Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Zweyter Theil: Aesthetik der Liebe. Leipzig, 1798.Achtes Kapitel. Genuß der Liebkosungen. Nein, ich vereinige sie wieder die Menschen, welche die Bestimmung, ihr Glück in der Zusammensetzung ihrer Personen zu fühlen, in möglichster Ausdehnung erfahren sollen. Ich befreye sie von allem Zwange, den nicht Schicksal oder Pflicht ihnen auflegen. Sie dürfen beysammen seyn, sie dürfen zusammen leben! die äußern Umstände erlauben es und ihr Gewissen! Ihre Freuden sind jetzt von doppelter Art: einige nimmt die Seele unmittelbar von der Seele hin: andere erhält sie mittelbar von den Körpern und den näheren und den entfernteren Verhältnissen der gepaarten Person! Worin liegt die Seligkeit jener Augenblicke, in denen die Rede schweigt, um das wechselseitige Gefühl glücklicher Liebe durch Liebkosung sprechen zu lassen? Worin die Wonne jener stummen Entzückung, wenn Liebende, fest von einander umschlungen, von einander durchathmet, in Blicken, Händedruck, Umarmung ihre innigste und grenzenloseste Vereinigung genießen! Sie liegt, wer wird es läugnen, zum Theil in jenem sympathetischen Reitze, den sich die Körper unmittelbar durch ihre Annäherung zuführen; sie liegt aber eben so sehr in der Wonne der Seele, die in dieser Mimik das Symbol des Strebens nach Einswerden erkennt. Der Sinn des Edeln und Schönen zieht dann oft aus diesen Liebkosungen neue, nur höheren und feineren Geistern sichtbare Freuden! Ueppigkeit, Lüsternheit, ist nicht Liebe! Welch ein Unterschied zwischen der lasciven Betastung und dem Achtes Kapitel. Genuß der Liebkosungen. Nein, ich vereinige sie wieder die Menschen, welche die Bestimmung, ihr Glück in der Zusammensetzung ihrer Personen zu fühlen, in möglichster Ausdehnung erfahren sollen. Ich befreye sie von allem Zwange, den nicht Schicksal oder Pflicht ihnen auflegen. Sie dürfen beysammen seyn, sie dürfen zusammen leben! die äußern Umstände erlauben es und ihr Gewissen! Ihre Freuden sind jetzt von doppelter Art: einige nimmt die Seele unmittelbar von der Seele hin: andere erhält sie mittelbar von den Körpern und den näheren und den entfernteren Verhältnissen der gepaarten Person! Worin liegt die Seligkeit jener Augenblicke, in denen die Rede schweigt, um das wechselseitige Gefühl glücklicher Liebe durch Liebkosung sprechen zu lassen? Worin die Wonne jener stummen Entzückung, wenn Liebende, fest von einander umschlungen, von einander durchathmet, in Blicken, Händedruck, Umarmung ihre innigste und grenzenloseste Vereinigung genießen! Sie liegt, wer wird es läugnen, zum Theil in jenem sympathetischen Reitze, den sich die Körper unmittelbar durch ihre Annäherung zuführen; sie liegt aber eben so sehr in der Wonne der Seele, die in dieser Mimik das Symbol des Strebens nach Einswerden erkennt. Der Sinn des Edeln und Schönen zieht dann oft aus diesen Liebkosungen neue, nur höheren und feineren Geistern sichtbare Freuden! Ueppigkeit, Lüsternheit, ist nicht Liebe! Welch ein Unterschied zwischen der lasciven Betastung und dem <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0284" n="284"/> <div n="2"> <head>Achtes Kapitel.<lb/></head> <argument> <p>Genuß der Liebkosungen.<lb/></p> </argument> <p>Nein, ich vereinige sie wieder die Menschen, welche die Bestimmung, ihr Glück in der Zusammensetzung ihrer Personen zu fühlen, in möglichster Ausdehnung erfahren sollen. Ich befreye sie von allem Zwange, den nicht Schicksal oder Pflicht ihnen auflegen. Sie dürfen beysammen seyn, sie dürfen zusammen leben! die äußern Umstände erlauben es und ihr Gewissen!</p> <p>Ihre Freuden sind jetzt von doppelter Art: einige nimmt die Seele unmittelbar von der Seele hin: andere erhält sie mittelbar von den Körpern und den näheren und den entfernteren Verhältnissen der gepaarten Person!</p> <p>Worin liegt die Seligkeit jener Augenblicke, in denen die Rede schweigt, um das wechselseitige Gefühl glücklicher Liebe durch Liebkosung sprechen zu lassen? Worin die Wonne jener stummen Entzückung, wenn Liebende, fest von einander umschlungen, von einander durchathmet, in Blicken, Händedruck, Umarmung ihre innigste und grenzenloseste Vereinigung genießen! Sie liegt, wer wird es läugnen, zum Theil in jenem sympathetischen Reitze, den sich die Körper unmittelbar durch ihre Annäherung zuführen; sie liegt aber eben so sehr in der Wonne der Seele, die in dieser Mimik das Symbol des Strebens nach Einswerden erkennt. Der Sinn des Edeln und Schönen zieht dann oft aus diesen Liebkosungen neue, nur höheren und feineren Geistern sichtbare Freuden!</p> <p>Ueppigkeit, Lüsternheit, ist nicht Liebe! Welch ein Unterschied zwischen der lasciven Betastung und dem </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [284/0284]
Achtes Kapitel.
Genuß der Liebkosungen.
Nein, ich vereinige sie wieder die Menschen, welche die Bestimmung, ihr Glück in der Zusammensetzung ihrer Personen zu fühlen, in möglichster Ausdehnung erfahren sollen. Ich befreye sie von allem Zwange, den nicht Schicksal oder Pflicht ihnen auflegen. Sie dürfen beysammen seyn, sie dürfen zusammen leben! die äußern Umstände erlauben es und ihr Gewissen!
Ihre Freuden sind jetzt von doppelter Art: einige nimmt die Seele unmittelbar von der Seele hin: andere erhält sie mittelbar von den Körpern und den näheren und den entfernteren Verhältnissen der gepaarten Person!
Worin liegt die Seligkeit jener Augenblicke, in denen die Rede schweigt, um das wechselseitige Gefühl glücklicher Liebe durch Liebkosung sprechen zu lassen? Worin die Wonne jener stummen Entzückung, wenn Liebende, fest von einander umschlungen, von einander durchathmet, in Blicken, Händedruck, Umarmung ihre innigste und grenzenloseste Vereinigung genießen! Sie liegt, wer wird es läugnen, zum Theil in jenem sympathetischen Reitze, den sich die Körper unmittelbar durch ihre Annäherung zuführen; sie liegt aber eben so sehr in der Wonne der Seele, die in dieser Mimik das Symbol des Strebens nach Einswerden erkennt. Der Sinn des Edeln und Schönen zieht dann oft aus diesen Liebkosungen neue, nur höheren und feineren Geistern sichtbare Freuden!
Ueppigkeit, Lüsternheit, ist nicht Liebe! Welch ein Unterschied zwischen der lasciven Betastung und dem
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax.
(2012-11-20T10:30:31Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2012-11-20T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat.
(2012-11-20T10:30:31Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |