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Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Erster Theil: Naturkunde der Liebe. Leipzig, 1798.

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seiner Würdigkeit in voller Maße einernte; so empfinde ich die Wonne der Verehrung wie eine bloße Beschauung. So staunen die meisten Menschen einen Cato oder Regulus an!

Hieraus ergiebt sich nun, in wie fern Achtung mit Liebe zusammengehe, und in wie fern nicht.

Unterwürfigkeit ist nie Liebe: das Werth für sich halten, ist nie Liebe: hingegen können Schätzung und Verehrung alsdann Liebe seyn, wenn wir sie mit dem wonnevollen Bestreben einnehmen, daß der Mensch durch den allgemeinen schätzbaren Werth, den er an sich trägt, und durch seine innere Würde glücklich und zufrieden mit sich selbst sey.

Eilftes Kapitel.

Absonderung der bloßen sympathetischen Aneignung und Mitempfindung, so wie der wonnevollen Beschauung des fremden Glücks, von dem liebenden Affekte.

Liebe setzt nothwendig die Ueberzeugung von der Selbstzufriedenheit eines andern Menschen, als endlichen Grund unsers wonnevollen Strebens nach der Beförderung seines Glücks zum Voraus. Wer also muntere, heitere, selbstzufriedene Menschen in der Absicht aufsucht, von ihrer Freude angesteckt zu werden, sich durch die Form des Frohsinns zur Freude einladen zu lassen; der betrachtet andere Menschen bloß als Mittel, als Instrumente, als Gaukler; der handelt ganz eigennützig. Dieß ist schon im ersten Buche bemerkt worden.

Wer aber auch diese Absicht, sich fremde Wonne zuzueignen, nicht hegt, aber ihren Frohsinn, ihre Selbstgenügsamkeit,

seiner Würdigkeit in voller Maße einernte; so empfinde ich die Wonne der Verehrung wie eine bloße Beschauung. So staunen die meisten Menschen einen Cato oder Regulus an!

Hieraus ergiebt sich nun, in wie fern Achtung mit Liebe zusammengehe, und in wie fern nicht.

Unterwürfigkeit ist nie Liebe: das Werth für sich halten, ist nie Liebe: hingegen können Schätzung und Verehrung alsdann Liebe seyn, wenn wir sie mit dem wonnevollen Bestreben einnehmen, daß der Mensch durch den allgemeinen schätzbaren Werth, den er an sich trägt, und durch seine innere Würde glücklich und zufrieden mit sich selbst sey.

Eilftes Kapitel.

Absonderung der bloßen sympathetischen Aneignung und Mitempfindung, so wie der wonnevollen Beschauung des fremden Glücks, von dem liebenden Affekte.

Liebe setzt nothwendig die Ueberzeugung von der Selbstzufriedenheit eines andern Menschen, als endlichen Grund unsers wonnevollen Strebens nach der Beförderung seines Glücks zum Voraus. Wer also muntere, heitere, selbstzufriedene Menschen in der Absicht aufsucht, von ihrer Freude angesteckt zu werden, sich durch die Form des Frohsinns zur Freude einladen zu lassen; der betrachtet andere Menschen bloß als Mittel, als Instrumente, als Gaukler; der handelt ganz eigennützig. Dieß ist schon im ersten Buche bemerkt worden.

Wer aber auch diese Absicht, sich fremde Wonne zuzueignen, nicht hegt, aber ihren Frohsinn, ihre Selbstgenügsamkeit,

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[302/0302] seiner Würdigkeit in voller Maße einernte; so empfinde ich die Wonne der Verehrung wie eine bloße Beschauung. So staunen die meisten Menschen einen Cato oder Regulus an! Hieraus ergiebt sich nun, in wie fern Achtung mit Liebe zusammengehe, und in wie fern nicht. Unterwürfigkeit ist nie Liebe: das Werth für sich halten, ist nie Liebe: hingegen können Schätzung und Verehrung alsdann Liebe seyn, wenn wir sie mit dem wonnevollen Bestreben einnehmen, daß der Mensch durch den allgemeinen schätzbaren Werth, den er an sich trägt, und durch seine innere Würde glücklich und zufrieden mit sich selbst sey. Eilftes Kapitel. Absonderung der bloßen sympathetischen Aneignung und Mitempfindung, so wie der wonnevollen Beschauung des fremden Glücks, von dem liebenden Affekte. Liebe setzt nothwendig die Ueberzeugung von der Selbstzufriedenheit eines andern Menschen, als endlichen Grund unsers wonnevollen Strebens nach der Beförderung seines Glücks zum Voraus. Wer also muntere, heitere, selbstzufriedene Menschen in der Absicht aufsucht, von ihrer Freude angesteckt zu werden, sich durch die Form des Frohsinns zur Freude einladen zu lassen; der betrachtet andere Menschen bloß als Mittel, als Instrumente, als Gaukler; der handelt ganz eigennützig. Dieß ist schon im ersten Buche bemerkt worden. Wer aber auch diese Absicht, sich fremde Wonne zuzueignen, nicht hegt, aber ihren Frohsinn, ihre Selbstgenügsamkeit,

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Zitationshilfe: Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Erster Theil: Naturkunde der Liebe. Leipzig, 1798, S. 302. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus01_1798/302>, abgerufen am 22.11.2024.