Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Erster Theil: Naturkunde der Liebe. Leipzig, 1798.dieser Wechsel überhaupt vorhanden ist, ohne daß wir an den Gebrauch denken, den wir davon machen können? Oder jene andere, daß wir wenigstens mit und neben ihm existieren, und einen Zustand mit ihm theilen? Gewiß! keines von beyden! Das Daseyn des Wechsels hat an sich keinen Werth für uns: sein Zustand hat nicht die geringste Aehnlichkeit mit dem unsrigen. Bloß die Vorstellung, daß er gebraucht werden könne, um sich das repräsentative Zeichen aller Erwerbmittel, das bare Geld, und durch dieß eine Menge von unbestimmten Genüssen zu verschaffen, giebt ihm einigen Werth in unsern Augen. Denn sollte es sich ausweisen, daß kein Geld dafür ausgezahlt zu erhalten wäre; so würden wir seiner Vernichtung mit Gleichgültigkeit zusehen. Wir beziehen ihn also deutlich auf einen bestimmten Trieb in uns, und zwar als ein bloßes Mittel, diesen Trieb zu befördern. Aber wie? Wird der Geitzige wohl zur Wonne gereitzt werden können, wenn er diesen gefundenen Wechsel sogleich an seinen wahren Eigenthümer abgeben muß? Unstreitig nicht. Er wird nur durch die Vorstellung, daß dieser Gegenstand ein Mittel sey, ihm in seinen persönlichen Zwecken zu helfen, zur lebhaften Freude aufgefordert werden. Nur die Idee des Besitzes, des Gebrauchs für sich selbst, der Zueignung, kann ihn beglücken. Also liegt der erste Charakter der Wonne des Eigennutzes darin, daß das Verhältniß, worin wir uns mit einem Gegenstande außer uns setzen, nur in so fern angenehm seyn kann, als wir uns in seinem Besitze als in dem eines Mittels fühlen, unsere anderweiten persönlichen Bestrebungen und Zwecke zu befördern. Das dieser Wechsel überhaupt vorhanden ist, ohne daß wir an den Gebrauch denken, den wir davon machen können? Oder jene andere, daß wir wenigstens mit und neben ihm existieren, und einen Zustand mit ihm theilen? Gewiß! keines von beyden! Das Daseyn des Wechsels hat an sich keinen Werth für uns: sein Zustand hat nicht die geringste Aehnlichkeit mit dem unsrigen. Bloß die Vorstellung, daß er gebraucht werden könne, um sich das repräsentative Zeichen aller Erwerbmittel, das bare Geld, und durch dieß eine Menge von unbestimmten Genüssen zu verschaffen, giebt ihm einigen Werth in unsern Augen. Denn sollte es sich ausweisen, daß kein Geld dafür ausgezahlt zu erhalten wäre; so würden wir seiner Vernichtung mit Gleichgültigkeit zusehen. Wir beziehen ihn also deutlich auf einen bestimmten Trieb in uns, und zwar als ein bloßes Mittel, diesen Trieb zu befördern. Aber wie? Wird der Geitzige wohl zur Wonne gereitzt werden können, wenn er diesen gefundenen Wechsel sogleich an seinen wahren Eigenthümer abgeben muß? Unstreitig nicht. Er wird nur durch die Vorstellung, daß dieser Gegenstand ein Mittel sey, ihm in seinen persönlichen Zwecken zu helfen, zur lebhaften Freude aufgefordert werden. Nur die Idee des Besitzes, des Gebrauchs für sich selbst, der Zueignung, kann ihn beglücken. Also liegt der erste Charakter der Wonne des Eigennutzes darin, daß das Verhältniß, worin wir uns mit einem Gegenstande außer uns setzen, nur in so fern angenehm seyn kann, als wir uns in seinem Besitze als in dem eines Mittels fühlen, unsere anderweiten persönlichen Bestrebungen und Zwecke zu befördern. Das <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0040" n="40"/> dieser