Ramdohr, Friedrich Wilhelm Basilius von: Über Mahlerei und Bildhauerarbeit in Rom für Liebhaber des Schönen in der Kunst. T. 3. Leipzig, 1787.Pallast Giustiniani. dem Tode des letzten ihrer beiden Söhne antwortet:Er ist fürs Vaterland gestorben! Gewiß eine viel edlere That; aber welch eine kalte todte Figur müßte sie im Bilde machen! Dasjenige was uns bei einer edeln That am Edel und erhaben sind also Wörter, welch[e] in Wie unbedeutend würde der Ausdruck eines: Ein edles Süjet heißt also in den bildenden und
Pallaſt Giuſtiniani. dem Tode des letzten ihrer beiden Soͤhne antwortet:Er iſt fuͤrs Vaterland geſtorben! Gewiß eine viel edlere That; aber welch eine kalte todte Figur muͤßte ſie im Bilde machen! Dasjenige was uns bei einer edeln That am Edel und erhaben ſind alſo Woͤrter, welch[e] in Wie unbedeutend wuͤrde der Ausdruck eines: Ein edles Suͤjet heißt alſo in den bildenden und
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0036" n="12"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Pallaſt Giuſtiniani.</hi></fw><lb/> dem Tode des letzten ihrer beiden Soͤhne antwortet:<lb/> Er iſt fuͤrs Vaterland geſtorben! Gewiß eine viel<lb/> edlere That; aber welch eine kalte todte Figur muͤßte<lb/> ſie im Bilde machen!</p><lb/> <p>Dasjenige was uns bei einer edeln That am<lb/> meiſten intereſſirt, die ruhige Geiſtesſtaͤrke der han-<lb/> delnden Perſon, laͤßt ſich nie auf dem Bilde verſinn-<lb/> lichen: ſie wird zur Apathie, zur Inaktion, und<lb/> verfehlt aller Ruͤhrung.</p><lb/> <p>Edel und erhaben ſind alſo Woͤrter, welch<supplied>e</supplied> in<lb/> der Mahlerei von den Formen, von dem Ausdrucke<lb/> der oft gewoͤhnlichſten Affekte gebraucht werden: auf<lb/> das Erhabene, auf das Edle der hiſtoriſchen That,<lb/> wenn ſie auf Affekten beruhet, die ſich nicht beſtimmt<lb/> durch Gebaͤrden ausdruͤcken laſſen, ſoll, darf der<lb/> Kuͤnſtler keine Ruͤckſicht nehmen, ſie iſt fuͤr ihn un-<lb/> brauchbar.</p><lb/> <p>Wie unbedeutend wuͤrde der Ausdruck eines:<lb/><hi rendition="#aq">Soyons amis Cinna!</hi> des Auguſtus, gegen den<lb/> Mord des heil. Petrus des Maͤrtirers; wie kalt der<lb/> des Vaters der Horazier mit ſeinem: <hi rendition="#aq">qu’ il mou-<lb/> rut!</hi> gegen die Camilla die von ihrem Bruder er-<lb/> ſtochen wird, in dem Bilde ſtehen!</p><lb/> <p>Ein edles Suͤjet heißt alſo in den bildenden<lb/> Kuͤnſten ein Suͤjet, das Veranlaſſung zu edlen For-<lb/> men und einem edlen Ausdruck gewaͤhrt. Es giebt<lb/> edle Thaten, die fuͤr die Kunſt auch edle Suͤjets ſind,<lb/> und als ſichtbare Darſtellung Wuͤrkung thun: aber<lb/> dies haͤngt nicht von dem Edlen der That ſelbſt,<lb/> ſondern von der zufaͤlligen Veranlaſſung ab, einen<lb/> ſichtbar deutlichen, vollſtaͤndigen, abwechſelnden,<lb/> <fw place="bottom" type="catch">und</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [12/0036]
Pallaſt Giuſtiniani.
dem Tode des letzten ihrer beiden Soͤhne antwortet:
Er iſt fuͤrs Vaterland geſtorben! Gewiß eine viel
edlere That; aber welch eine kalte todte Figur muͤßte
ſie im Bilde machen!
Dasjenige was uns bei einer edeln That am
meiſten intereſſirt, die ruhige Geiſtesſtaͤrke der han-
delnden Perſon, laͤßt ſich nie auf dem Bilde verſinn-
lichen: ſie wird zur Apathie, zur Inaktion, und
verfehlt aller Ruͤhrung.
Edel und erhaben ſind alſo Woͤrter, welche in
der Mahlerei von den Formen, von dem Ausdrucke
der oft gewoͤhnlichſten Affekte gebraucht werden: auf
das Erhabene, auf das Edle der hiſtoriſchen That,
wenn ſie auf Affekten beruhet, die ſich nicht beſtimmt
durch Gebaͤrden ausdruͤcken laſſen, ſoll, darf der
Kuͤnſtler keine Ruͤckſicht nehmen, ſie iſt fuͤr ihn un-
brauchbar.
Wie unbedeutend wuͤrde der Ausdruck eines:
Soyons amis Cinna! des Auguſtus, gegen den
Mord des heil. Petrus des Maͤrtirers; wie kalt der
des Vaters der Horazier mit ſeinem: qu’ il mou-
rut! gegen die Camilla die von ihrem Bruder er-
ſtochen wird, in dem Bilde ſtehen!
Ein edles Suͤjet heißt alſo in den bildenden
Kuͤnſten ein Suͤjet, das Veranlaſſung zu edlen For-
men und einem edlen Ausdruck gewaͤhrt. Es giebt
edle Thaten, die fuͤr die Kunſt auch edle Suͤjets ſind,
und als ſichtbare Darſtellung Wuͤrkung thun: aber
dies haͤngt nicht von dem Edlen der That ſelbſt,
ſondern von der zufaͤlligen Veranlaſſung ab, einen
ſichtbar deutlichen, vollſtaͤndigen, abwechſelnden,
und
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |