Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Zweyter Theil: Aesthetik der Liebe. Leipzig, 1798.seine Vernunft wiederkehrt, weiß er ihm durch verdoppelte Aeußerungen der Liebe ein heimliches Erröthen abzugewinnen, ohne ihn durch anmaßende Ueberführung seines Unrechts zu nöthigen, daß er der fehllosen Größe des Strafenden förmlich huldige! Es giebt eine Art, glückliche Verhältnisse mit einander zu theilen, die aller Pflicht dankbarer Erwiederung überhebt. Wir nehmen den Geliebten in unsern Wohlstand, in unser Ansehn auf, und lassen ihm fühlen, daß es eine Wohlthat sey. O wie schwer ist es, wirklich zu verbinden! Wie leicht erwecken wir selbst durch Aufopferungen das Gefühl, daß wir genug dadurch belohnt sind, uns ihrer rühmen zu können! Wie leicht treten wir jeder zärtlichen Empfindung dadurch in den Weg, daß wir Dankbarkeit erkaufen wollen! Ach! Alles was du giebst, gieb aus Liebe, mit einem Herzen, das nichts schätzbar findet, was es nicht mit dem Geliebten theilt, mit einem Herzen, das nichts schenken zu können, und bey dankbarer Erwiederung nicht einmahl vergelten zu können glaubt. Zwey und zwanzigstes Kapitel. Genuß der Leiden, die sich Liebende selbst bereiten. Die Liebe, sagt man, nährt sich von Thränen! Und wahr ist es, selten ist treue, edlere Liebe glücklich! Aber oft durch die Schuld der Liebenden. Sie schaffen sich selbst zum Theil die Leiden, die sie dulden; das sollten sie nicht thun! seine Vernunft wiederkehrt, weiß er ihm durch verdoppelte Aeußerungen der Liebe ein heimliches Erröthen abzugewinnen, ohne ihn durch anmaßende Ueberführung seines Unrechts zu nöthigen, daß er der fehllosen Größe des Strafenden förmlich huldige! Es giebt eine Art, glückliche Verhältnisse mit einander zu theilen, die aller Pflicht dankbarer Erwiederung überhebt. Wir nehmen den Geliebten in unsern Wohlstand, in unser Ansehn auf, und lassen ihm fühlen, daß es eine Wohlthat sey. O wie schwer ist es, wirklich zu verbinden! Wie leicht erwecken wir selbst durch Aufopferungen das Gefühl, daß wir genug dadurch belohnt sind, uns ihrer rühmen zu können! Wie leicht treten wir jeder zärtlichen Empfindung dadurch in den Weg, daß wir Dankbarkeit erkaufen wollen! Ach! Alles was du giebst, gieb aus Liebe, mit einem Herzen, das nichts schätzbar findet, was es nicht mit dem Geliebten theilt, mit einem Herzen, das nichts schenken zu können, und bey dankbarer Erwiederung nicht einmahl vergelten zu können glaubt. Zwey und zwanzigstes Kapitel. Genuß der Leiden, die sich Liebende selbst bereiten. Die Liebe, sagt man, nährt sich von Thränen! Und wahr ist es, selten ist treue, edlere Liebe glücklich! Aber oft durch die Schuld der Liebenden. Sie schaffen sich selbst zum Theil die Leiden, die sie dulden; das sollten sie nicht thun! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0329" n="329"/> seine Vernunft wiederkehrt, weiß er ihm durch verdoppelte Aeußerungen der Liebe ein heimliches Erröthen abzugewinnen, ohne ihn durch anmaßende Ueberführung seines Unrechts zu nöthigen, daß er der fehllosen Größe des Strafenden förmlich huldige!</p> <p>Es giebt eine Art, glückliche Verhältnisse mit einander zu theilen, die aller Pflicht dankbarer Erwiederung überhebt. Wir nehmen den Geliebten in unsern Wohlstand, in unser Ansehn auf, und lassen ihm fühlen, daß es eine Wohlthat sey. O wie schwer ist es, wirklich zu verbinden! Wie leicht erwecken wir selbst durch Aufopferungen das Gefühl, daß wir genug dadurch belohnt sind, uns ihrer rühmen zu können! Wie leicht treten wir jeder zärtlichen Empfindung dadurch in den Weg, daß wir Dankbarkeit erkaufen wollen! Ach! Alles was du giebst, gieb aus Liebe, mit einem Herzen, das nichts schätzbar findet, was es nicht mit dem Geliebten theilt, mit einem Herzen, das nichts schenken zu können, und bey dankbarer Erwiederung nicht einmahl vergelten zu können glaubt.</p> </div> <div n="2"> <head>Zwey und zwanzigstes Kapitel.<lb/></head> <argument> <p>Genuß der Leiden, die sich Liebende selbst bereiten.<lb/></p> </argument> <p>Die Liebe, sagt man, nährt sich von Thränen! Und wahr ist es, selten ist treue, edlere Liebe glücklich! Aber oft durch die Schuld der Liebenden. Sie schaffen sich selbst zum Theil die Leiden, die sie dulden; das sollten sie nicht thun!</p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [329/0329]
seine Vernunft wiederkehrt, weiß er ihm durch verdoppelte Aeußerungen der Liebe ein heimliches Erröthen abzugewinnen, ohne ihn durch anmaßende Ueberführung seines Unrechts zu nöthigen, daß er der fehllosen Größe des Strafenden förmlich huldige!
Es giebt eine Art, glückliche Verhältnisse mit einander zu theilen, die aller Pflicht dankbarer Erwiederung überhebt. Wir nehmen den Geliebten in unsern Wohlstand, in unser Ansehn auf, und lassen ihm fühlen, daß es eine Wohlthat sey. O wie schwer ist es, wirklich zu verbinden! Wie leicht erwecken wir selbst durch Aufopferungen das Gefühl, daß wir genug dadurch belohnt sind, uns ihrer rühmen zu können! Wie leicht treten wir jeder zärtlichen Empfindung dadurch in den Weg, daß wir Dankbarkeit erkaufen wollen! Ach! Alles was du giebst, gieb aus Liebe, mit einem Herzen, das nichts schätzbar findet, was es nicht mit dem Geliebten theilt, mit einem Herzen, das nichts schenken zu können, und bey dankbarer Erwiederung nicht einmahl vergelten zu können glaubt.
Zwey und zwanzigstes Kapitel.
Genuß der Leiden, die sich Liebende selbst bereiten.
Die Liebe, sagt man, nährt sich von Thränen! Und wahr ist es, selten ist treue, edlere Liebe glücklich! Aber oft durch die Schuld der Liebenden. Sie schaffen sich selbst zum Theil die Leiden, die sie dulden; das sollten sie nicht thun!
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