Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Zweyter Theil: Aesthetik der Liebe. Leipzig, 1798.Man denke sich nun einen Mann, der so, wie er ins Zimmer tritt, durch das Tragen seines Körpers, durch seinen Gang, durch seine Stellung, durch seinen Ausdruck in Geberden und Worten, durch seine Aufmerksamkeiten und Dienstleistungen, jedem sogleich ankündigt, ich achte und liebe euch als Menschen und als Personen, so weit ich diese kenne: ich achte mich aber auch selbst, als Mensch und als Person, so weit ihr diese kennen könnt; man denke sich, daß der Mann dieß nicht bloß als eine Rolle treibt, daß er zusammenhängend, bestimmt in jede seiner geselligen Aeußerungen den Ausdruck dieses Charakters legt; und nun frage ich, ob wohl der roheste Zirkel unbärtiger Knaben, oder die steifeste Zusammenkunft abgelebter Greise und Matronen, das Wahre und Tüchtige eines solchen urbanen Mannes verkennen werden? Gewiß nicht! und sollten sie ihn verkennen, so wird die weisere und bessere Classe der Menschen in allen Jahrhunderten ihn dennoch für wahr und zweckmäßig im weitern geselligen Umgange halten. Diese auffallende Uebereinstimmung der Urbanität mit den Gesetzen des Verstandes und der Vernunft kann nun an sich bereits den Beschauungshang zur Wonne am Vollkommnen in seiner Art reitzen. Mit diesem Gefühle ist das Edele und Schöne in der Urbanität oft verbunden, oft aber noch von ihm verschieden. Beywerke, Stellung, Geberden, Ausrede, Wahl der Worte, u. s. w. können auf einen seltenen Geist, hohe Geburt und Stand, großes Vermögen, ausgezeichnete Schicksale, Tugenden und andere geistige Vorzüge des urbanen Mannes schließen lassen, und dadurch Bilder Man denke sich nun einen Mann, der so, wie er ins Zimmer tritt, durch das Tragen seines Körpers, durch seinen Gang, durch seine Stellung, durch seinen Ausdruck in Geberden und Worten, durch seine Aufmerksamkeiten und Dienstleistungen, jedem sogleich ankündigt, ich achte und liebe euch als Menschen und als Personen, so weit ich diese kenne: ich achte mich aber auch selbst, als Mensch und als Person, so weit ihr diese kennen könnt; man denke sich, daß der Mann dieß nicht bloß als eine Rolle treibt, daß er zusammenhängend, bestimmt in jede seiner geselligen Aeußerungen den Ausdruck dieses Charakters legt; und nun frage ich, ob wohl der roheste Zirkel unbärtiger Knaben, oder die steifeste Zusammenkunft abgelebter Greise und Matronen, das Wahre und Tüchtige eines solchen urbanen Mannes verkennen werden? Gewiß nicht! und sollten sie ihn verkennen, so wird die weisere und bessere Classe der Menschen in allen Jahrhunderten ihn dennoch für wahr und zweckmäßig im weitern geselligen Umgange halten. Diese auffallende Uebereinstimmung der Urbanität mit den Gesetzen des Verstandes und der Vernunft kann nun an sich bereits den Beschauungshang zur Wonne am Vollkommnen in seiner Art reitzen. Mit diesem Gefühle ist das Edele und Schöne in der Urbanität oft verbunden, oft aber noch von ihm verschieden. Beywerke, Stellung, Geberden, Ausrede, Wahl der Worte, u. s. w. können auf einen seltenen Geist, hohe Geburt und Stand, großes Vermögen, ausgezeichnete Schicksale, Tugenden und andere geistige Vorzüge des urbanen Mannes schließen lassen, und dadurch Bilder <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0225" n="225"/> <p>Man denke sich nun einen Mann, der so, wie er ins Zimmer tritt, durch das Tragen seines Körpers, durch seinen Gang, durch seine Stellung, durch seinen Ausdruck in Geberden und Worten, durch seine Aufmerksamkeiten und Dienstleistungen, jedem sogleich ankündigt, ich achte und liebe euch als Menschen und als Personen, so weit ich diese kenne: ich achte mich aber auch selbst, als Mensch und als Person, so weit ihr diese kennen könnt; man denke sich, daß der Mann dieß nicht bloß als eine Rolle treibt, daß er zusammenhängend, bestimmt in jede seiner geselligen Aeußerungen den Ausdruck dieses Charakters legt; und nun frage ich, ob wohl der roheste Zirkel unbärtiger Knaben, oder die steifeste Zusammenkunft abgelebter Greise und Matronen, das Wahre und Tüchtige eines solchen urbanen Mannes verkennen werden? 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Man denke sich nun einen Mann, der so, wie er ins Zimmer tritt, durch das Tragen seines Körpers, durch seinen Gang, durch seine Stellung, durch seinen Ausdruck in Geberden und Worten, durch seine Aufmerksamkeiten und Dienstleistungen, jedem sogleich ankündigt, ich achte und liebe euch als Menschen und als Personen, so weit ich diese kenne: ich achte mich aber auch selbst, als Mensch und als Person, so weit ihr diese kennen könnt; man denke sich, daß der Mann dieß nicht bloß als eine Rolle treibt, daß er zusammenhängend, bestimmt in jede seiner geselligen Aeußerungen den Ausdruck dieses Charakters legt; und nun frage ich, ob wohl der roheste Zirkel unbärtiger Knaben, oder die steifeste Zusammenkunft abgelebter Greise und Matronen, das Wahre und Tüchtige eines solchen urbanen Mannes verkennen werden? Gewiß nicht! und sollten sie ihn verkennen, so wird die weisere und bessere Classe der Menschen in allen Jahrhunderten ihn dennoch für wahr und zweckmäßig im weitern geselligen Umgange halten.
Diese auffallende Uebereinstimmung der Urbanität mit den Gesetzen des Verstandes und der Vernunft kann nun an sich bereits den Beschauungshang zur Wonne am Vollkommnen in seiner Art reitzen. Mit diesem Gefühle ist das Edele und Schöne in der Urbanität oft verbunden, oft aber noch von ihm verschieden.
Beywerke, Stellung, Geberden, Ausrede, Wahl der Worte, u. s. w. können auf einen seltenen Geist, hohe Geburt und Stand, großes Vermögen, ausgezeichnete Schicksale, Tugenden und andere geistige Vorzüge des urbanen Mannes schließen lassen, und dadurch Bilder
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