Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Erster Theil: Naturkunde der Liebe. Leipzig, 1798.und ihre Modificationen haben, der ihr zugleich zum Sättigungspunkte dient. Wir wollen gespannt oder gezärtelt seyn, um unsere Sensibilität in gehöriger Straffheit oder Zartheit zu fühlen. Aber nur bis auf einen gewissen Punkt. So lange dieser noch nicht erreicht ist, fühlen wir einen gewissen Mangel, und nehmen daher gern spannende oder zärtelnde Eindrücke von andern Körpern an. Aber so bald dieser erreicht ist, so sind wir auch gesättigt, und stoßen die ferneren Eindrücke ab. Gesetzt also, wir kommen mit einem Körper in Verbindung, der uns über den Sättigungspunkt hinaus spannt, so wird der Eindruck übermäßig und widrig; und eben so verhält es sich mit den Körpern, die uns übermäßig zärteln. Diese Behauptung kann niemand in Zweifel ziehen, der einige Beobachtungen darüber anstellen will, wie uns das Umfassen des kalten, glatten Marmors oder Stahls wollüstig spannt, wie hingegen die Berührung des Eises durch seine übermäßige Kälte uns widrig erschüttert; - wie wir die Berührung des zarten Zobelpelzes lieben, hingegen vor der Berührung der Oberfläche eines schmierigen Körpers mit Ekel zurückschaudern. Hierauf beruht die Sympathie unserer Organe mit gleichartigen Körpern. Unsere leidende Stärke stößt auf eine ihr wohlgefällige Spannkraft, unsere Zartheit auf eine ihr wohlgefällige Sanftheit. Wir finden zwischen unserm Zustande und der Eigenschaft des äußern Körpers eine Gleichartigkeit, die uns angenehm ist, weil sie durch einen Zusatz von Wirkung auf uns diejenige Modification unserer Sensibilität verbessert, in der wir schon waren, oder in die wir zu gerathen suchen. Nähern wir uns, um gespannt und ihre Modificationen haben, der ihr zugleich zum Sättigungspunkte dient. Wir wollen gespannt oder gezärtelt seyn, um unsere Sensibilität in gehöriger Straffheit oder Zartheit zu fühlen. Aber nur bis auf einen gewissen Punkt. So lange dieser noch nicht erreicht ist, fühlen wir einen gewissen Mangel, und nehmen daher gern spannende oder zärtelnde Eindrücke von andern Körpern an. Aber so bald dieser erreicht ist, so sind wir auch gesättigt, und stoßen die ferneren Eindrücke ab. Gesetzt also, wir kommen mit einem Körper in Verbindung, der uns über den Sättigungspunkt hinaus spannt, so wird der Eindruck übermäßig und widrig; und eben so verhält es sich mit den Körpern, die uns übermäßig zärteln. Diese Behauptung kann niemand in Zweifel ziehen, der einige Beobachtungen darüber anstellen will, wie uns das Umfassen des kalten, glatten Marmors oder Stahls wollüstig spannt, wie hingegen die Berührung des Eises durch seine übermäßige Kälte uns widrig erschüttert; – wie wir die Berührung des zarten Zobelpelzes lieben, hingegen vor der Berührung der Oberfläche eines schmierigen Körpers mit Ekel zurückschaudern. Hierauf beruht die Sympathie unserer Organe mit gleichartigen Körpern. Unsere leidende Stärke stößt auf eine ihr wohlgefällige Spannkraft, unsere Zartheit auf eine ihr wohlgefällige Sanftheit. Wir finden zwischen unserm Zustande und der Eigenschaft des äußern Körpers eine Gleichartigkeit, die uns angenehm ist, weil sie durch einen Zusatz von Wirkung auf uns diejenige Modification unserer Sensibilität verbessert, in der wir schon waren, oder in die wir zu gerathen suchen. 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und ihre Modificationen haben, der ihr zugleich zum Sättigungspunkte dient. Wir wollen gespannt oder gezärtelt seyn, um unsere Sensibilität in gehöriger Straffheit oder Zartheit zu fühlen. Aber nur bis auf einen gewissen Punkt. So lange dieser noch nicht erreicht ist, fühlen wir einen gewissen Mangel, und nehmen daher gern spannende oder zärtelnde Eindrücke von andern Körpern an. Aber so bald dieser erreicht ist, so sind wir auch gesättigt, und stoßen die ferneren Eindrücke ab.
Gesetzt also, wir kommen mit einem Körper in Verbindung, der uns über den Sättigungspunkt hinaus spannt, so wird der Eindruck übermäßig und widrig; und eben so verhält es sich mit den Körpern, die uns übermäßig zärteln.
Diese Behauptung kann niemand in Zweifel ziehen, der einige Beobachtungen darüber anstellen will, wie uns das Umfassen des kalten, glatten Marmors oder Stahls wollüstig spannt, wie hingegen die Berührung des Eises durch seine übermäßige Kälte uns widrig erschüttert; – wie wir die Berührung des zarten Zobelpelzes lieben, hingegen vor der Berührung der Oberfläche eines schmierigen Körpers mit Ekel zurückschaudern.
Hierauf beruht die Sympathie unserer Organe mit gleichartigen Körpern. Unsere leidende Stärke stößt auf eine ihr wohlgefällige Spannkraft, unsere Zartheit auf eine ihr wohlgefällige Sanftheit. Wir finden zwischen unserm Zustande und der Eigenschaft des äußern Körpers eine Gleichartigkeit, die uns angenehm ist, weil sie durch einen Zusatz von Wirkung auf uns diejenige Modification unserer Sensibilität verbessert, in der wir schon waren, oder in die wir zu gerathen suchen. Nähern wir uns, um gespannt
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