Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Erster Theil: Naturkunde der Liebe. Leipzig, 1798.Lebenskraft zwar erhöhet, indem wir uns dadurch behaglicher und bequemer fühlen, aber daß wir dieses Genusses zu dem Ruhestande des Lebens allenfalls entbehren können; daß hingegen die wollüstige Stillung des Appetits für die Bedürfnisse unserer Animalität beynahe unentbehrlich scheint; so wird man den Unterschied zwischen den wollüstigen Gefühlen, die das Auge, die Tastungsorgane und der Gaumen einnehmen, noch auffallender finden. Es bleibt mir hier noch übrig, zu sagen, wie die drey eben angegebenen Verhältnisse, in welche mein Körper zu andern Körpern kommen kann, nicht bloß durch das Mittel der Augen, der Tastungsorgane und des Gaumens entstehen. Nein! alle unsre Sinne nähern sich bald mehr, bald weniger, den angezeigten, und jedes Organ kann zur Annäherung aus der Ferne, zur Berührung und zum Einziehen äußerer Körper, auf gewisse Weise genutzt werden, dadurch drey verschiedene Modificationen unserer Sinnlichkeit erwecken, und sie durch die dreyfachen Wollustgefühle der Ergetzung, des wohlbehagenden Anschmiegens, und des gierigen Verzehrens befriedigen. Das Organ des Geschmacks kann kosten, schlürfen, schlingen; - die Tastungsorgane können austasten, streicheln, einfassen; - das Auge kann anblicken, blinzeln, gieren. - Und eben so können alle übrigen Organe nach der Art, wie sie sich mit den Körpern außer ihnen ins Verhältniß setzen, verschieden afficirt werden. Lebenskraft zwar erhöhet, indem wir uns dadurch behaglicher und bequemer fühlen, aber daß wir dieses Genusses zu dem Ruhestande des Lebens allenfalls entbehren können; daß hingegen die wollüstige Stillung des Appetits für die Bedürfnisse unserer Animalität beynahe unentbehrlich scheint; so wird man den Unterschied zwischen den wollüstigen Gefühlen, die das Auge, die Tastungsorgane und der Gaumen einnehmen, noch auffallender finden. Es bleibt mir hier noch übrig, zu sagen, wie die drey eben angegebenen Verhältnisse, in welche mein Körper zu andern Körpern kommen kann, nicht bloß durch das Mittel der Augen, der Tastungsorgane und des Gaumens entstehen. Nein! alle unsre Sinne nähern sich bald mehr, bald weniger, den angezeigten, und jedes Organ kann zur Annäherung aus der Ferne, zur Berührung und zum Einziehen äußerer Körper, auf gewisse Weise genutzt werden, dadurch drey verschiedene Modificationen unserer Sinnlichkeit erwecken, und sie durch die dreyfachen Wollustgefühle der Ergetzung, des wohlbehagenden Anschmiegens, und des gierigen Verzehrens befriedigen. Das Organ des Geschmacks kann kosten, schlürfen, schlingen; – die Tastungsorgane können austasten, streicheln, einfassen; – das Auge kann anblicken, blinzeln, gieren. – Und eben so können alle übrigen Organe nach der Art, wie sie sich mit den Körpern außer ihnen ins Verhältniß setzen, verschieden afficirt werden. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0032" n="32"/> Lebenskraft zwar erhöhet, indem wir uns dadurch behaglicher und bequemer fühlen, aber daß wir dieses Genusses zu dem Ruhestande des Lebens allenfalls entbehren können; daß hingegen die wollüstige Stillung des Appetits für die Bedürfnisse unserer Animalität beynahe unentbehrlich scheint; so wird man den Unterschied zwischen den wollüstigen Gefühlen, die das Auge, die Tastungsorgane und der Gaumen einnehmen, noch auffallender finden.</p> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p>Es bleibt mir hier noch übrig, zu sagen, wie die drey eben angegebenen Verhältnisse, in welche mein Körper zu andern Körpern kommen kann, nicht bloß durch das Mittel der Augen, der Tastungsorgane und des Gaumens entstehen. Nein! alle unsre Sinne nähern sich bald mehr, bald weniger, den angezeigten, und jedes Organ kann zur Annäherung aus der Ferne, zur Berührung und zum Einziehen äußerer Körper, auf gewisse Weise genutzt werden, dadurch drey verschiedene Modificationen unserer Sinnlichkeit erwecken, und sie durch die dreyfachen Wollustgefühle der Ergetzung, des wohlbehagenden Anschmiegens, und des gierigen Verzehrens befriedigen. Das Organ des Geschmacks kann kosten, schlürfen, schlingen; – die Tastungsorgane können austasten, streicheln, einfassen; – das Auge kann anblicken, blinzeln, gieren. – Und eben so können alle übrigen Organe nach der Art, wie sie sich mit den Körpern außer ihnen ins Verhältniß setzen, verschieden afficirt werden.</p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [32/0032]
Lebenskraft zwar erhöhet, indem wir uns dadurch behaglicher und bequemer fühlen, aber daß wir dieses Genusses zu dem Ruhestande des Lebens allenfalls entbehren können; daß hingegen die wollüstige Stillung des Appetits für die Bedürfnisse unserer Animalität beynahe unentbehrlich scheint; so wird man den Unterschied zwischen den wollüstigen Gefühlen, die das Auge, die Tastungsorgane und der Gaumen einnehmen, noch auffallender finden.
Es bleibt mir hier noch übrig, zu sagen, wie die drey eben angegebenen Verhältnisse, in welche mein Körper zu andern Körpern kommen kann, nicht bloß durch das Mittel der Augen, der Tastungsorgane und des Gaumens entstehen. Nein! alle unsre Sinne nähern sich bald mehr, bald weniger, den angezeigten, und jedes Organ kann zur Annäherung aus der Ferne, zur Berührung und zum Einziehen äußerer Körper, auf gewisse Weise genutzt werden, dadurch drey verschiedene Modificationen unserer Sinnlichkeit erwecken, und sie durch die dreyfachen Wollustgefühle der Ergetzung, des wohlbehagenden Anschmiegens, und des gierigen Verzehrens befriedigen. Das Organ des Geschmacks kann kosten, schlürfen, schlingen; – die Tastungsorgane können austasten, streicheln, einfassen; – das Auge kann anblicken, blinzeln, gieren. – Und eben so können alle übrigen Organe nach der Art, wie sie sich mit den Körpern außer ihnen ins Verhältniß setzen, verschieden afficirt werden.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax.
(2012-11-20T10:30:31Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2012-11-20T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat.
(2012-11-20T10:30:31Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |