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Ramdohr, Friedrich Wilhelm Basilius von: Über Mahlerei und Bildhauerarbeit in Rom für Liebhaber des Schönen in der Kunst. T. 2. Leipzig, 1787.

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Pallast Colonna.
dunkeln und Ründung, zwischen Helldunkeln und
Beleuchtung eintritt. Ein gutes Colorit besteht
nicht ohne Ründung, aber es besteht ohne Hell-
dunkles; dies zeigt Tizian. Ein gutes Helldunkle
besteht ohne gutes Colorit; dies zeigen viele Kupfer-
stecher, dies zeigt beinahe die ganze niederländische
Schule. Ründung ist nur ein wesentliches Be-
standtheil des Helldunkeln, Beleuchtung nur ein
Mittel es hervorzubringen; dies zeigen viele Ge-
mählde, in denen blos die Wahl gewisser Farben die
Haltung unterbricht, z. E. das dunkelblaue Ge-
wand der Mnemosyne in dem Parnaß von Mengs:
Endlich kann auch das bloße Spiel heller und dunkler
Partien, nicht für eine weise Vertheilung derselben
gelten; dies zeigt die neuere Venetianische und Nea-
politanische Schule.

Wie Correg-
gios Stärke
im Helldun-
keln zu beur-
theilen ist.

Wenn wir also unsern Correggio groß im Hell-
dunkeln nennen, so nehmen wir auf die Wahrheit
und Weisheit seiner Vertheilung heller und dunkler
Partien Rücksicht: auf die Abwechselung derselben,
die er durch Wahl der Farben, durch Wahl der
Quellen und Gänge des Lichts in seine Gemählde zu
bringen wußte, ohne der Harmonie zu schaden.
Weil das Auge Wahrheit liebt, so ist der Ursprung
des Lichts, die Leitung desselben, immer in dem Ge-
mählde deutlich motivirt: Weil das Auge das
Schönste am auffallendsten zu sehen wünscht, so sind
diejenigen Farben, die es am meisten anziehen, da-
hin gesetzt, das höchste Licht dahin geleitet, wo er
jenes hinzulenken wünschte. (Schade! daß dies
oft mehr mit Rücksicht auf blos mahlerische als poeti-
sche Schönheit geschehen ist). Weil das Auge

Abwech-

Pallaſt Colonna.
dunkeln und Ruͤndung, zwiſchen Helldunkeln und
Beleuchtung eintritt. Ein gutes Colorit beſteht
nicht ohne Ruͤndung, aber es beſteht ohne Hell-
dunkles; dies zeigt Tizian. Ein gutes Helldunkle
beſteht ohne gutes Colorit; dies zeigen viele Kupfer-
ſtecher, dies zeigt beinahe die ganze niederlaͤndiſche
Schule. Ruͤndung iſt nur ein weſentliches Be-
ſtandtheil des Helldunkeln, Beleuchtung nur ein
Mittel es hervorzubringen; dies zeigen viele Ge-
maͤhlde, in denen blos die Wahl gewiſſer Farben die
Haltung unterbricht, z. E. das dunkelblaue Ge-
wand der Mnemoſyne in dem Parnaß von Mengs:
Endlich kann auch das bloße Spiel heller und dunkler
Partien, nicht fuͤr eine weiſe Vertheilung derſelben
gelten; dies zeigt die neuere Venetianiſche und Nea-
politaniſche Schule.

Wie Correg-
gios Staͤrke
im Helldun-
keln zu beur-
theilen iſt.

Wenn wir alſo unſern Correggio groß im Hell-
dunkeln nennen, ſo nehmen wir auf die Wahrheit
und Weisheit ſeiner Vertheilung heller und dunkler
Partien Ruͤckſicht: auf die Abwechſelung derſelben,
die er durch Wahl der Farben, durch Wahl der
Quellen und Gaͤnge des Lichts in ſeine Gemaͤhlde zu
bringen wußte, ohne der Harmonie zu ſchaden.
Weil das Auge Wahrheit liebt, ſo iſt der Urſprung
des Lichts, die Leitung deſſelben, immer in dem Ge-
maͤhlde deutlich motivirt: Weil das Auge das
Schoͤnſte am auffallendſten zu ſehen wuͤnſcht, ſo ſind
diejenigen Farben, die es am meiſten anziehen, da-
hin geſetzt, das hoͤchſte Licht dahin geleitet, wo er
jenes hinzulenken wuͤnſchte. (Schade! daß dies
oft mehr mit Ruͤckſicht auf blos mahleriſche als poeti-
ſche Schoͤnheit geſchehen iſt). Weil das Auge

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[100/0114] Pallaſt Colonna. dunkeln und Ruͤndung, zwiſchen Helldunkeln und Beleuchtung eintritt. Ein gutes Colorit beſteht nicht ohne Ruͤndung, aber es beſteht ohne Hell- dunkles; dies zeigt Tizian. Ein gutes Helldunkle beſteht ohne gutes Colorit; dies zeigen viele Kupfer- ſtecher, dies zeigt beinahe die ganze niederlaͤndiſche Schule. Ruͤndung iſt nur ein weſentliches Be- ſtandtheil des Helldunkeln, Beleuchtung nur ein Mittel es hervorzubringen; dies zeigen viele Ge- maͤhlde, in denen blos die Wahl gewiſſer Farben die Haltung unterbricht, z. E. das dunkelblaue Ge- wand der Mnemoſyne in dem Parnaß von Mengs: Endlich kann auch das bloße Spiel heller und dunkler Partien, nicht fuͤr eine weiſe Vertheilung derſelben gelten; dies zeigt die neuere Venetianiſche und Nea- politaniſche Schule. Wenn wir alſo unſern Correggio groß im Hell- dunkeln nennen, ſo nehmen wir auf die Wahrheit und Weisheit ſeiner Vertheilung heller und dunkler Partien Ruͤckſicht: auf die Abwechſelung derſelben, die er durch Wahl der Farben, durch Wahl der Quellen und Gaͤnge des Lichts in ſeine Gemaͤhlde zu bringen wußte, ohne der Harmonie zu ſchaden. Weil das Auge Wahrheit liebt, ſo iſt der Urſprung des Lichts, die Leitung deſſelben, immer in dem Ge- maͤhlde deutlich motivirt: Weil das Auge das Schoͤnſte am auffallendſten zu ſehen wuͤnſcht, ſo ſind diejenigen Farben, die es am meiſten anziehen, da- hin geſetzt, das hoͤchſte Licht dahin geleitet, wo er jenes hinzulenken wuͤnſchte. (Schade! daß dies oft mehr mit Ruͤckſicht auf blos mahleriſche als poeti- ſche Schoͤnheit geſchehen iſt). Weil das Auge Abwech-

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Zitationshilfe: Ramdohr, Friedrich Wilhelm Basilius von: Über Mahlerei und Bildhauerarbeit in Rom für Liebhaber des Schönen in der Kunst. T. 2. Leipzig, 1787, S. 100. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_mahlerei02_1787/114>, abgerufen am 24.11.2024.