Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Zweyter Theil: Aesthetik der Liebe. Leipzig, 1798.Ich glaube nicht! Ich habe nirgends eine vollständige Sittenlehre der Liebe versprochen. Ich habe eine Abhandlung über die Veredlung und Verschönerung der Liebe angekündigt, und diese hoffe ich zu liefern. Wenn man darunter etwas gesucht hat, was man nach bestimmten Begriffen von demjenigen, was Edel und Schön ist, zu erwarten nicht berechtigt war, so ist dieß nicht meine Schuld. Allein wer einmahl gelernt hat, die Gesetze des Verstandes und der Vernunft auf den Beschauungshang anzuwenden, dem kann es nicht schwer fallen, auch die übrigen Verhältnisse darunter zu bringen, in welche der Mensch zu den Gegenständen, die ihn auf andre Art reitzen, zu stehen kommt. Unstreitig ist diejenige Anwendung jener Gesetze auf das Verhalten des Menschen, die ich versucht habe, die schwerste unter allen. Die Aesthetik steht aber auch mit der Moral, mit der Politik, mit der Anstands- und Klugheitslehre in sehr genauer Verbindung. Sie hütet sich nicht allein, die Vorschriften dieser Lehren zu beleidigen, damit die Wonne an der Beschauung nicht gestört werde; sie Ich glaube nicht! Ich habe nirgends eine vollständige Sittenlehre der Liebe versprochen. Ich habe eine Abhandlung über die Veredlung und Verschönerung der Liebe angekündigt, und diese hoffe ich zu liefern. Wenn man darunter etwas gesucht hat, was man nach bestimmten Begriffen von demjenigen, was Edel und Schön ist, zu erwarten nicht berechtigt war, so ist dieß nicht meine Schuld. Allein wer einmahl gelernt hat, die Gesetze des Verstandes und der Vernunft auf den Beschauungshang anzuwenden, dem kann es nicht schwer fallen, auch die übrigen Verhältnisse darunter zu bringen, in welche der Mensch zu den Gegenständen, die ihn auf andre Art reitzen, zu stehen kommt. Unstreitig ist diejenige Anwendung jener Gesetze auf das Verhalten des Menschen, die ich versucht habe, die schwerste unter allen. Die Aesthetik steht aber auch mit der Moral, mit der Politik, mit der Anstands- und Klugheitslehre in sehr genauer Verbindung. Sie hütet sich nicht allein, die Vorschriften dieser Lehren zu beleidigen, damit die Wonne an der Beschauung nicht gestört werde; sie <TEI> <text> <front> <div type="preface" n="1"> <p><pb facs="#f0011" n="11"/> Ich glaube nicht! Ich habe nirgends eine vollständige Sittenlehre der Liebe versprochen. Ich habe eine Abhandlung über die Veredlung und Verschönerung der Liebe angekündigt, und diese hoffe ich zu liefern. Wenn man darunter etwas gesucht hat, was man nach bestimmten Begriffen von demjenigen, was Edel und Schön ist, zu erwarten nicht berechtigt war, so ist dieß nicht meine Schuld.</p> <p>Allein wer einmahl gelernt hat, die Gesetze des Verstandes und der Vernunft auf den Beschauungshang anzuwenden, dem kann es nicht schwer fallen, auch die übrigen Verhältnisse darunter zu bringen, in welche der Mensch zu den Gegenständen, die ihn auf andre Art reitzen, zu stehen kommt. Unstreitig ist diejenige Anwendung jener Gesetze auf das Verhalten des Menschen, die ich versucht habe, die schwerste unter allen. Die Aesthetik steht aber auch mit der Moral, mit der Politik, mit der Anstands- und Klugheitslehre in sehr genauer Verbindung. Sie hütet sich nicht allein, die Vorschriften dieser Lehren zu beleidigen, damit die Wonne an der Beschauung nicht gestört werde; sie </p> </div> </front> </text> </TEI> [11/0011]
Ich glaube nicht! Ich habe nirgends eine vollständige Sittenlehre der Liebe versprochen. Ich habe eine Abhandlung über die Veredlung und Verschönerung der Liebe angekündigt, und diese hoffe ich zu liefern. Wenn man darunter etwas gesucht hat, was man nach bestimmten Begriffen von demjenigen, was Edel und Schön ist, zu erwarten nicht berechtigt war, so ist dieß nicht meine Schuld.
Allein wer einmahl gelernt hat, die Gesetze des Verstandes und der Vernunft auf den Beschauungshang anzuwenden, dem kann es nicht schwer fallen, auch die übrigen Verhältnisse darunter zu bringen, in welche der Mensch zu den Gegenständen, die ihn auf andre Art reitzen, zu stehen kommt. Unstreitig ist diejenige Anwendung jener Gesetze auf das Verhalten des Menschen, die ich versucht habe, die schwerste unter allen. Die Aesthetik steht aber auch mit der Moral, mit der Politik, mit der Anstands- und Klugheitslehre in sehr genauer Verbindung. Sie hütet sich nicht allein, die Vorschriften dieser Lehren zu beleidigen, damit die Wonne an der Beschauung nicht gestört werde; sie
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax.
(2012-11-20T10:30:31Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2012-11-20T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat.
(2012-11-20T10:30:31Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |