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Ramdohr, Friedrich Wilhelm Basilius von: Über Mahlerei und Bildhauerarbeit in Rom für Liebhaber des Schönen in der Kunst. T. 1. Leipzig, 1787.

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Pallast Borghese.
Verfahrungsart zu entziffern? Inzwischen, da es hier
nur darauf ankömmt, dem Liebhaber die Verdienste
unsers Künstlers um diesen Theil der Kunst zu entwi-
ckeln, und ihm zugleich eine Richtschnur zu geben, wor-
nach er die Verdienste ähnlicher Art bei andern Mei-
stern prüfen kann; so will ich kurz die einfachsten Er-
fordernisse eines guten Colorits in Erinnerung bringen,
um so mehr, da wir uns ohne vorläufige Bestim-
mung der Schwierigkeiten, schwerlich über das Lob,
sie überwunden zu haben, verstehen würden.

Colorit ist die Bekleidung eines Gegenstandes mit
den Farben, die ihn in der Natur von andern sichtba-
ren Gegenständen unterscheiden.

Jeder Gegenstand hat seine ihm eigenthümliche
Farbe, aber das unaufmerksame Auge übergeht die
Nüancen und theilt sie nach einigen Hauptfarben ein,
als schwarz, weiß, gelb, roth u. s. w. Zur Wie-
dererkennung ist dies genung, aber nicht zum Gefühl
der Wahrheit. Es gibt unzählige Nüancen einer
Hauptfarbe, und nirgends äußert sich diese Verschie-
denheit auffallender und stärker als in der Carnation.
Jedes Glied des menschlichen Körpers, jedes Alter,
jede Constitution, jede Leidenschaft haben ihre eigen-
thümliche Farbe, die wir alle unter dem allgemeinen
Nahmen: Fleischfarbe begreifen.

Diese eigenthümliche Farbe nun findet sich selten
rein auf der Palette: sie muß gemeiniglich gemischt wer-
den: und wenn wir von Localfarben reden, so ist dies
nicht in der Maaße zu verstehen, daß man eine Farbe,
so wie sie eines der Reiche der Natur liefert, wie sie der
Mahler auf die Palette bringt, gerade zu auf die

Fläche

Pallaſt Borgheſe.
Verfahrungsart zu entziffern? Inzwiſchen, da es hier
nur darauf ankoͤmmt, dem Liebhaber die Verdienſte
unſers Kuͤnſtlers um dieſen Theil der Kunſt zu entwi-
ckeln, und ihm zugleich eine Richtſchnur zu geben, wor-
nach er die Verdienſte aͤhnlicher Art bei andern Mei-
ſtern pruͤfen kann; ſo will ich kurz die einfachſten Er-
forderniſſe eines guten Colorits in Erinnerung bringen,
um ſo mehr, da wir uns ohne vorlaͤufige Beſtim-
mung der Schwierigkeiten, ſchwerlich uͤber das Lob,
ſie uͤberwunden zu haben, verſtehen wuͤrden.

Colorit iſt die Bekleidung eines Gegenſtandes mit
den Farben, die ihn in der Natur von andern ſichtba-
ren Gegenſtaͤnden unterſcheiden.

Jeder Gegenſtand hat ſeine ihm eigenthuͤmliche
Farbe, aber das unaufmerkſame Auge uͤbergeht die
Nuͤancen und theilt ſie nach einigen Hauptfarben ein,
als ſchwarz, weiß, gelb, roth u. ſ. w. Zur Wie-
dererkennung iſt dies genung, aber nicht zum Gefuͤhl
der Wahrheit. Es gibt unzaͤhlige Nuͤancen einer
Hauptfarbe, und nirgends aͤußert ſich dieſe Verſchie-
denheit auffallender und ſtaͤrker als in der Carnation.
Jedes Glied des menſchlichen Koͤrpers, jedes Alter,
jede Conſtitution, jede Leidenſchaft haben ihre eigen-
thuͤmliche Farbe, die wir alle unter dem allgemeinen
Nahmen: Fleiſchfarbe begreifen.

Dieſe eigenthuͤmliche Farbe nun findet ſich ſelten
rein auf der Palette: ſie muß gemeiniglich gemiſcht wer-
den: und wenn wir von Localfarben reden, ſo iſt dies
nicht in der Maaße zu verſtehen, daß man eine Farbe,
ſo wie ſie eines der Reiche der Natur liefert, wie ſie der
Mahler auf die Palette bringt, gerade zu auf die

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[272/0294] Pallaſt Borgheſe. Verfahrungsart zu entziffern? Inzwiſchen, da es hier nur darauf ankoͤmmt, dem Liebhaber die Verdienſte unſers Kuͤnſtlers um dieſen Theil der Kunſt zu entwi- ckeln, und ihm zugleich eine Richtſchnur zu geben, wor- nach er die Verdienſte aͤhnlicher Art bei andern Mei- ſtern pruͤfen kann; ſo will ich kurz die einfachſten Er- forderniſſe eines guten Colorits in Erinnerung bringen, um ſo mehr, da wir uns ohne vorlaͤufige Beſtim- mung der Schwierigkeiten, ſchwerlich uͤber das Lob, ſie uͤberwunden zu haben, verſtehen wuͤrden. Colorit iſt die Bekleidung eines Gegenſtandes mit den Farben, die ihn in der Natur von andern ſichtba- ren Gegenſtaͤnden unterſcheiden. Jeder Gegenſtand hat ſeine ihm eigenthuͤmliche Farbe, aber das unaufmerkſame Auge uͤbergeht die Nuͤancen und theilt ſie nach einigen Hauptfarben ein, als ſchwarz, weiß, gelb, roth u. ſ. w. Zur Wie- dererkennung iſt dies genung, aber nicht zum Gefuͤhl der Wahrheit. Es gibt unzaͤhlige Nuͤancen einer Hauptfarbe, und nirgends aͤußert ſich dieſe Verſchie- denheit auffallender und ſtaͤrker als in der Carnation. Jedes Glied des menſchlichen Koͤrpers, jedes Alter, jede Conſtitution, jede Leidenſchaft haben ihre eigen- thuͤmliche Farbe, die wir alle unter dem allgemeinen Nahmen: Fleiſchfarbe begreifen. Dieſe eigenthuͤmliche Farbe nun findet ſich ſelten rein auf der Palette: ſie muß gemeiniglich gemiſcht wer- den: und wenn wir von Localfarben reden, ſo iſt dies nicht in der Maaße zu verſtehen, daß man eine Farbe, ſo wie ſie eines der Reiche der Natur liefert, wie ſie der Mahler auf die Palette bringt, gerade zu auf die Flaͤche

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Zitationshilfe: Ramdohr, Friedrich Wilhelm Basilius von: Über Mahlerei und Bildhauerarbeit in Rom für Liebhaber des Schönen in der Kunst. T. 1. Leipzig, 1787, S. 272. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_mahlerei01_1787/294>, abgerufen am 23.11.2024.