Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ramdohr, Friedrich Wilhelm Basilius von: Über Mahlerei und Bildhauerarbeit in Rom für Liebhaber des Schönen in der Kunst. T. 2. Leipzig, 1787.

Bild:
<< vorherige Seite
Pallast Barberini.

+ Entführung der Europa, ein antikes Mo-
saik. Es ist ziemlich fein. Es ward im Tempel
des Glücks zu Palestrina gefunden. Die Begleite-
rinnen der Europa stehen am Ufer, und ihr Vater
Agenor läuft herzu. 5)


In einem andern Zimmer.

+ Venus mit einigen Amorinen, ein Gemähl-Zwei antike
Gemählde.

de al Fresco, welches man für alt ausgiebt. Winkel-
mann selbst erklärt es dafür. 6) Er behauptet je-
doch, es könne keine Venus vorstellen, weil die weib-
liche Figur Warzen auf den Brüsten habe. 7) Man
kömmt allgemein dahin überein, daß der Kopf der
Venus von Carlo Maratti übermahlt und die Amo-
rinen ihm hinzugefügt worden. 8) Dürfte ich mei-
ner Empfindung trauen, so würde ich das ganze Ge-
mählde für neu, und aus der Florentinischen Schule
halten. Obgleich die Gründe womit ich diese Mei-
nung unterstütze, sich besser fühlen als sagen lassen,
so will ich doch den Betrachtenden hier auf die hängen-
den mit starken Warzen versehenen Brüste, auf die ge-
zwungene Stellung, auf die gedreheten Finger, die ohne
allen Grund auseinander gerissen und gespannt sind,

endlich
5) Winkelmann G. d. K. S. 769.
6) G. d. K. S. 560.
7) G. d. K. S. 274.
8) So erklärt sich auch Winkelmann in den annota-
zioni sopra le Statue di Roma,
welche den Brie-
fen an einen Freund in Liefland beigedruckt sind.
S. 68.
Pallaſt Barberini.

Entfuͤhrung der Europa, ein antikes Mo-
ſaik. Es iſt ziemlich fein. Es ward im Tempel
des Gluͤcks zu Paleſtrina gefunden. Die Begleite-
rinnen der Europa ſtehen am Ufer, und ihr Vater
Agenor laͤuft herzu. 5)


In einem andern Zimmer.

Venus mit einigen Amorinen, ein Gemaͤhl-Zwei antike
Gemaͤhlde.

de al Freſco, welches man fuͤr alt ausgiebt. Winkel-
mann ſelbſt erklaͤrt es dafuͤr. 6) Er behauptet je-
doch, es koͤnne keine Venus vorſtellen, weil die weib-
liche Figur Warzen auf den Bruͤſten habe. 7) Man
koͤmmt allgemein dahin uͤberein, daß der Kopf der
Venus von Carlo Maratti uͤbermahlt und die Amo-
rinen ihm hinzugefuͤgt worden. 8) Duͤrfte ich mei-
ner Empfindung trauen, ſo wuͤrde ich das ganze Ge-
maͤhlde fuͤr neu, und aus der Florentiniſchen Schule
halten. Obgleich die Gruͤnde womit ich dieſe Mei-
nung unterſtuͤtze, ſich beſſer fuͤhlen als ſagen laſſen,
ſo will ich doch den Betrachtenden hier auf die haͤngen-
den mit ſtarken Warzen verſehenen Bruͤſte, auf die ge-
zwungene Stellung, auf die gedreheten Finger, die ohne
allen Grund auseinander geriſſen und geſpannt ſind,

endlich
5) Winkelmann G. d. K. S. 769.
6) G. d. K. S. 560.
7) G. d. K. S. 274.
8) So erklaͤrt ſich auch Winkelmann in den annota-
zioni ſopra le Statue di Roma,
welche den Brie-
fen an einen Freund in Liefland beigedruckt ſind.
S. 68.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0285" n="271"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Palla&#x017F;t Barberini.</hi> </fw><lb/>
          <p>&#x2020; <hi rendition="#fr">Entfu&#x0364;hrung der Europa,</hi> ein antikes Mo-<lb/>
&#x017F;aik. Es i&#x017F;t ziemlich fein. Es ward im Tempel<lb/>
des Glu&#x0364;cks zu Pale&#x017F;trina gefunden. Die Begleite-<lb/>
rinnen der Europa &#x017F;tehen am Ufer, und ihr Vater<lb/>
Agenor la&#x0364;uft herzu. <note place="foot" n="5)">Winkelmann G. d. K. S. 769.</note></p>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">In einem andern Zimmer.</hi> </head><lb/>
          <p>&#x2020; <hi rendition="#fr">Venus mit einigen Amorinen,</hi> ein Gema&#x0364;hl-<note place="right">Zwei antike<lb/>
Gema&#x0364;hlde.</note><lb/>
de al Fre&#x017F;co, welches man fu&#x0364;r alt ausgiebt. Winkel-<lb/>
mann &#x017F;elb&#x017F;t erkla&#x0364;rt es dafu&#x0364;r. <note place="foot" n="6)">G. d. K. S. 560.</note> Er behauptet je-<lb/>
doch, es ko&#x0364;nne keine Venus vor&#x017F;tellen, weil die weib-<lb/>
liche Figur Warzen auf den Bru&#x0364;&#x017F;ten habe. <note place="foot" n="7)">G. d. K. S. 274.</note> Man<lb/>
ko&#x0364;mmt allgemein dahin u&#x0364;berein, daß der Kopf der<lb/>
Venus von Carlo Maratti u&#x0364;bermahlt und die Amo-<lb/>
rinen ihm hinzugefu&#x0364;gt worden. <note place="foot" n="8)">So erkla&#x0364;rt &#x017F;ich auch Winkelmann in den <hi rendition="#aq">annota-<lb/>
zioni &#x017F;opra le Statue di Roma,</hi> welche den Brie-<lb/>
fen an einen Freund in Liefland beigedruckt &#x017F;ind.<lb/>
S. 68.</note> Du&#x0364;rfte ich mei-<lb/>
ner Empfindung trauen, &#x017F;o wu&#x0364;rde ich das ganze Ge-<lb/>
ma&#x0364;hlde fu&#x0364;r neu, und aus der Florentini&#x017F;chen Schule<lb/>
halten. Obgleich die Gru&#x0364;nde womit ich die&#x017F;e Mei-<lb/>
nung unter&#x017F;tu&#x0364;tze, &#x017F;ich be&#x017F;&#x017F;er fu&#x0364;hlen als &#x017F;agen la&#x017F;&#x017F;en,<lb/>
&#x017F;o will ich doch den Betrachtenden hier auf die ha&#x0364;ngen-<lb/>
den mit &#x017F;tarken Warzen ver&#x017F;ehenen Bru&#x0364;&#x017F;te, auf die ge-<lb/>
zwungene Stellung, auf die gedreheten Finger, die ohne<lb/>
allen Grund auseinander geri&#x017F;&#x017F;en und ge&#x017F;pannt &#x017F;ind,<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">endlich</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[271/0285] Pallaſt Barberini. † Entfuͤhrung der Europa, ein antikes Mo- ſaik. Es iſt ziemlich fein. Es ward im Tempel des Gluͤcks zu Paleſtrina gefunden. Die Begleite- rinnen der Europa ſtehen am Ufer, und ihr Vater Agenor laͤuft herzu. 5) In einem andern Zimmer. † Venus mit einigen Amorinen, ein Gemaͤhl- de al Freſco, welches man fuͤr alt ausgiebt. Winkel- mann ſelbſt erklaͤrt es dafuͤr. 6) Er behauptet je- doch, es koͤnne keine Venus vorſtellen, weil die weib- liche Figur Warzen auf den Bruͤſten habe. 7) Man koͤmmt allgemein dahin uͤberein, daß der Kopf der Venus von Carlo Maratti uͤbermahlt und die Amo- rinen ihm hinzugefuͤgt worden. 8) Duͤrfte ich mei- ner Empfindung trauen, ſo wuͤrde ich das ganze Ge- maͤhlde fuͤr neu, und aus der Florentiniſchen Schule halten. Obgleich die Gruͤnde womit ich dieſe Mei- nung unterſtuͤtze, ſich beſſer fuͤhlen als ſagen laſſen, ſo will ich doch den Betrachtenden hier auf die haͤngen- den mit ſtarken Warzen verſehenen Bruͤſte, auf die ge- zwungene Stellung, auf die gedreheten Finger, die ohne allen Grund auseinander geriſſen und geſpannt ſind, endlich Zwei antike Gemaͤhlde. 5) Winkelmann G. d. K. S. 769. 6) G. d. K. S. 560. 7) G. d. K. S. 274. 8) So erklaͤrt ſich auch Winkelmann in den annota- zioni ſopra le Statue di Roma, welche den Brie- fen an einen Freund in Liefland beigedruckt ſind. S. 68.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_mahlerei02_1787
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_mahlerei02_1787/285
Zitationshilfe: Ramdohr, Friedrich Wilhelm Basilius von: Über Mahlerei und Bildhauerarbeit in Rom für Liebhaber des Schönen in der Kunst. T. 2. Leipzig, 1787, S. 271. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_mahlerei02_1787/285>, abgerufen am 22.11.2024.