Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ramdohr, Friedrich Wilhelm Basilius von: Über Mahlerei und Bildhauerarbeit in Rom für Liebhaber des Schönen in der Kunst. T. 2. Leipzig, 1787.

Bild:
<< vorherige Seite
Villa Aldovrandini.

Diese Monochrommen oder Monochromata sind
nämlich Gemählde aus einerlei Farbe. Bald er-
scheinen die darauf vorgestellten Figuren, mit einem
hellen Umrisse auf dunkelm Grunde, und die lichteren
Partien sind gleichfalls hell wie der Umriß: bald ist
der Grund hell, die Umrisse sind dunkel, und dunkel
sind auch die schraffirten Schatten. Auf den ersten
Anblick glaubt man die Umrisse, die hellen oder dunk-
leren Partien wären mit dem Pinsel aufgetragen, und
dann würde das Wunderbare bestehen.

Allein alle Erfahrungen widersprechen der Mög-
lichkeit eines so geschwinden und doch richtigen Auf-
trages auf eine so widerstrebende Masse. Man be-
merkt nicht die geringste Erhöhung, welche die auf-
getragene Farbe nothwendig veranlaßt haben müßte.
An mehreren Gemählden ist die Figur abgesprungen,
der untere Grund zeigt sich unbeschädigt, welches bei
der Impregnation desselben mit der feuchten Farbe,
schlechthin nicht möglich gewesen wäre.

Es wird daher wahrscheinlicher, daß diese Zeich-
nungen auf eben die Art verfertigt sind, wie unsere
heutigen Sgraffiti. Es ist nämlich bekannt, daß
Polydoro da Carravaggio und viele andere Italiener
ihrem Mörtel eine schwarze Farbe gaben, und diesen
nachher mit einem weißen Kalkanstrich überzogen.
Wollten sie nachher auf dieser auf solche Art zuberei-
teten Fläche Figuren erscheinen lassen, so entblößten
sie den schwarzen Anwurf mit einem eisernen Stifte,
und trattegirten, oder schraffirten die Schatten nach
Art der Zeichnungen gleichfalls durch Aufkratzen.
Ein solches Gemählde nennen die Italiener Sgraffito,

oder
Villa Aldovrandini.

Dieſe Monochrommen oder Monochromata ſind
naͤmlich Gemaͤhlde aus einerlei Farbe. Bald er-
ſcheinen die darauf vorgeſtellten Figuren, mit einem
hellen Umriſſe auf dunkelm Grunde, und die lichteren
Partien ſind gleichfalls hell wie der Umriß: bald iſt
der Grund hell, die Umriſſe ſind dunkel, und dunkel
ſind auch die ſchraffirten Schatten. Auf den erſten
Anblick glaubt man die Umriſſe, die hellen oder dunk-
leren Partien waͤren mit dem Pinſel aufgetragen, und
dann wuͤrde das Wunderbare beſtehen.

Allein alle Erfahrungen widerſprechen der Moͤg-
lichkeit eines ſo geſchwinden und doch richtigen Auf-
trages auf eine ſo widerſtrebende Maſſe. Man be-
merkt nicht die geringſte Erhoͤhung, welche die auf-
getragene Farbe nothwendig veranlaßt haben muͤßte.
An mehreren Gemaͤhlden iſt die Figur abgeſprungen,
der untere Grund zeigt ſich unbeſchaͤdigt, welches bei
der Impregnation deſſelben mit der feuchten Farbe,
ſchlechthin nicht moͤglich geweſen waͤre.

Es wird daher wahrſcheinlicher, daß dieſe Zeich-
nungen auf eben die Art verfertigt ſind, wie unſere
heutigen Sgraffiti. Es iſt naͤmlich bekannt, daß
Polydoro da Carravaggio und viele andere Italiener
ihrem Moͤrtel eine ſchwarze Farbe gaben, und dieſen
nachher mit einem weißen Kalkanſtrich uͤberzogen.
Wollten ſie nachher auf dieſer auf ſolche Art zuberei-
teten Flaͤche Figuren erſcheinen laſſen, ſo entbloͤßten
ſie den ſchwarzen Anwurf mit einem eiſernen Stifte,
und trattegirten, oder ſchraffirten die Schatten nach
Art der Zeichnungen gleichfalls durch Aufkratzen.
Ein ſolches Gemaͤhlde nennen die Italiener Sgraffito,

oder
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0192" n="178"/>
        <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Villa Aldovrandini.</hi> </fw><lb/>
        <p>Die&#x017F;e Monochrommen oder Monochromata &#x017F;ind<lb/>
na&#x0364;mlich Gema&#x0364;hlde aus einerlei Farbe. Bald er-<lb/>
&#x017F;cheinen die darauf vorge&#x017F;tellten Figuren, mit einem<lb/>
hellen Umri&#x017F;&#x017F;e auf dunkelm Grunde, und die lichteren<lb/>
Partien &#x017F;ind gleichfalls hell wie der Umriß: bald i&#x017F;t<lb/>
der Grund hell, die Umri&#x017F;&#x017F;e &#x017F;ind dunkel, und dunkel<lb/>
&#x017F;ind auch die &#x017F;chraffirten Schatten. Auf den er&#x017F;ten<lb/>
Anblick glaubt man die Umri&#x017F;&#x017F;e, die hellen oder dunk-<lb/>
leren Partien wa&#x0364;ren mit dem Pin&#x017F;el aufgetragen, und<lb/>
dann wu&#x0364;rde das Wunderbare be&#x017F;tehen.</p><lb/>
        <p>Allein alle Erfahrungen wider&#x017F;prechen der Mo&#x0364;g-<lb/>
lichkeit eines &#x017F;o ge&#x017F;chwinden und doch richtigen Auf-<lb/>
trages auf eine &#x017F;o wider&#x017F;trebende Ma&#x017F;&#x017F;e. Man be-<lb/>
merkt nicht die gering&#x017F;te Erho&#x0364;hung, welche die auf-<lb/>
getragene Farbe nothwendig veranlaßt haben mu&#x0364;ßte.<lb/>
An mehreren Gema&#x0364;hlden i&#x017F;t die Figur abge&#x017F;prungen,<lb/>
der untere Grund zeigt &#x017F;ich unbe&#x017F;cha&#x0364;digt, welches bei<lb/>
der Impregnation de&#x017F;&#x017F;elben mit der feuchten Farbe,<lb/>
&#x017F;chlechthin nicht mo&#x0364;glich gewe&#x017F;en wa&#x0364;re.</p><lb/>
        <p>Es wird daher wahr&#x017F;cheinlicher, daß die&#x017F;e Zeich-<lb/>
nungen auf eben die Art verfertigt &#x017F;ind, wie un&#x017F;ere<lb/>
heutigen <hi rendition="#aq">Sgraffiti.</hi> Es i&#x017F;t na&#x0364;mlich bekannt, daß<lb/>
Polydoro da Carravaggio und viele andere Italiener<lb/>
ihrem Mo&#x0364;rtel eine &#x017F;chwarze Farbe gaben, und die&#x017F;en<lb/>
nachher mit einem weißen Kalkan&#x017F;trich u&#x0364;berzogen.<lb/>
Wollten &#x017F;ie nachher auf die&#x017F;er auf &#x017F;olche Art zuberei-<lb/>
teten Fla&#x0364;che Figuren er&#x017F;cheinen la&#x017F;&#x017F;en, &#x017F;o entblo&#x0364;ßten<lb/>
&#x017F;ie den &#x017F;chwarzen Anwurf mit einem ei&#x017F;ernen Stifte,<lb/>
und trattegirten, oder &#x017F;chraffirten die Schatten nach<lb/>
Art der Zeichnungen gleichfalls durch Aufkratzen.<lb/>
Ein &#x017F;olches Gema&#x0364;hlde nennen die Italiener <hi rendition="#aq">Sgraffito,</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="catch">oder</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[178/0192] Villa Aldovrandini. Dieſe Monochrommen oder Monochromata ſind naͤmlich Gemaͤhlde aus einerlei Farbe. Bald er- ſcheinen die darauf vorgeſtellten Figuren, mit einem hellen Umriſſe auf dunkelm Grunde, und die lichteren Partien ſind gleichfalls hell wie der Umriß: bald iſt der Grund hell, die Umriſſe ſind dunkel, und dunkel ſind auch die ſchraffirten Schatten. Auf den erſten Anblick glaubt man die Umriſſe, die hellen oder dunk- leren Partien waͤren mit dem Pinſel aufgetragen, und dann wuͤrde das Wunderbare beſtehen. Allein alle Erfahrungen widerſprechen der Moͤg- lichkeit eines ſo geſchwinden und doch richtigen Auf- trages auf eine ſo widerſtrebende Maſſe. Man be- merkt nicht die geringſte Erhoͤhung, welche die auf- getragene Farbe nothwendig veranlaßt haben muͤßte. An mehreren Gemaͤhlden iſt die Figur abgeſprungen, der untere Grund zeigt ſich unbeſchaͤdigt, welches bei der Impregnation deſſelben mit der feuchten Farbe, ſchlechthin nicht moͤglich geweſen waͤre. Es wird daher wahrſcheinlicher, daß dieſe Zeich- nungen auf eben die Art verfertigt ſind, wie unſere heutigen Sgraffiti. Es iſt naͤmlich bekannt, daß Polydoro da Carravaggio und viele andere Italiener ihrem Moͤrtel eine ſchwarze Farbe gaben, und dieſen nachher mit einem weißen Kalkanſtrich uͤberzogen. Wollten ſie nachher auf dieſer auf ſolche Art zuberei- teten Flaͤche Figuren erſcheinen laſſen, ſo entbloͤßten ſie den ſchwarzen Anwurf mit einem eiſernen Stifte, und trattegirten, oder ſchraffirten die Schatten nach Art der Zeichnungen gleichfalls durch Aufkratzen. Ein ſolches Gemaͤhlde nennen die Italiener Sgraffito, oder

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_mahlerei02_1787
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_mahlerei02_1787/192
Zitationshilfe: Ramdohr, Friedrich Wilhelm Basilius von: Über Mahlerei und Bildhauerarbeit in Rom für Liebhaber des Schönen in der Kunst. T. 2. Leipzig, 1787, S. 178. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_mahlerei02_1787/192>, abgerufen am 09.11.2024.