Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Zweyter Theil: Aesthetik der Liebe. Leipzig, 1798.du bewachst, du beugest der Gefahr vor, sie wird vermieden, und dennoch kannst du nie beruhigt werden, weil eben mit dieser deiner Ruhe wieder Sorglosigkeit von Seiten der Geliebten, wieder die Herrschaft ihrer alten Fehler, und mit ihr die stündliche Möglichkeit der Niederlage eintritt. Schreckliche Nächte, an welche diejenigen, die sie durchwacht haben, ohne convulsivische Erschütterung nie zurückdenken werden. In denen Schlaflosigkeit mit gräslichen Träumen wechseln, und die Vorstellung der Geliebten sich bald unter der Gestalt eines unseligen, zur Qual unserer Tage geschaffenen Plagegeistes, bald unter dem Bilde der makellosen und gekränkten Unschuld darstellt. Wo wir von Vorwürfen gegen das gefallsüchtige Weib, von dem Vorsatze, uns ganz von ihm loszureißen, zu Vorwürfen gegen uns selbst und zu dem Entschlusse übergehen, ihm ganz zu vertrauen, und es ewig anzubeten! Welch ein Kampf gegen uns selbst! Welche Marter, sich sagen zu müssen, daß man das Glück der Geliebten stört, daß man durch seinen Verdacht, durch seine Wachsamkeit, den Reitz zur Untreue nur vermehrt, und den Gegenstand, der die Besorgniß erregt, wichtiger macht; unbrauchbar zu Geschäften und zur geselligen Mittheilung wird, sich selbst ein Greuel, andern ein Gegenstand der Verachtung und des Gelächters! Aber ach! verachtet, verlacht sie nicht, diese Armen, welche die Hoffnung auf Besserung lange gefesselt hält! Was sie leiden, macht sie eures Mitleidens werth, und der Wunsch, den leichtsinnigen Gegenstand ihrer Liebe zur Tugend und der Festigkeit zurückzuführen, giebt ihnen sogar einigen Anspruch auf eure Achtung! du bewachst, du beugest der Gefahr vor, sie wird vermieden, und dennoch kannst du nie beruhigt werden, weil eben mit dieser deiner Ruhe wieder Sorglosigkeit von Seiten der Geliebten, wieder die Herrschaft ihrer alten Fehler, und mit ihr die stündliche Möglichkeit der Niederlage eintritt. Schreckliche Nächte, an welche diejenigen, die sie durchwacht haben, ohne convulsivische Erschütterung nie zurückdenken werden. In denen Schlaflosigkeit mit gräslichen Träumen wechseln, und die Vorstellung der Geliebten sich bald unter der Gestalt eines unseligen, zur Qual unserer Tage geschaffenen Plagegeistes, bald unter dem Bilde der makellosen und gekränkten Unschuld darstellt. Wo wir von Vorwürfen gegen das gefallsüchtige Weib, von dem Vorsatze, uns ganz von ihm loszureißen, zu Vorwürfen gegen uns selbst und zu dem Entschlusse übergehen, ihm ganz zu vertrauen, und es ewig anzubeten! Welch ein Kampf gegen uns selbst! Welche Marter, sich sagen zu müssen, daß man das Glück der Geliebten stört, daß man durch seinen Verdacht, durch seine Wachsamkeit, den Reitz zur Untreue nur vermehrt, und den Gegenstand, der die Besorgniß erregt, wichtiger macht; unbrauchbar zu Geschäften und zur geselligen Mittheilung wird, sich selbst ein Greuel, andern ein Gegenstand der Verachtung und des Gelächters! Aber ach! verachtet, verlacht sie nicht, diese Armen, welche die Hoffnung auf Besserung lange gefesselt hält! Was sie leiden, macht sie eures Mitleidens werth, und der Wunsch, den leichtsinnigen Gegenstand ihrer Liebe zur Tugend und der Festigkeit zurückzuführen, giebt ihnen sogar einigen Anspruch auf eure Achtung! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0382" n="382"/> du bewachst, du beugest der Gefahr vor, sie wird vermieden, und dennoch kannst du nie beruhigt werden, weil eben mit dieser deiner Ruhe wieder Sorglosigkeit von Seiten der Geliebten, wieder die Herrschaft ihrer alten Fehler, und mit ihr die stündliche Möglichkeit der Niederlage eintritt.</p> <p>Schreckliche Nächte, an welche diejenigen, die sie durchwacht haben, ohne convulsivische Erschütterung nie zurückdenken werden. In denen Schlaflosigkeit mit gräslichen Träumen wechseln, und die Vorstellung der Geliebten sich bald unter der Gestalt eines unseligen, zur Qual unserer Tage geschaffenen Plagegeistes, bald unter dem Bilde der makellosen und gekränkten Unschuld darstellt. Wo wir von Vorwürfen gegen das gefallsüchtige Weib, von dem Vorsatze, uns ganz von ihm loszureißen, zu Vorwürfen gegen uns selbst und zu dem Entschlusse übergehen, ihm ganz zu vertrauen, und es ewig anzubeten! Welch ein Kampf gegen uns selbst! Welche Marter, sich sagen zu müssen, daß man das Glück der Geliebten stört, daß man durch seinen Verdacht, durch seine Wachsamkeit, den Reitz zur Untreue nur vermehrt, und den Gegenstand, der die Besorgniß erregt, wichtiger macht; unbrauchbar zu Geschäften und zur geselligen Mittheilung wird, sich selbst ein Greuel, andern ein Gegenstand der Verachtung und des Gelächters!</p> <p>Aber ach! verachtet, verlacht sie nicht, diese Armen, welche die Hoffnung auf Besserung lange gefesselt hält! Was sie leiden, macht sie eures Mitleidens werth, und der Wunsch, den leichtsinnigen Gegenstand ihrer Liebe zur Tugend und der Festigkeit zurückzuführen, giebt ihnen sogar einigen Anspruch auf eure Achtung!</p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [382/0382]
du bewachst, du beugest der Gefahr vor, sie wird vermieden, und dennoch kannst du nie beruhigt werden, weil eben mit dieser deiner Ruhe wieder Sorglosigkeit von Seiten der Geliebten, wieder die Herrschaft ihrer alten Fehler, und mit ihr die stündliche Möglichkeit der Niederlage eintritt.
Schreckliche Nächte, an welche diejenigen, die sie durchwacht haben, ohne convulsivische Erschütterung nie zurückdenken werden. In denen Schlaflosigkeit mit gräslichen Träumen wechseln, und die Vorstellung der Geliebten sich bald unter der Gestalt eines unseligen, zur Qual unserer Tage geschaffenen Plagegeistes, bald unter dem Bilde der makellosen und gekränkten Unschuld darstellt. Wo wir von Vorwürfen gegen das gefallsüchtige Weib, von dem Vorsatze, uns ganz von ihm loszureißen, zu Vorwürfen gegen uns selbst und zu dem Entschlusse übergehen, ihm ganz zu vertrauen, und es ewig anzubeten! Welch ein Kampf gegen uns selbst! Welche Marter, sich sagen zu müssen, daß man das Glück der Geliebten stört, daß man durch seinen Verdacht, durch seine Wachsamkeit, den Reitz zur Untreue nur vermehrt, und den Gegenstand, der die Besorgniß erregt, wichtiger macht; unbrauchbar zu Geschäften und zur geselligen Mittheilung wird, sich selbst ein Greuel, andern ein Gegenstand der Verachtung und des Gelächters!
Aber ach! verachtet, verlacht sie nicht, diese Armen, welche die Hoffnung auf Besserung lange gefesselt hält! Was sie leiden, macht sie eures Mitleidens werth, und der Wunsch, den leichtsinnigen Gegenstand ihrer Liebe zur Tugend und der Festigkeit zurückzuführen, giebt ihnen sogar einigen Anspruch auf eure Achtung!
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