Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Erster Theil: Naturkunde der Liebe. Leipzig, 1798.eine analoge Weise stimmen. Ja, der unnennbare Trieb kann befriedigt werden ohne Lüsternheit und Ueppigkeit, und diese beyden können wieder jede einzeln und getrennt von ihren Gefährten wirken. Viertes Kapitel. Von der Ueppigkeit. Ich bin bey meinen Studien über die ästhetischen Empfindungen sehr oft auf den Unterschied aufmerksam geworden, den die Berührung verschiedener Körper, wenn diese gleich bey allen angenehm war, auf meine Gefühlorgane hervorgebracht hat. Ich berührte harte, kalte Körper; den polierten Marmor oder Stahl; - allerdings ein wollüstiges Gefühl, das mich aber zum Anschmiegen nicht einlud. Ich erhielt die Wahrnehmung einer undurchdringlichen Glätte, wovon das Tastungsorgan abgleitet. Es schien mir, daß meine Hand sich den Eindruck zwar gern gefallen ließe, aber sich seiner Ausbildung nicht entgegen böte. Ich berührte dann das seidene Haar gewisser Thierfelle, den weichen Stoff gewisser Gewänder; - wieder ein wollüstiges Gefühl, aber von ganz verschiedener Art! Meine Hand ließ sich den Eindruck nicht bloß gefallen, sie bot sich ihm auch entgegen, sie suchte ihn auszubilden! Aber anschmiegen, anlagern, konnte sie sich nicht. Sie fiel durch, und der Mangel an Widerstand gab ihr die Wahrnehmung des bloß Sanften. Endlich berührte meine Hand den weichen, aber aufgebläheten, schnellenden Polster mit seinem sammetnen Ueberzuge und seiner Füllung von Federn; - welch eine ganz verschiedene Empfindung, eine analoge Weise stimmen. Ja, der unnennbare Trieb kann befriedigt werden ohne Lüsternheit und Ueppigkeit, und diese beyden können wieder jede einzeln und getrennt von ihren Gefährten wirken. Viertes Kapitel. Von der Ueppigkeit. Ich bin bey meinen Studien über die ästhetischen Empfindungen sehr oft auf den Unterschied aufmerksam geworden, den die Berührung verschiedener Körper, wenn diese gleich bey allen angenehm war, auf meine Gefühlorgane hervorgebracht hat. Ich berührte harte, kalte Körper; den polierten Marmor oder Stahl; – allerdings ein wollüstiges Gefühl, das mich aber zum Anschmiegen nicht einlud. Ich erhielt die Wahrnehmung einer undurchdringlichen Glätte, wovon das Tastungsorgan abgleitet. Es schien mir, daß meine Hand sich den Eindruck zwar gern gefallen ließe, aber sich seiner Ausbildung nicht entgegen böte. Ich berührte dann das seidene Haar gewisser Thierfelle, den weichen Stoff gewisser Gewänder; – wieder ein wollüstiges Gefühl, aber von ganz verschiedener Art! Meine Hand ließ sich den Eindruck nicht bloß gefallen, sie bot sich ihm auch entgegen, sie suchte ihn auszubilden! Aber anschmiegen, anlagern, konnte sie sich nicht. Sie fiel durch, und der Mangel an Widerstand gab ihr die Wahrnehmung des bloß Sanften. Endlich berührte meine Hand den weichen, aber aufgebläheten, schnellenden Polster mit seinem sammetnen Ueberzuge und seiner Füllung von Federn; – welch eine ganz verschiedene Empfindung, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0123" n="123"/> eine analoge Weise stimmen. Ja, der unnennbare Trieb kann befriedigt werden ohne Lüsternheit und Ueppigkeit, und diese beyden können wieder jede einzeln und getrennt von ihren Gefährten wirken.</p> </div> <div n="2"> <head>Viertes Kapitel.<lb/></head> <argument> <p>Von der Ueppigkeit.<lb/></p> </argument> <p>Ich bin bey meinen Studien über die ästhetischen Empfindungen sehr oft auf den Unterschied aufmerksam geworden, den die Berührung verschiedener Körper, wenn diese gleich bey allen angenehm war, auf meine Gefühlorgane hervorgebracht hat. Ich berührte harte, kalte Körper; den polierten Marmor oder Stahl; – allerdings ein wollüstiges Gefühl, das mich aber zum Anschmiegen nicht einlud. Ich erhielt die Wahrnehmung einer undurchdringlichen Glätte, wovon das Tastungsorgan abgleitet. Es schien mir, daß meine Hand sich den Eindruck zwar gern gefallen ließe, aber sich seiner Ausbildung nicht entgegen böte. Ich berührte dann das seidene Haar gewisser Thierfelle, den weichen Stoff gewisser Gewänder; – wieder ein wollüstiges Gefühl, aber von ganz verschiedener Art! Meine Hand ließ sich den Eindruck nicht bloß gefallen, sie bot sich ihm auch entgegen, sie suchte ihn auszubilden! Aber <hi rendition="#g">anschmiegen</hi>, <hi rendition="#g">anlagern</hi>, konnte sie sich nicht. Sie fiel durch, und der Mangel an Widerstand gab ihr die Wahrnehmung des bloß Sanften. Endlich berührte meine Hand den weichen, aber aufgebläheten, schnellenden Polster mit seinem sammetnen Ueberzuge und seiner Füllung von Federn; – welch eine ganz verschiedene Empfindung, </p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [123/0123]
eine analoge Weise stimmen. Ja, der unnennbare Trieb kann befriedigt werden ohne Lüsternheit und Ueppigkeit, und diese beyden können wieder jede einzeln und getrennt von ihren Gefährten wirken.
Viertes Kapitel.
Von der Ueppigkeit.
Ich bin bey meinen Studien über die ästhetischen Empfindungen sehr oft auf den Unterschied aufmerksam geworden, den die Berührung verschiedener Körper, wenn diese gleich bey allen angenehm war, auf meine Gefühlorgane hervorgebracht hat. Ich berührte harte, kalte Körper; den polierten Marmor oder Stahl; – allerdings ein wollüstiges Gefühl, das mich aber zum Anschmiegen nicht einlud. Ich erhielt die Wahrnehmung einer undurchdringlichen Glätte, wovon das Tastungsorgan abgleitet. Es schien mir, daß meine Hand sich den Eindruck zwar gern gefallen ließe, aber sich seiner Ausbildung nicht entgegen böte. Ich berührte dann das seidene Haar gewisser Thierfelle, den weichen Stoff gewisser Gewänder; – wieder ein wollüstiges Gefühl, aber von ganz verschiedener Art! Meine Hand ließ sich den Eindruck nicht bloß gefallen, sie bot sich ihm auch entgegen, sie suchte ihn auszubilden! Aber anschmiegen, anlagern, konnte sie sich nicht. Sie fiel durch, und der Mangel an Widerstand gab ihr die Wahrnehmung des bloß Sanften. Endlich berührte meine Hand den weichen, aber aufgebläheten, schnellenden Polster mit seinem sammetnen Ueberzuge und seiner Füllung von Federn; – welch eine ganz verschiedene Empfindung,
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Zitationshilfe: | Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Erster Theil: Naturkunde der Liebe. Leipzig, 1798, S. 123. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus01_1798/123>, abgerufen am 16.02.2025. |