Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Erster Theil: Naturkunde der Liebe. Leipzig, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite

Aber reine Zartheit ist nicht hinreichend, jene engere Verbindung zu gründen, die ich das Einlagern des Gemüths genannt habe, und mit der überschwenglichen Wonne der Seelenüppigkeit verbunden ist. Wir müssen neben der Biegsamkeit eine Fähigkeit zu widerstehen in dem angenäherten Wesen finden. Sein Charakter muß elastisch seyn, nicht weich. Ist aber die Widerstandsfähigkeit zu stark, im Verhältnisse zu unserer Stärke und zu unserer Neigung, gezärtelt zu werden; so entsteht das Gefühl einer qualvollen Anstrengung, die uns unangenehm ist, weil wir nicht in der Stimmung sind, rein gespannt werden zu wollen. Wir wollen in Ruhe aufgelößt werden, und finden das Gegentheil. Ist auf der andern Seite die Biegsamkeit übermäßig, im Verhältnisse zu unserer Zartheit, und unfähig, uns das Bewußtseyn unserer Stärke durch Ueberwindung einigen Widerstandes zu geben; so wird die Vermählung der Gefühle von verschiedener Art in uns gehindert, und es entsteht bald Gleichgültigkeit bald Langeweile. Es muß daher ein solches Wohlverhältniß von Stärke und Zartheit in dem angenäherten Wesen angetroffen werden, woraus eine Mischung von Dispositionen in ihm entsteht, die wieder mit der Mischung der Dispositionen in uns ins Wohlverhältniß gebracht werden können. Sein Charakter muß dergestalt stark und zart zu gleicher Zeit seyn, daß unser Gemüth bey der Verbindung sich gleichzeitig gespannt und gezärtelt, spannend und zärtelnd fühlen könne. Dann erst entsteht eine wonnevolle Vermählung von Gefühlen in unserm Gemüthe durch gleichzeitige Wirksamkeit seiner zweyfachen Disposition. Dann erst wird das Gemüth zum Besitznehmen, zur Vertraulichkeit, zum Einlagern aufgefordert.

Aber reine Zartheit ist nicht hinreichend, jene engere Verbindung zu gründen, die ich das Einlagern des Gemüths genannt habe, und mit der überschwenglichen Wonne der Seelenüppigkeit verbunden ist. Wir müssen neben der Biegsamkeit eine Fähigkeit zu widerstehen in dem angenäherten Wesen finden. Sein Charakter muß elastisch seyn, nicht weich. Ist aber die Widerstandsfähigkeit zu stark, im Verhältnisse zu unserer Stärke und zu unserer Neigung, gezärtelt zu werden; so entsteht das Gefühl einer qualvollen Anstrengung, die uns unangenehm ist, weil wir nicht in der Stimmung sind, rein gespannt werden zu wollen. Wir wollen in Ruhe aufgelößt werden, und finden das Gegentheil. Ist auf der andern Seite die Biegsamkeit übermäßig, im Verhältnisse zu unserer Zartheit, und unfähig, uns das Bewußtseyn unserer Stärke durch Ueberwindung einigen Widerstandes zu geben; so wird die Vermählung der Gefühle von verschiedener Art in uns gehindert, und es entsteht bald Gleichgültigkeit bald Langeweile. Es muß daher ein solches Wohlverhältniß von Stärke und Zartheit in dem angenäherten Wesen angetroffen werden, woraus eine Mischung von Dispositionen in ihm entsteht, die wieder mit der Mischung der Dispositionen in uns ins Wohlverhältniß gebracht werden können. Sein Charakter muß dergestalt stark und zart zu gleicher Zeit seyn, daß unser Gemüth bey der Verbindung sich gleichzeitig gespannt und gezärtelt, spannend und zärtelnd fühlen könne. Dann erst entsteht eine wonnevolle Vermählung von Gefühlen in unserm Gemüthe durch gleichzeitige Wirksamkeit seiner zweyfachen Disposition. Dann erst wird das Gemüth zum Besitznehmen, zur Vertraulichkeit, zum Einlagern aufgefordert.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="2">
            <p><pb facs="#f0167" n="167"/>
