[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755.Antons Panßa von Mancha liche Bemühung, seinen Pflichten Gnüge zu thun,bringt ihn in dreyßig Jahren zu der Hochachtung nicht, zu welcher er durch ein prächtiges Kleid in vier und zwanzig Stunden gelangen kann. Man stelle sich einen solchen Mann vor, welcher mit sei- nen altväterischen Tugenden und einförmiger Klei- dung sich in eine Gesellschaft von vornehmen Klei- dern zum ersten male wagt. Er muß sehr glück- lich seyn, wenn ihm der Thürsteher nicht den er- sten Schritt ins Haus verwehrt. Drängt er sich auch bis in das Vorzimmer, so hat er sich noch durch eine Menge von Bedienten durchzuarbeiten, wovon ihn die meisten lächerlich finden, viele gleich- gültig ansehen, und die billigsten gar nicht merken. Er verlangt Jhro Excellenz aufzuwarten. Man antwortet ihm nicht. Er verlangt Jhro Excel- lenz unterthänig aufzuwarten. Ein Laqvey weist ihn an den andern, und keiner meldet ihn an. Er steht beschämt am Camine, und steht allen im Wege. Er sieht endlich den Kammerdiener. Er bittet gehorsamst, ihm die hohe Gnade zu verschaf- fen, daß er Jhro Excellenz seine ganz unterthä- nigste Aufwartung machen dürfe. Komme der Herr morgen wieder, es ist heute Gesellschaft im Zimmer! - - - Aber wäre es nicht möglich - - - Kurz, nein! Jhro Excellenz hätten viel zu thun, wenn sie jede Bettelvisite annehmen wollten; der Herr kann morgen wieder kommen. Da steht der tugendhafte, der ehrliche, der gelehrte Mann, der Mann von großen Verdiensten, welcher sich redlich, und mühsam nährt, seinen Fürsten treu dient,
Antons Panßa von Mancha liche Bemuͤhung, ſeinen Pflichten Gnuͤge zu thun,bringt ihn in dreyßig Jahren zu der Hochachtung nicht, zu welcher er durch ein praͤchtiges Kleid in vier und zwanzig Stunden gelangen kann. Man ſtelle ſich einen ſolchen Mann vor, welcher mit ſei- nen altvaͤteriſchen Tugenden und einfoͤrmiger Klei- dung ſich in eine Geſellſchaft von vornehmen Klei- dern zum erſten male wagt. Er muß ſehr gluͤck- lich ſeyn, wenn ihm der Thuͤrſteher nicht den er- ſten Schritt ins Haus verwehrt. Draͤngt er ſich auch bis in das Vorzimmer, ſo hat er ſich noch durch eine Menge von Bedienten durchzuarbeiten, wovon ihn die meiſten laͤcherlich finden, viele gleich- guͤltig anſehen, und die billigſten gar nicht merken. Er verlangt Jhro Excellenz aufzuwarten. Man antwortet ihm nicht. Er verlangt Jhro Excel- lenz unterthaͤnig aufzuwarten. Ein Laqvey weiſt ihn an den andern, und keiner meldet ihn an. Er ſteht beſchaͤmt am Camine, und ſteht allen im Wege. Er ſieht endlich den Kammerdiener. Er bittet gehorſamſt, ihm die hohe Gnade zu verſchaf- fen, daß er Jhro Excellenz ſeine ganz unterthaͤ- nigſte Aufwartung machen duͤrfe. Komme der Herr morgen wieder, es iſt heute Geſellſchaft im Zimmer! ‒ ‒ ‒ Aber waͤre es nicht moͤglich ‒ ‒ ‒ Kurz, nein! Jhro Excellenz haͤtten viel zu thun, wenn ſie jede Bettelviſite annehmen wollten; der Herr kann morgen wieder kommen. Da ſteht der tugendhafte, der ehrliche, der gelehrte Mann, der Mann von großen Verdienſten, welcher ſich redlich, und muͤhſam naͤhrt, ſeinen Fuͤrſten treu dient,
