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Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Zweyter Theil: Aesthetik der Liebe. Leipzig, 1798.

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Selbst in Augenblicken der Erschöpfung, nach der vollkommensten Befriedigung des unnennbaren Triebes, bleibt das Wonnegefühl: sie ist so schön, so reitzend! Selbst nach dem Tode, oder in den Armen des Nebenbuhlers gesehen, muß dieß Gefühl unsern Schmerz und unsern Grimm vermehren.

Zu den körperlichen Verhältnissen der gepaarten Person gehört auch das Beywerk womit sie erscheint: das Eigenthum, was zu den Bedürfnissen, der Bequemlichkeit, der Gesundheit, so wie zum Schmuck gehört. Der Anzug, der Putz, die Wohnung, die Geräthschaften, sind als Theile des Ganzen anzusehen, welches die beyden Liebenden in ihrer Vereinigung bilden.

Sie können schön durch sich selbst seyn, diese Nebenwerke, sie können es dadurch werden, daß sie die Schönheit des Körpers, den sie umringen, heben. Wie theuer aber werden sie uns dadurch, daß ihre Wahl und Einrichtung auf Geschmack, Erfindsamkeit, und ein feines Gefühl des Sittlichen und Anständigen in dem Besitzer schließen läßt! Wie sehr beleidigt dagegen der Mangel an Nettigkeit, Ordnung, Zweckmäßigkeit, Eleganz, in diesen Nebensachen, besonders bey dem zärteren Geschlechte, an welches wir wegen seines ihm einwohnenden Verschönerungstriebes, und seiner ihm angebornen Emsigkeit, doppelte Forderungen in dieser Rücksicht machen. Eine Frau, die kein Verhältniß in ihre Außenseite zu ihrer Lage und ihrem Charakter, keine Harmonie in das Ganze ihres Schmuckes zu bringen weiß, jeder Mode ohne Auswahl dessen, was sich für sie schickt und ihr kleidet, huldigt; eine solche Frau erweckt die größte Vermuthung wider sich, daß sie weder für Vollkommenheit und Schönheit, noch für Wahrheit und Zweckmäßigkeit

Selbst in Augenblicken der Erschöpfung, nach der vollkommensten Befriedigung des unnennbaren Triebes, bleibt das Wonnegefühl: sie ist so schön, so reitzend! Selbst nach dem Tode, oder in den Armen des Nebenbuhlers gesehen, muß dieß Gefühl unsern Schmerz und unsern Grimm vermehren.

Zu den körperlichen Verhältnissen der gepaarten Person gehört auch das Beywerk womit sie erscheint: das Eigenthum, was zu den Bedürfnissen, der Bequemlichkeit, der Gesundheit, so wie zum Schmuck gehört. Der Anzug, der Putz, die Wohnung, die Geräthschaften, sind als Theile des Ganzen anzusehen, welches die beyden Liebenden in ihrer Vereinigung bilden.

Sie können schön durch sich selbst seyn, diese Nebenwerke, sie können es dadurch werden, daß sie die Schönheit des Körpers, den sie umringen, heben. Wie theuer aber werden sie uns dadurch, daß ihre Wahl und Einrichtung auf Geschmack, Erfindsamkeit, und ein feines Gefühl des Sittlichen und Anständigen in dem Besitzer schließen läßt! Wie sehr beleidigt dagegen der Mangel an Nettigkeit, Ordnung, Zweckmäßigkeit, Eleganz, in diesen Nebensachen, besonders bey dem zärteren Geschlechte, an welches wir wegen seines ihm einwohnenden Verschönerungstriebes, und seiner ihm angebornen Emsigkeit, doppelte Forderungen in dieser Rücksicht machen. Eine Frau, die kein Verhältniß in ihre Außenseite zu ihrer Lage und ihrem Charakter, keine Harmonie in das Ganze ihres Schmuckes zu bringen weiß, jeder Mode ohne Auswahl dessen, was sich für sie schickt und ihr kleidet, huldigt; eine solche Frau erweckt die größte Vermuthung wider sich, daß sie weder für Vollkommenheit und Schönheit, noch für Wahrheit und Zweckmäßigkeit

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[299/0299] Selbst in Augenblicken der Erschöpfung, nach der vollkommensten Befriedigung des unnennbaren Triebes, bleibt das Wonnegefühl: sie ist so schön, so reitzend! Selbst nach dem Tode, oder in den Armen des Nebenbuhlers gesehen, muß dieß Gefühl unsern Schmerz und unsern Grimm vermehren. Zu den körperlichen Verhältnissen der gepaarten Person gehört auch das Beywerk womit sie erscheint: das Eigenthum, was zu den Bedürfnissen, der Bequemlichkeit, der Gesundheit, so wie zum Schmuck gehört. Der Anzug, der Putz, die Wohnung, die Geräthschaften, sind als Theile des Ganzen anzusehen, welches die beyden Liebenden in ihrer Vereinigung bilden. Sie können schön durch sich selbst seyn, diese Nebenwerke, sie können es dadurch werden, daß sie die Schönheit des Körpers, den sie umringen, heben. Wie theuer aber werden sie uns dadurch, daß ihre Wahl und Einrichtung auf Geschmack, Erfindsamkeit, und ein feines Gefühl des Sittlichen und Anständigen in dem Besitzer schließen läßt! Wie sehr beleidigt dagegen der Mangel an Nettigkeit, Ordnung, Zweckmäßigkeit, Eleganz, in diesen Nebensachen, besonders bey dem zärteren Geschlechte, an welches wir wegen seines ihm einwohnenden Verschönerungstriebes, und seiner ihm angebornen Emsigkeit, doppelte Forderungen in dieser Rücksicht machen. Eine Frau, die kein Verhältniß in ihre Außenseite zu ihrer Lage und ihrem Charakter, keine Harmonie in das Ganze ihres Schmuckes zu bringen weiß, jeder Mode ohne Auswahl dessen, was sich für sie schickt und ihr kleidet, huldigt; eine solche Frau erweckt die größte Vermuthung wider sich, daß sie weder für Vollkommenheit und Schönheit, noch für Wahrheit und Zweckmäßigkeit

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Zitationshilfe: Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Zweyter Theil: Aesthetik der Liebe. Leipzig, 1798, S. 299. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus02_1798/299>, abgerufen am 22.11.2024.