer N ‒ ‒ d.

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Zitationshilfe: [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755, S. 506[504]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung04_1755/528>, abgerufen am 22.11.2024.