Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755.

Bild:
<< vorherige Seite

Zweytes Buch.
Sohn ist mir doch der nächste. - - - Wollen
sie den lieben Sohn kennen lernen? Dort sitzt er
in einem verdächtigen Hause, unter der Gesell-
schaft einiger Spieler, die seine Freunde sind, und
einiger lüderlicher Weibspersonen. Jn eben der
Stunde, da sein Vater die letzten hundert Thaler
so andächtig in seinen Kasten sperrt, schreibt der
Sohn einen Wechsel auf 4000 Thaler, und be-
kömmt von einem Wucherer, der fast so schlimm,
wie sein Vater, ist, 1500 Thaler dafür. Von
diesem Gelde wird er mit seinen Freunden, und
Freundinnen, ein paar Wochen vergnügt leben.
Der Sohn wird von neuem, und mit noch meh-
rerm Verluste borgen, und wird nach und nach
so viele Schulden häufen, daß nicht einmal die vä-
terliche Erbschaft zulangt, sie zu tilgen. Armer
Harpax! Wie sehr hast du dich heute verrechnet!

22.

Wie zärtlich drücken Aranth (30) und Ja-
volen
(31) einander die Hände! Aranth, als ein
geschickter Kaufmann, hat ausgerechnet, daß er
15000 Thaler gewinnen kann, wenn er in der
künftigen Messe Bankerutt macht. Aber es ist
eine gewisse Vorsicht dabey nöthig, um den Na-
men eines ehrlichen Mannes zu behaupten, und
zugleich zu vermeiden, daß man mit den Gesetzen
keine Händel bekömmt. Er hat die Sache itzt
mit seinem Advocaten, dem Javolen, überlegt.
Der Plan ist gemacht; die Unglücksfälle sind alle

aufs
(30) Mich dünckt, er heist A - -.
(31) T - -, Juris utriusque Doctor.

Zweytes Buch.
Sohn iſt mir doch der naͤchſte. ‒ ‒ ‒ Wollen
ſie den lieben Sohn kennen lernen? Dort ſitzt er
in einem verdaͤchtigen Hauſe, unter der Geſell-
ſchaft einiger Spieler, die ſeine Freunde ſind, und
einiger luͤderlicher Weibsperſonen. Jn eben der
Stunde, da ſein Vater die letzten hundert Thaler
ſo andaͤchtig in ſeinen Kaſten ſperrt, ſchreibt der
Sohn einen Wechſel auf 4000 Thaler, und be-
koͤmmt von einem Wucherer, der faſt ſo ſchlimm,
wie ſein Vater, iſt, 1500 Thaler dafuͤr. Von
dieſem Gelde wird er mit ſeinen Freunden, und
Freundinnen, ein paar Wochen vergnuͤgt leben.
Der Sohn wird von neuem, und mit noch meh-
rerm Verluſte borgen, und wird nach und nach
ſo viele Schulden haͤufen, daß nicht einmal die vaͤ-
terliche Erbſchaft zulangt, ſie zu tilgen. Armer
Harpax! Wie ſehr haſt du dich heute verrechnet!

22.

Wie zaͤrtlich druͤcken Aranth (30) und Ja-
volen
(31) einander die Haͤnde! Aranth, als ein
geſchickter Kaufmann, hat ausgerechnet, daß er
15000 Thaler gewinnen kann, wenn er in der
kuͤnftigen Meſſe Bankerutt macht. Aber es iſt
eine gewiſſe Vorſicht dabey noͤthig, um den Na-
men eines ehrlichen Mannes zu behaupten, und
zugleich zu vermeiden, daß man mit den Geſetzen
keine Haͤndel bekoͤmmt. Er hat die Sache itzt
mit ſeinem Advocaten, dem Javolen, uͤberlegt.
Der Plan iſt gemacht; die Ungluͤcksfaͤlle ſind alle

aufs
(30) Mich duͤnckt, er heiſt A ‒ ‒.
(31) T ‒ ‒, Juris utriusque Doctor.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0545" n="523[521]"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Zweytes Buch.</hi></fw><lb/>
Sohn i&#x017F;t mir doch der na&#x0364;ch&#x017F;te. &#x2012; &#x2012; &#x2012; Wollen<lb/>
&#x017F;ie den lieben Sohn kennen lernen? Dort &#x017F;itzt er<lb/>
in einem verda&#x0364;chtigen Hau&#x017F;e, unter der Ge&#x017F;ell-<lb/>
&#x017F;chaft einiger Spieler, die &#x017F;eine Freunde &#x017F;ind, und<lb/>
einiger lu&#x0364;derlicher Weibsper&#x017F;onen. Jn eben der<lb/>
Stunde, da &#x017F;ein Vater die letzten hundert Thaler<lb/>
&#x017F;o anda&#x0364;chtig in &#x017F;einen Ka&#x017F;ten &#x017F;perrt, &#x017F;chreibt der<lb/>
Sohn einen Wech&#x017F;el auf 4000 Thaler, und be-<lb/>
ko&#x0364;mmt von einem Wucherer, der fa&#x017F;t &#x017F;o &#x017F;chlimm,<lb/>
wie &#x017F;ein Vater, i&#x017F;t, 1500 Thaler dafu&#x0364;r. Von<lb/>
die&#x017F;em Gelde wird er mit &#x017F;einen Freunden, und<lb/>
Freundinnen, ein paar Wochen vergnu&#x0364;gt leben.<lb/>
Der Sohn wird von neuem, und mit noch meh-<lb/>
rerm Verlu&#x017F;te borgen, und wird nach und nach<lb/>
&#x017F;o viele Schulden ha&#x0364;ufen, daß nicht einmal die va&#x0364;-<lb/>
terliche Erb&#x017F;chaft zulangt, &#x017F;ie zu tilgen. Armer<lb/>
Harpax! Wie &#x017F;ehr ha&#x017F;t du dich heute verrechnet!</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>22.</head><lb/>
              <p>Wie za&#x0364;rtlich dru&#x0364;cken <hi rendition="#fr">Aranth</hi> <note place="foot" n="(30)">Mich du&#x0364;nckt, er hei&#x017F;t <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">A</hi></hi> &#x2012; &#x2012;.</note> und <hi rendition="#fr">Ja-<lb/>
volen</hi> <note place="foot" n="(31)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">T &#x2012; &#x2012;, Juris utriusque Doctor.</hi></hi></note> einander die Ha&#x0364;nde! Aranth, als ein<lb/>
ge&#x017F;chickter Kaufmann, hat ausgerechnet, daß er<lb/>
15000 Thaler gewinnen kann, wenn er in der<lb/>
ku&#x0364;nftigen Me&#x017F;&#x017F;e Bankerutt macht. Aber es i&#x017F;t<lb/>
eine gewi&#x017F;&#x017F;e Vor&#x017F;icht dabey no&#x0364;thig, um den Na-<lb/>
men eines ehrlichen Mannes zu behaupten, und<lb/>
zugleich zu vermeiden, daß man mit den Ge&#x017F;etzen<lb/>
keine Ha&#x0364;ndel beko&#x0364;mmt. Er hat die Sache itzt<lb/>
mit &#x017F;einem Advocaten, dem Javolen, u&#x0364;berlegt.<lb/>
Der Plan i&#x017F;t gemacht; die Unglu&#x0364;cksfa&#x0364;lle &#x017F;ind alle<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">aufs</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[523[521]/0545] Zweytes Buch. Sohn iſt mir doch der naͤchſte. ‒ ‒ ‒ Wollen ſie den lieben Sohn kennen lernen? Dort ſitzt er in einem verdaͤchtigen Hauſe, unter der Geſell- ſchaft einiger Spieler, die ſeine Freunde ſind, und einiger luͤderlicher Weibsperſonen. Jn eben der Stunde, da ſein Vater die letzten hundert Thaler ſo andaͤchtig in ſeinen Kaſten ſperrt, ſchreibt der Sohn einen Wechſel auf 4000 Thaler, und be- koͤmmt von einem Wucherer, der faſt ſo ſchlimm, wie ſein Vater, iſt, 1500 Thaler dafuͤr. Von dieſem Gelde wird er mit ſeinen Freunden, und Freundinnen, ein paar Wochen vergnuͤgt leben. Der Sohn wird von neuem, und mit noch meh- rerm Verluſte borgen, und wird nach und nach ſo viele Schulden haͤufen, daß nicht einmal die vaͤ- terliche Erbſchaft zulangt, ſie zu tilgen. Armer Harpax! Wie ſehr haſt du dich heute verrechnet! 22. Wie zaͤrtlich druͤcken Aranth (30) und Ja- volen (31) einander die Haͤnde! Aranth, als ein geſchickter Kaufmann, hat ausgerechnet, daß er 15000 Thaler gewinnen kann, wenn er in der kuͤnftigen Meſſe Bankerutt macht. Aber es iſt eine gewiſſe Vorſicht dabey noͤthig, um den Na- men eines ehrlichen Mannes zu behaupten, und zugleich zu vermeiden, daß man mit den Geſetzen keine Haͤndel bekoͤmmt. Er hat die Sache itzt mit ſeinem Advocaten, dem Javolen, uͤberlegt. Der Plan iſt gemacht; die Ungluͤcksfaͤlle ſind alle aufs (30) Mich duͤnckt, er heiſt A ‒ ‒. (31) T ‒ ‒, Juris utriusque Doctor.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung04_1755
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung04_1755/545
Zitationshilfe: [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755, S. 523[521]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung04_1755/545>, abgerufen am 22.11.2024.