Am Plafond sind einige Begebenheiten aus dem ersten Buch Moses in verschiedenen Abtheilungen vor- gestellt. Man lobt darin die Figuren Gottes. Allein mir scheinen sie durchaus den zurückstoßenden Ernst zu haben, der sich mehr für einen Zauberer als den Weltregierer paßt. In dem Bilde, wo der Schö- pfer die beiden großen Lichter ans Firmament setzt, hat er den Anstand eines schlechten Schauspie- lers. Der Engel der sich in eben diesem Bilde in dem Schooße des Schöpfers aus Furcht vor dem Monde verkriecht, ist eine lächerliche Idee.
+ In dem Bilde von der Erschaffung Adams hat der Künstler den Gedanken ausdrücken wollen: und er blies ihm einen lebendigen Odem ein. Der Schöpfer steht vor dem halbaufgerichteten Adam, und rührt ihn mit dem Finger an, gleichsam als würde er von der elektrischen Kraft, die aus ihm herausgeht, belebt, oder vielmehr aus dem Schlafe geweckt. Allein für einen Zuschauer, der nicht jene Worte in Gedanken hat, bleibt Adam immer ein Mensch, der sich in die Höhe richtet, und der Schöpfer immer ein Alter, der ihn mit dem Finger anrührt. Die Figur Adams ist sonst einer der richtigst gezeichneten nackten Körper neuerer Kunst.
+ Auch der Fall der ersten Eltern wird der Zeichnung des Nackenden wegen geschätzt.
+ In dem Gemählde von der Erschaffung der Eva hat Michael Angelo zuerst Gott den Vater von einer Gruppe von Engeln tragen lassen. Eine glückliche Idee, die hernach oft wiederholt ist.
+ Rund
Der Vaticaniſche Pallaſt.
Gemaͤhlde am Plafond.
Am Plafond ſind einige Begebenheiten aus dem erſten Buch Moſes in verſchiedenen Abtheilungen vor- geſtellt. Man lobt darin die Figuren Gottes. Allein mir ſcheinen ſie durchaus den zuruͤckſtoßenden Ernſt zu haben, der ſich mehr fuͤr einen Zauberer als den Weltregierer paßt. In dem Bilde, wo der Schoͤ- pfer die beiden großen Lichter ans Firmament ſetzt, hat er den Anſtand eines ſchlechten Schauſpie- lers. Der Engel der ſich in eben dieſem Bilde in dem Schooße des Schoͤpfers aus Furcht vor dem Monde verkriecht, iſt eine laͤcherliche Idee.
† In dem Bilde von der Erſchaffung Adams hat der Kuͤnſtler den Gedanken ausdruͤcken wollen: und er blies ihm einen lebendigen Odem ein. Der Schoͤpfer ſteht vor dem halbaufgerichteten Adam, und ruͤhrt ihn mit dem Finger an, gleichſam als wuͤrde er von der elektriſchen Kraft, die aus ihm herausgeht, belebt, oder vielmehr aus dem Schlafe geweckt. Allein fuͤr einen Zuſchauer, der nicht jene Worte in Gedanken hat, bleibt Adam immer ein Menſch, der ſich in die Hoͤhe richtet, und der Schoͤpfer immer ein Alter, der ihn mit dem Finger anruͤhrt. Die Figur Adams iſt ſonſt einer der richtigſt gezeichneten nackten Koͤrper neuerer Kunſt.
† Auch der Fall der erſten Eltern wird der Zeichnung des Nackenden wegen geſchaͤtzt.
† In dem Gemaͤhlde von der Erſchaffung der Eva hat Michael Angelo zuerſt Gott den Vater von einer Gruppe von Engeln tragen laſſen. Eine gluͤckliche Idee, die hernach oft wiederholt iſt.
† Rund
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Der Vaticaniſche Pallaſt.
Am Plafond ſind einige Begebenheiten aus dem
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mir ſcheinen ſie durchaus den zuruͤckſtoßenden Ernſt zu
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Weltregierer paßt. In dem Bilde, wo der Schoͤ-
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ſetzt, hat er den Anſtand eines ſchlechten Schauſpie-
lers. Der Engel der ſich in eben dieſem Bilde in
dem Schooße des Schoͤpfers aus Furcht vor dem
Monde verkriecht, iſt eine laͤcherliche Idee.
† In dem Bilde von der Erſchaffung Adams
hat der Kuͤnſtler den Gedanken ausdruͤcken wollen:
und er blies ihm einen lebendigen Odem ein. Der
Schoͤpfer ſteht vor dem halbaufgerichteten Adam, und
ruͤhrt ihn mit dem Finger an, gleichſam als wuͤrde er
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belebt, oder vielmehr aus dem Schlafe geweckt.
Allein fuͤr einen Zuſchauer, der nicht jene Worte in
Gedanken hat, bleibt Adam immer ein Menſch, der
ſich in die Hoͤhe richtet, und der Schoͤpfer immer ein
Alter, der ihn mit dem Finger anruͤhrt. Die Figur
Adams iſt ſonſt einer der richtigſt gezeichneten nackten
Koͤrper neuerer Kunſt.
† Auch der Fall der erſten Eltern wird der
Zeichnung des Nackenden wegen geſchaͤtzt.
† In dem Gemaͤhlde von der Erſchaffung
der Eva hat Michael Angelo zuerſt Gott den Vater
von einer Gruppe von Engeln tragen laſſen. Eine
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† Rund
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Ramdohr, Friedrich Wilhelm Basilius von: Über Mahlerei und Bildhauerarbeit in Rom für Liebhaber des Schönen in der Kunst. T. 1. Leipzig, 1787, S. 182. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_mahlerei01_1787/204>, abgerufen am 16.07.2024.
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