Aber reine Zartheit ist nicht hinreichend, jene engere Verbindung zu gründen, die ich das <hi rendition="#g">Einlagern</hi> des Gemüths genannt habe, und mit der überschwenglichen Wonne der Seelenüppigkeit verbunden ist. Wir müssen neben der Biegsamkeit eine Fähigkeit zu widerstehen in dem angenäherten Wesen finden. Sein Charakter muß elastisch seyn, nicht weich. Ist aber die Widerstandsfähigkeit zu stark, im Verhältnisse zu unserer Stärke und zu unserer Neigung, gezärtelt zu werden; so entsteht das Gefühl einer qualvollen Anstrengung, die uns unangenehm ist, weil wir nicht in der Stimmung sind, rein gespannt werden zu wollen. Wir wollen in Ruhe aufgelößt werden, und finden das Gegentheil. Ist auf der andern Seite die Biegsamkeit übermäßig, im Verhältnisse zu unserer Zartheit, und unfähig, uns das Bewußtseyn unserer Stärke durch Ueberwindung einigen Widerstandes zu geben; so wird die Vermählung der Gefühle von verschiedener Art in uns gehindert, und es entsteht bald Gleichgültigkeit bald Langeweile. Es muß daher ein solches Wohlverhältniß von Stärke und Zartheit in dem angenäherten Wesen angetroffen werden, woraus eine Mischung von Dispositionen in ihm entsteht, die wieder mit der Mischung der Dispositionen in uns ins Wohlverhältniß gebracht werden können. Sein Charakter muß dergestalt stark und zart zu gleicher Zeit seyn, daß unser Gemüth bey der Verbindung sich gleichzeitig gespannt und gezärtelt, spannend und zärtelnd fühlen könne. Dann erst entsteht eine wonnevolle Vermählung von Gefühlen in unserm Gemüthe durch gleichzeitige Wirksamkeit seiner zweyfachen Disposition. Dann erst wird das Gemüth zum Besitznehmen, zur Vertraulichkeit, zum Einlagern aufgefordert.</p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[167/0167] Aber reine Zartheit ist nicht hinreichend, jene engere Verbindung zu gründen, die ich das Einlagern des Gemüths genannt habe, und mit der überschwenglichen Wonne der Seelenüppigkeit verbunden ist. Wir müssen neben der Biegsamkeit eine Fähigkeit zu widerstehen in dem angenäherten Wesen finden. Sein Charakter muß elastisch seyn, nicht weich. Ist aber die Widerstandsfähigkeit zu stark, im Verhältnisse zu unserer Stärke und zu unserer Neigung, gezärtelt zu werden; so entsteht das Gefühl einer qualvollen Anstrengung, die uns unangenehm ist, weil wir nicht in der Stimmung sind, rein gespannt werden zu wollen. Wir wollen in Ruhe aufgelößt werden, und finden das Gegentheil. Ist auf der andern Seite die Biegsamkeit übermäßig, im Verhältnisse zu unserer Zartheit, und unfähig, uns das Bewußtseyn unserer Stärke durch Ueberwindung einigen Widerstandes zu geben; so wird die Vermählung der Gefühle von verschiedener Art in uns gehindert, und es entsteht bald Gleichgültigkeit bald Langeweile. Es muß daher ein solches Wohlverhältniß von Stärke und Zartheit in dem angenäherten Wesen angetroffen werden, woraus eine Mischung von Dispositionen in ihm entsteht, die wieder mit der Mischung der Dispositionen in uns ins Wohlverhältniß gebracht werden können. Sein Charakter muß dergestalt stark und zart zu gleicher Zeit seyn, daß unser Gemüth bey der Verbindung sich gleichzeitig gespannt und gezärtelt, spannend und zärtelnd fühlen könne. Dann erst entsteht eine wonnevolle Vermählung von Gefühlen in unserm Gemüthe durch gleichzeitige Wirksamkeit seiner zweyfachen Disposition. Dann erst wird das Gemüth zum Besitznehmen, zur Vertraulichkeit, zum Einlagern aufgefordert.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-11-20T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-11-20T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-11-20T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Als Grundlage dienen die Wikisource:Editionsrichtlinien.
  • Der Seitenwechsel erfolgt bei Worttrennung nach dem gesamten Wort.
  • Geviertstriche (—) wurden durch Halbgeviertstriche ersetzt (–).
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als moderner Umlaut (ä, ö, ü) transkribiert.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus01_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus01_1798/167
Zitationshilfe: Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Erster Theil: Naturkunde der Liebe. Leipzig, 1798, S. 167. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus01_1798/167>, abgerufen am 09.11.2024.