Wechsel überhaupt vorhanden ist, ohne daß wir an den Gebrauch denken, den wir davon machen können? Oder jene andere, daß wir wenigstens mit und neben ihm existieren, und einen Zustand mit ihm theilen? Gewiß! keines von beyden! Das Daseyn des Wechsels hat an sich keinen Werth für uns: sein Zustand hat nicht die geringste Aehnlichkeit mit dem unsrigen. Bloß die Vorstellung, daß er gebraucht werden könne, um sich das repräsentative Zeichen aller Erwerbmittel, das bare Geld, und durch dieß eine Menge von unbestimmten Genüssen zu verschaffen, giebt ihm einigen Werth in unsern Augen. Denn sollte es sich ausweisen, daß kein Geld dafür ausgezahlt zu erhalten wäre; so würden wir seiner Vernichtung mit Gleichgültigkeit zusehen. Wir beziehen ihn also deutlich auf einen bestimmten Trieb in uns, und zwar als ein bloßes Mittel, diesen Trieb zu befördern.</p> <p>Aber wie? Wird der Geitzige wohl zur Wonne gereitzt werden können, wenn er diesen gefundenen Wechsel sogleich an seinen wahren Eigenthümer abgeben muß? Unstreitig nicht. Er wird nur durch die Vorstellung, daß dieser Gegenstand ein Mittel sey, ihm in seinen persönlichen Zwecken zu helfen, zur lebhaften Freude aufgefordert werden. Nur die Idee des Besitzes, des Gebrauchs für sich selbst, der Zueignung, kann ihn beglücken.</p> <p>Also liegt der erste Charakter der Wonne des Eigennutzes darin, daß das Verhältniß, worin wir uns mit einem Gegenstande außer uns setzen, nur in so fern angenehm seyn kann, als wir uns in seinem Besitze als in dem eines Mittels fühlen, unsere anderweiten persönlichen Bestrebungen und Zwecke zu befördern. Das </p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [40/0040]
dieser Wechsel überhaupt vorhanden ist, ohne daß wir an den Gebrauch denken, den wir davon machen können? Oder jene andere, daß wir wenigstens mit und neben ihm existieren, und einen Zustand mit ihm theilen? Gewiß! keines von beyden! Das Daseyn des Wechsels hat an sich keinen Werth für uns: sein Zustand hat nicht die geringste Aehnlichkeit mit dem unsrigen. Bloß die Vorstellung, daß er gebraucht werden könne, um sich das repräsentative Zeichen aller Erwerbmittel, das bare Geld, und durch dieß eine Menge von unbestimmten Genüssen zu verschaffen, giebt ihm einigen Werth in unsern Augen. Denn sollte es sich ausweisen, daß kein Geld dafür ausgezahlt zu erhalten wäre; so würden wir seiner Vernichtung mit Gleichgültigkeit zusehen. Wir beziehen ihn also deutlich auf einen bestimmten Trieb in uns, und zwar als ein bloßes Mittel, diesen Trieb zu befördern.
Aber wie? Wird der Geitzige wohl zur Wonne gereitzt werden können, wenn er diesen gefundenen Wechsel sogleich an seinen wahren Eigenthümer abgeben muß? Unstreitig nicht. Er wird nur durch die Vorstellung, daß dieser Gegenstand ein Mittel sey, ihm in seinen persönlichen Zwecken zu helfen, zur lebhaften Freude aufgefordert werden. Nur die Idee des Besitzes, des Gebrauchs für sich selbst, der Zueignung, kann ihn beglücken.
Also liegt der erste Charakter der Wonne des Eigennutzes darin, daß das Verhältniß, worin wir uns mit einem Gegenstande außer uns setzen, nur in so fern angenehm seyn kann, als wir uns in seinem Besitze als in dem eines Mittels fühlen, unsere anderweiten persönlichen Bestrebungen und Zwecke zu befördern. Das
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