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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755.

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Antons Panßa von Mancha
"heißen. Wir dürfen nur reden, wie wirs mey-
"nen, thun, was wir versprechen, und andern
"diejenige Billigkeit wiederfahren lassen, die ein
"jeder von dem andern erwartet. Wir sind über-
"zeugt, daß wir uns nicht glücklich machen kön-
"nen, ohne die Beyhülfe unsers Mitbürgers.
"Wir sind niederträchtig genug, solche mit den
"größten Schmeicheleyen zu verlangen. Wir
"versprechen ihm dagegen alle Dienstfertigkeit,
"alle Freundschaft von unsrer Seite, und haben
"doch die Absicht, ihn zu betrügen. Unser Mit-
"bürger denkt auch so. Er schmeichelt uns, er
"verspricht uns, er schwört uns Freundschaft und
"Redlichkeit zu. Wir betrügen beide einander.
"Keiner traut dem andern. Wir scheuen uns
"einer vor dem andern. Keiner erlangt sein
"Glück, welches von einer beiderseitigen Hülfe
"abhängt. Und wenn auch der eine von uns zu
"seinem großen Endzwecke, zu seinem gesuchten
"Glücke gekommen zu seyn scheint: so ist es ge-
"wiß nur derjenige, welcher den andern an Bos-
"heit und Schelmerey übertroffen hat. Aber die-
"ses Glück ist mit einer beständigen Angst und
"Sorge verknüpft. Alle Augenblicke muß er ge-
"wärtig seyn, daß ihn ein andrer darum bringt,
"welcher in der Kunst zu betrügen ihn übertrifft.
"Und dieses geschieht allemal. Wie ruhig muß
"ein Mann seyn, welcher das Vermögen hat, an-
"dern redlich zu dienen, und ihnen mit Freuden
"dient! Es bittet ihn ein anderer redlicher Mann
"um seine Hülfe. Er hilft ihm durch einen auf-

"richtigen

Antons Panßa von Mancha
„heißen. Wir duͤrfen nur reden, wie wirs mey-
„nen, thun, was wir verſprechen, und andern
„diejenige Billigkeit wiederfahren laſſen, die ein
„jeder von dem andern erwartet. Wir ſind uͤber-
„zeugt, daß wir uns nicht gluͤcklich machen koͤn-
„nen, ohne die Beyhuͤlfe unſers Mitbuͤrgers.
„Wir ſind niedertraͤchtig genug, ſolche mit den
„groͤßten Schmeicheleyen zu verlangen. Wir
„verſprechen ihm dagegen alle Dienſtfertigkeit,
„alle Freundſchaft von unſrer Seite, und haben
„doch die Abſicht, ihn zu betruͤgen. Unſer Mit-
„buͤrger denkt auch ſo. Er ſchmeichelt uns, er
„verſpricht uns, er ſchwoͤrt uns Freundſchaft und
„Redlichkeit zu. Wir betruͤgen beide einander.
„Keiner traut dem andern. Wir ſcheuen uns
„einer vor dem andern. Keiner erlangt ſein
„Gluͤck, welches von einer beiderſeitigen Huͤlfe
„abhaͤngt. Und wenn auch der eine von uns zu
„ſeinem großen Endzwecke, zu ſeinem geſuchten
„Gluͤcke gekommen zu ſeyn ſcheint: ſo iſt es ge-
„wiß nur derjenige, welcher den andern an Bos-
„heit und Schelmerey uͤbertroffen hat. Aber die-
„ſes Gluͤck iſt mit einer beſtaͤndigen Angſt und
„Sorge verknuͤpft. Alle Augenblicke muß er ge-
„waͤrtig ſeyn, daß ihn ein andrer darum bringt,
„welcher in der Kunſt zu betruͤgen ihn uͤbertrifft.
„Und dieſes geſchieht allemal. Wie ruhig muß
„ein Mann ſeyn, welcher das Vermoͤgen hat, an-
„dern redlich zu dienen, und ihnen mit Freuden
„dient! Es bittet ihn ein anderer redlicher Mann
„um ſeine Huͤlfe. Er hilft ihm durch einen auf-

„richtigen
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[70/0092] Antons Panßa von Mancha „heißen. Wir duͤrfen nur reden, wie wirs mey- „nen, thun, was wir verſprechen, und andern „diejenige Billigkeit wiederfahren laſſen, die ein „jeder von dem andern erwartet. Wir ſind uͤber- „zeugt, daß wir uns nicht gluͤcklich machen koͤn- „nen, ohne die Beyhuͤlfe unſers Mitbuͤrgers. „Wir ſind niedertraͤchtig genug, ſolche mit den „groͤßten Schmeicheleyen zu verlangen. Wir „verſprechen ihm dagegen alle Dienſtfertigkeit, „alle Freundſchaft von unſrer Seite, und haben „doch die Abſicht, ihn zu betruͤgen. Unſer Mit- „buͤrger denkt auch ſo. Er ſchmeichelt uns, er „verſpricht uns, er ſchwoͤrt uns Freundſchaft und „Redlichkeit zu. Wir betruͤgen beide einander. „Keiner traut dem andern. Wir ſcheuen uns „einer vor dem andern. Keiner erlangt ſein „Gluͤck, welches von einer beiderſeitigen Huͤlfe „abhaͤngt. Und wenn auch der eine von uns zu „ſeinem großen Endzwecke, zu ſeinem geſuchten „Gluͤcke gekommen zu ſeyn ſcheint: ſo iſt es ge- „wiß nur derjenige, welcher den andern an Bos- „heit und Schelmerey uͤbertroffen hat. Aber die- „ſes Gluͤck iſt mit einer beſtaͤndigen Angſt und „Sorge verknuͤpft. Alle Augenblicke muß er ge- „waͤrtig ſeyn, daß ihn ein andrer darum bringt, „welcher in der Kunſt zu betruͤgen ihn uͤbertrifft. „Und dieſes geſchieht allemal. Wie ruhig muß „ein Mann ſeyn, welcher das Vermoͤgen hat, an- „dern redlich zu dienen, und ihnen mit Freuden „dient! Es bittet ihn ein anderer redlicher Mann „um ſeine Huͤlfe. Er hilft ihm durch einen auf- „richtigen

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Zitationshilfe: [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755, S. 70. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung04_1755/92>, abgerufen am 21.11.2024.