Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Erster Theil: Naturkunde der Liebe. Leipzig, 1798.traulichen Zusammenlebens und Zurückziehens von andern, von denen wir uns doch nicht ganz zu trennen im Stande sind; der Begriff dieser Bildung einer Familie, eines Hauses im Staate, zeichnet sich durch eine solche Mischung von Abhängigkeit und Freyheit, von Anstrengung und Muße, von leidendem Empfangen und thätigem Geben, von Spannung und Zärtelung aus, daß unser Gemüth bloß durch das Auffassen dieses Bildes in den Zustand der Ueppigkeit gerathen kann. Schon dadurch erhält der Trieb zur Häuslichkeit den Charakter eines Geschlechtstriebes; denn die Wonne, welche uns durch dieß Bild zugeführt wird, beruht auf einer Harmonie von Gefühlen, deren Tonarten von zärterer und stärkerer Beschaffenheit sind, mithin nicht einem besondern Geschlechte von Reitzungen des Gemüths, sondern der Gattung im Ganzen angehören. Man kann sie auch nicht hegen, ohne sich eine Verbindung zwischen Menschen zu denken, die der Gattung nach gleich, dem Geschlechte nach verschieden sind, indem ihre Charaktere im Wohlverhältnisse geschmeidiger Stärke zur hebenden Zartheit stehen. Aber wie viel auffallender wird dieß noch, wenn wir nicht bloß ein Bild der Häuslichkeit in unserer Seele aufsteigen sehen, sondern das häusliche Glück wirklich genießen oder ihm nachstreben. In jeder Verbindung, die in dieser Absicht eingegangen wird, und worin die Verbündeten den Trieb darnach wirklich begünstigt fühlen, wird der eine sich allemahl durch Eigenschaften auszeichnen, die den Begriff geschmeidiger Stärke, der andere durch solche, die den Begriff hebender Zartheit erwecken. Und sollte dieser Begriff auch nicht vollständig bey fremden Zuschauern traulichen Zusammenlebens und Zurückziehens von andern, von denen wir uns doch nicht ganz zu trennen im Stande sind; der Begriff dieser Bildung einer Familie, eines Hauses im Staate, zeichnet sich durch eine solche Mischung von Abhängigkeit und Freyheit, von Anstrengung und Muße, von leidendem Empfangen und thätigem Geben, von Spannung und Zärtelung aus, daß unser Gemüth bloß durch das Auffassen dieses Bildes in den Zustand der Ueppigkeit gerathen kann. Schon dadurch erhält der Trieb zur Häuslichkeit den Charakter eines Geschlechtstriebes; denn die Wonne, welche uns durch dieß Bild zugeführt wird, beruht auf einer Harmonie von Gefühlen, deren Tonarten von zärterer und stärkerer Beschaffenheit sind, mithin nicht einem besondern Geschlechte von Reitzungen des Gemüths, sondern der Gattung im Ganzen angehören. Man kann sie auch nicht hegen, ohne sich eine Verbindung zwischen Menschen zu denken, die der Gattung nach gleich, dem Geschlechte nach verschieden sind, indem ihre Charaktere im Wohlverhältnisse geschmeidiger Stärke zur hebenden Zartheit stehen. Aber wie viel auffallender wird dieß noch, wenn wir nicht bloß ein Bild der Häuslichkeit in unserer Seele aufsteigen sehen, sondern das häusliche Glück wirklich genießen oder ihm nachstreben. In jeder Verbindung, die in dieser Absicht eingegangen wird, und worin die Verbündeten den Trieb darnach wirklich begünstigt fühlen, wird der eine sich allemahl durch Eigenschaften auszeichnen, die den Begriff geschmeidiger Stärke, der andere durch solche, die den Begriff hebender Zartheit erwecken. 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Man kann sie auch nicht hegen, ohne sich eine Verbindung zwischen Menschen zu denken, die der Gattung nach gleich, dem Geschlechte nach verschieden sind, indem ihre Charaktere im Wohlverhältnisse geschmeidiger Stärke zur hebenden Zartheit stehen.</p> <p>Aber wie viel auffallender wird dieß noch, wenn wir nicht bloß ein Bild der Häuslichkeit in unserer Seele aufsteigen sehen, sondern das häusliche Glück wirklich genießen oder ihm nachstreben.</p> <p>In jeder Verbindung, die in dieser Absicht eingegangen wird, und worin die Verbündeten den Trieb darnach wirklich begünstigt fühlen, wird der eine sich allemahl durch Eigenschaften auszeichnen, die den Begriff geschmeidiger Stärke, der andere durch solche, die den Begriff hebender Zartheit erwecken. Und sollte dieser Begriff auch nicht vollständig bey fremden Zuschauern </p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [170/0170]
traulichen Zusammenlebens und Zurückziehens von andern, von denen wir uns doch nicht ganz zu trennen im Stande sind; der Begriff dieser Bildung einer Familie, eines Hauses im Staate, zeichnet sich durch eine solche Mischung von Abhängigkeit und Freyheit, von Anstrengung und Muße, von leidendem Empfangen und thätigem Geben, von Spannung und Zärtelung aus, daß unser Gemüth bloß durch das Auffassen dieses Bildes in den Zustand der Ueppigkeit gerathen kann.
Schon dadurch erhält der Trieb zur Häuslichkeit den Charakter eines Geschlechtstriebes; denn die Wonne, welche uns durch dieß Bild zugeführt wird, beruht auf einer Harmonie von Gefühlen, deren Tonarten von zärterer und stärkerer Beschaffenheit sind, mithin nicht einem besondern Geschlechte von Reitzungen des Gemüths, sondern der Gattung im Ganzen angehören. Man kann sie auch nicht hegen, ohne sich eine Verbindung zwischen Menschen zu denken, die der Gattung nach gleich, dem Geschlechte nach verschieden sind, indem ihre Charaktere im Wohlverhältnisse geschmeidiger Stärke zur hebenden Zartheit stehen.
Aber wie viel auffallender wird dieß noch, wenn wir nicht bloß ein Bild der Häuslichkeit in unserer Seele aufsteigen sehen, sondern das häusliche Glück wirklich genießen oder ihm nachstreben.
In jeder Verbindung, die in dieser Absicht eingegangen wird, und worin die Verbündeten den Trieb darnach wirklich begünstigt fühlen, wird der eine sich allemahl durch Eigenschaften auszeichnen, die den Begriff geschmeidiger Stärke, der andere durch solche, die den Begriff hebender Zartheit erwecken. Und sollte dieser Begriff auch nicht vollständig bey fremden Zuschauern
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