Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Zweyter Theil: Aesthetik der Liebe. Leipzig, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite

Du, den das Schicksal ohne dein Verschulden länger in dieser gespannten Bestrebung erhält, such ihr eine edle und schöne Richtung zu geben! Fühle dich dadurch gestärkter zu großen Gesinnungen und Thaten, erweichter für die Eindrücke allgemeiner Menschenliebe! Laß die Welt um dich her in schönerer Gestalt erscheinen, laß jedes deiner Werke, deiner Worte, deiner Handlungen von dem Geiste athmen, den nur die Liebe zu einem edlen Gegenstande, und der Wunsch seiner würdig zu seyn, ihnen einhauchen kann. Dann wirst du dich mit Rousseau über dein niedriges Selbst heben; dann wirst du mit Petrarca in den Blüthen der Bäume Liebesgötter flattern, in deiner Geliebten das Ideal weiblicher Sittlichkeit und Anmuth sehen, und mit Plato, Raphael und Milton dich zu dem Urbilde der Schönheit hinauf schwingen! Dein Beyspiel wird die Geliebte zur Tugend entflammen, und zu einer Zeit, worin sie noch nicht das Glück der Liebe mit dir theilt, wirst du bereits durch die erweckten Gefühle der Achtung und Nacheiferung ihr ein hohes Gut und einen süßen Genuß bereiten.

Drittes Kapitel.

Erstes Ausfinden der Gegenliebe.

Herder sagt: den höchsten Grad der Entzückung in der Liebe suche ich in dem ersten glücklichen Finden, in dem über alle Beschreibung glücklichen Augenblicke, in dem die Geliebten gewahr werden, daß sie sich lieben!

Freylich ein hoher Grad der Entzückung, ein ewig merkwürdiger Augenblick! Aber warum der höchste Grad,

Du, den das Schicksal ohne dein Verschulden länger in dieser gespannten Bestrebung erhält, such ihr eine edle und schöne Richtung zu geben! Fühle dich dadurch gestärkter zu großen Gesinnungen und Thaten, erweichter für die Eindrücke allgemeiner Menschenliebe! Laß die Welt um dich her in schönerer Gestalt erscheinen, laß jedes deiner Werke, deiner Worte, deiner Handlungen von dem Geiste athmen, den nur die Liebe zu einem edlen Gegenstande, und der Wunsch seiner würdig zu seyn, ihnen einhauchen kann. Dann wirst du dich mit Rousseau über dein niedriges Selbst heben; dann wirst du mit Petrarca in den Blüthen der Bäume Liebesgötter flattern, in deiner Geliebten das Ideal weiblicher Sittlichkeit und Anmuth sehen, und mit Plato, Raphael und Milton dich zu dem Urbilde der Schönheit hinauf schwingen! Dein Beyspiel wird die Geliebte zur Tugend entflammen, und zu einer Zeit, worin sie noch nicht das Glück der Liebe mit dir theilt, wirst du bereits durch die erweckten Gefühle der Achtung und Nacheiferung ihr ein hohes Gut und einen süßen Genuß bereiten.

Drittes Kapitel.

Erstes Ausfinden der Gegenliebe.

Herder sagt: den höchsten Grad der Entzückung in der Liebe suche ich in dem ersten glücklichen Finden, in dem über alle Beschreibung glücklichen Augenblicke, in dem die Geliebten gewahr werden, daß sie sich lieben!