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0072" n="50"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Antons Panßa von Mancha</hi></fw><lb/> liche Bemuͤhung, ſeinen Pflichten Gnuͤge zu thun,<lb/> bringt ihn in dreyßig Jahren zu der Hochachtung<lb/> nicht, zu welcher er durch ein praͤchtiges Kleid in<lb/> vier und zwanzig Stunden gelangen kann. Man<lb/> ſtelle ſich einen ſolchen Mann vor, welcher mit ſei-<lb/> nen altvaͤteriſchen Tugenden und einfoͤrmiger Klei-<lb/> dung ſich in eine Geſellſchaft von vornehmen Klei-<lb/> dern zum erſten male wagt. Er muß ſehr gluͤck-<lb/> lich ſeyn, wenn ihm der Thuͤrſteher nicht den er-<lb/> ſten Schritt ins Haus verwehrt. Draͤngt er ſich<lb/> auch bis in das Vorzimmer, ſo hat er ſich noch<lb/> durch eine Menge von Bedienten durchzuarbeiten,<lb/> wovon ihn die meiſten laͤcherlich finden, viele gleich-<lb/> guͤltig anſehen, und die billigſten gar nicht merken.<lb/> Er verlangt Jhro Excellenz aufzuwarten. Man<lb/> antwortet ihm nicht. Er verlangt Jhro Excel-<lb/> lenz unterthaͤnig aufzuwarten. Ein Laqvey weiſt<lb/> ihn an den andern, und keiner meldet ihn an. Er<lb/> ſteht beſchaͤmt am Camine, und ſteht allen im<lb/> Wege. Er ſieht endlich den Kammerdiener. Er<lb/> bittet gehorſamſt, ihm die hohe Gnade zu verſchaf-<lb/> fen, daß er Jhro Excellenz ſeine ganz unterthaͤ-<lb/> nigſte Aufwartung machen duͤrfe. Komme der<lb/> Herr morgen wieder, es iſt heute Geſellſchaft im<lb/> Zimmer! ‒ ‒ ‒ Aber waͤre es nicht moͤglich ‒ ‒ ‒<lb/> Kurz, nein! Jhro Excellenz haͤtten viel zu thun,<lb/> wenn ſie jede Bettelviſite annehmen wollten; der<lb/> Herr kann morgen wieder kommen. Da ſteht<lb/> der tugendhafte, der ehrliche, der gelehrte Mann,<lb/> der Mann von großen Verdienſten, welcher ſich<lb/> redlich, und muͤhſam naͤhrt, ſeinen Fuͤrſten treu<lb/> <fw place="bottom" type="catch">dient,</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [50/0072]
Antons Panßa von Mancha
liche Bemuͤhung, ſeinen Pflichten Gnuͤge zu thun,
bringt ihn in dreyßig Jahren zu der Hochachtung
nicht, zu welcher er durch ein praͤchtiges Kleid in
vier und zwanzig Stunden gelangen kann. Man
ſtelle ſich einen ſolchen Mann vor, welcher mit ſei-
nen altvaͤteriſchen Tugenden und einfoͤrmiger Klei-
dung ſich in eine Geſellſchaft von vornehmen Klei-
dern zum erſten male wagt. Er muß ſehr gluͤck-
lich ſeyn, wenn ihm der Thuͤrſteher nicht den er-
ſten Schritt ins Haus verwehrt. Draͤngt er ſich
auch bis in das Vorzimmer, ſo hat er ſich noch
durch eine Menge von Bedienten durchzuarbeiten,
wovon ihn die meiſten laͤcherlich finden, viele gleich-
guͤltig anſehen, und die billigſten gar nicht merken.
Er verlangt Jhro Excellenz aufzuwarten. Man
antwortet ihm nicht. Er verlangt Jhro Excel-
lenz unterthaͤnig aufzuwarten. Ein Laqvey weiſt
ihn an den andern, und keiner meldet ihn an. Er
ſteht beſchaͤmt am Camine, und ſteht allen im
Wege. Er ſieht endlich den Kammerdiener. Er
bittet gehorſamſt, ihm die hohe Gnade zu verſchaf-
fen, daß er Jhro Excellenz ſeine ganz unterthaͤ-
nigſte Aufwartung machen duͤrfe. Komme der
Herr morgen wieder, es iſt heute Geſellſchaft im
Zimmer! ‒ ‒ ‒ Aber waͤre es nicht moͤglich ‒ ‒ ‒
Kurz, nein! Jhro Excellenz haͤtten viel zu thun,
wenn ſie jede Bettelviſite annehmen wollten; der
Herr kann morgen wieder kommen. Da ſteht
der tugendhafte, der ehrliche, der gelehrte Mann,
der Mann von großen Verdienſten, welcher ſich
redlich, und muͤhſam naͤhrt, ſeinen Fuͤrſten treu
dient,
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |