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Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Zweyter Theil: Aesthetik der Liebe. Leipzig, 1798.

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würde, hält mit dem Bekenntnisse ihrer Gegenliebe zurück, um seiner Leidenschaft keine neue Nahrung zu geben. Sie wird reich, und der erste Gebrauch den sie von der Verbesserung ihrer Lage macht, ist der, dem Liebenden ihr Herz und ihre Hand anzubieten. Dieß Geständniß der Liebe ist wahr und zweckmäßig.

Louise hat lange heimlich geliebt, aber die Ueberzeugung, daß ihre Eltern ihre Empfindungen mißbilligen würden, hält ihre Aeußerungen zurück. Ihr Geliebter wird von seinem Nebenbuhler beleidigt; es geschieht vor ihren Augen, in Gegenwart ihrer Eltern und anderer angesehenen Personen. Die Entzweyeten wollen sich entfernen, um ihren Streit mit den Waffen zu endigen. Die Liebe bricht durch. Schont seines Lebens, ruft sie, das meinige hängt daran! Auch hier äußert sich die Liebe wahr und zweckmäßig.

Nehmt eine andere Liebende, die sich gleichfalls noch nicht erklärt hat, in eben der Abhängigkeit von äußern Verhältnissen steht! In ihrer Nachbarschaft, vor ihren Augen geräth ein Haus in Brand. Der untere Theil ist von der Flamme ergriffen, aus dem obern Stockwerke strecken Unglückliche ihre Arme nach Hülfe aus, und schreyen ängstlich um Rettung. Die Liebende sieht um sich her, ob sich kein Retter finde, und erblickt den Geliebten, der sich unaufgefordert durch die Flammen stürzt. Sie unterdrückt die Stimme, die ihn aufhalten könnte, aber eine Ohnmacht verkündigt ihre Besorgnisse. Als sie daraus erwacht, stellt ihr der edle Geliebte die geretteten Unglücklichen vor. Sie stürzt vor aller Augen an seinen Hals. Ich darf dich lieben, ruft sie; meine Liebe ist mein Stolz! So zeigt sich die Gegenliebe edel in ihrem Geständnisse!

würde, hält mit dem Bekenntnisse ihrer Gegenliebe zurück, um seiner Leidenschaft keine neue Nahrung zu geben. Sie wird reich, und der erste Gebrauch den sie von der Verbesserung ihrer Lage macht, ist der, dem Liebenden ihr Herz und ihre Hand anzubieten. Dieß Geständniß der Liebe ist wahr und zweckmäßig.

Louise hat lange heimlich geliebt, aber die Ueberzeugung, daß ihre Eltern ihre Empfindungen mißbilligen würden, hält ihre Aeußerungen zurück. Ihr Geliebter wird von seinem Nebenbuhler beleidigt; es geschieht vor ihren Augen, in Gegenwart ihrer Eltern und anderer angesehenen Personen. Die Entzweyeten wollen sich entfernen, um ihren Streit mit den Waffen zu endigen. Die Liebe bricht durch. Schont seines Lebens, ruft sie, das meinige hängt daran! Auch hier äußert sich die Liebe wahr und zweckmäßig.

Nehmt eine andere Liebende, die sich gleichfalls noch nicht erklärt hat, in eben der Abhängigkeit von äußern Verhältnissen steht! In ihrer Nachbarschaft, vor ihren Augen geräth ein Haus in Brand. Der untere Theil ist von der Flamme ergriffen, aus dem obern Stockwerke strecken Unglückliche ihre Arme nach Hülfe aus, und schreyen ängstlich um Rettung. Die Liebende sieht um sich her, ob sich kein Retter finde, und erblickt den Geliebten, der sich unaufgefordert durch die Flammen stürzt. Sie unterdrückt die Stimme, die ihn aufhalten könnte, aber eine Ohnmacht verkündigt ihre Besorgnisse. Als sie daraus erwacht, stellt ihr der edle Geliebte die geretteten Unglücklichen vor. Sie stürzt vor aller Augen an seinen Hals. Ich darf dich lieben, ruft sie; meine Liebe ist mein Stolz! So zeigt sich die Gegenliebe edel in ihrem Geständnisse!

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          <p>Louise hat lange heimlich geliebt, aber die Ueberzeugung, daß ihre Eltern ihre Empfindungen mißbilligen würden, hält ihre Aeußerungen zurück. Ihr Geliebter wird von seinem Nebenbuhler beleidigt; es geschieht vor ihren Augen, in Gegenwart ihrer Eltern und anderer angesehenen Personen. Die Entzweyeten wollen sich entfernen, um ihren Streit mit den Waffen zu endigen. Die Liebe bricht durch. Schont seines Lebens, ruft sie, das meinige hängt daran! Auch hier äußert sich die Liebe wahr und zweckmäßig.</p>
          <p>Nehmt eine andere Liebende, die sich gleichfalls noch nicht erklärt hat, in eben der Abhängigkeit von äußern Verhältnissen steht! In ihrer Nachbarschaft, vor ihren Augen geräth ein Haus in Brand. Der untere Theil ist von der Flamme ergriffen, aus dem obern Stockwerke strecken Unglückliche ihre Arme nach Hülfe aus, und schreyen ängstlich um Rettung. Die Liebende sieht um sich her, ob sich kein Retter finde, und erblickt den Geliebten, der sich unaufgefordert durch die Flammen stürzt. Sie unterdrückt die Stimme, die ihn aufhalten könnte, aber eine Ohnmacht verkündigt ihre Besorgnisse. Als sie daraus erwacht, stellt ihr der edle Geliebte die geretteten Unglücklichen vor. Sie stürzt vor aller Augen an seinen Hals. Ich darf dich lieben, ruft sie; meine Liebe ist mein Stolz! So zeigt sich die Gegenliebe edel in ihrem Geständnisse!</p>
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[266/0266] würde, hält mit dem Bekenntnisse ihrer Gegenliebe zurück, um seiner Leidenschaft keine neue Nahrung zu geben. Sie wird reich, und der erste Gebrauch den sie von der Verbesserung ihrer Lage macht, ist der, dem Liebenden ihr Herz und ihre Hand anzubieten. Dieß Geständniß der Liebe ist wahr und zweckmäßig. Louise hat lange heimlich geliebt, aber die Ueberzeugung, daß ihre Eltern ihre Empfindungen mißbilligen würden, hält ihre Aeußerungen zurück. Ihr Geliebter wird von seinem Nebenbuhler beleidigt; es geschieht vor ihren Augen, in Gegenwart ihrer Eltern und anderer angesehenen Personen. Die Entzweyeten wollen sich entfernen, um ihren Streit mit den Waffen zu endigen. Die Liebe bricht durch. Schont seines Lebens, ruft sie, das meinige hängt daran! Auch hier äußert sich die Liebe wahr und zweckmäßig. Nehmt eine andere Liebende, die sich gleichfalls noch nicht erklärt hat, in eben der Abhängigkeit von äußern Verhältnissen steht! In ihrer Nachbarschaft, vor ihren Augen geräth ein Haus in Brand. Der untere Theil ist von der Flamme ergriffen, aus dem obern Stockwerke strecken Unglückliche ihre Arme nach Hülfe aus, und schreyen ängstlich um Rettung. Die Liebende sieht um sich her, ob sich kein Retter finde, und erblickt den Geliebten, der sich unaufgefordert durch die Flammen stürzt. Sie unterdrückt die Stimme, die ihn aufhalten könnte, aber eine Ohnmacht verkündigt ihre Besorgnisse. Als sie daraus erwacht, stellt ihr der edle Geliebte die geretteten Unglücklichen vor. Sie stürzt vor aller Augen an seinen Hals. Ich darf dich lieben, ruft sie; meine Liebe ist mein Stolz! So zeigt sich die Gegenliebe edel in ihrem Geständnisse!

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Zitationshilfe: Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Zweyter Theil: Aesthetik der Liebe. Leipzig, 1798, S. 266. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus02_1798/266>, abgerufen am 22.11.2024.