Freylich ein hoher Grad der Entzückung, ein ewig merkwürdiger Augenblick! Aber warum der höchste Grad,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0263" n="263"/>
          <p>Du, den das Schicksal ohne dein Verschulden länger in dieser gespannten Bestrebung erhält, such ihr eine edle und schöne Richtung zu geben! Fühle dich dadurch gestärkter zu großen Gesinnungen und Thaten, erweichter für die Eindrücke allgemeiner Menschenliebe! Laß die Welt um dich her in schönerer Gestalt erscheinen, laß jedes deiner Werke, deiner Worte, deiner Handlungen von dem Geiste athmen, den nur die Liebe zu einem edlen Gegenstande, und der Wunsch seiner würdig zu seyn, ihnen einhauchen kann. Dann wirst du dich mit Rousseau über dein niedriges Selbst heben; dann wirst du mit Petrarca in den Blüthen der Bäume Liebesgötter flattern, in deiner Geliebten das Ideal weiblicher Sittlichkeit und Anmuth sehen, und mit Plato, Raphael und Milton dich zu dem Urbilde der Schönheit hinauf schwingen! Dein Beyspiel wird die Geliebte zur Tugend entflammen, und zu einer Zeit, worin sie noch nicht das Glück der Liebe mit dir theilt, wirst du bereits durch die erweckten Gefühle der Achtung und Nacheiferung ihr ein hohes Gut und einen süßen Genuß bereiten.</p>
        </div>
        <div n="2">
          <head>Drittes Kapitel.<lb/></head>
          <argument>
            <p>Erstes Ausfinden der Gegenliebe.<lb/></p>
          </argument>
          <p>Herder sagt: den höchsten Grad der Entzückung in der Liebe suche ich in dem ersten glücklichen Finden, in dem über alle Beschreibung glücklichen Augenblicke, in dem die Geliebten gewahr werden, daß sie sich lieben!</p>
          <p>Freylich ein hoher Grad der Entzückung, ein ewig merkwürdiger Augenblick! Aber warum der höchste Grad,
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[263/0263] Du, den das Schicksal ohne dein Verschulden länger in dieser gespannten Bestrebung erhält, such ihr eine edle und schöne Richtung zu geben! Fühle dich dadurch gestärkter zu großen Gesinnungen und Thaten, erweichter für die Eindrücke allgemeiner Menschenliebe! Laß die Welt um dich her in schönerer Gestalt erscheinen, laß jedes deiner Werke, deiner Worte, deiner Handlungen von dem Geiste athmen, den nur die Liebe zu einem edlen Gegenstande, und der Wunsch seiner würdig zu seyn, ihnen einhauchen kann. Dann wirst du dich mit Rousseau über dein niedriges Selbst heben; dann wirst du mit Petrarca in den Blüthen der Bäume Liebesgötter flattern, in deiner Geliebten das Ideal weiblicher Sittlichkeit und Anmuth sehen, und mit Plato, Raphael und Milton dich zu dem Urbilde der Schönheit hinauf schwingen! Dein Beyspiel wird die Geliebte zur Tugend entflammen, und zu einer Zeit, worin sie noch nicht das Glück der Liebe mit dir theilt, wirst du bereits durch die erweckten Gefühle der Achtung und Nacheiferung ihr ein hohes Gut und einen süßen Genuß bereiten. Drittes Kapitel. Erstes Ausfinden der Gegenliebe. Herder sagt: den höchsten Grad der Entzückung in der Liebe suche ich in dem ersten glücklichen Finden, in dem über alle Beschreibung glücklichen Augenblicke, in dem die Geliebten gewahr werden, daß sie sich lieben! Freylich ein hoher Grad der Entzückung, ein ewig merkwürdiger Augenblick! Aber warum der höchste Grad,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-11-20T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-11-20T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-11-20T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Als Grundlage dienen die Wikisource:Editionsrichtlinien.
  • Der Seitenwechsel erfolgt bei Worttrennung nach dem gesamten Wort.
  • Geviertstriche (—) wurden durch Halbgeviertstriche ersetzt (–).
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als moderner Umlaut (ä, ö, ü) transkribiert.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus02_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus02_1798/263
Zitationshilfe: Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Zweyter Theil: Aesthetik der Liebe. Leipzig, 1798, S. 263. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus02_1798/263>, abgerufen am 22.11.2024.