Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Zweyter Theil: Aesthetik der Liebe. Leipzig, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite

fortführen, heben selbst die Rechte auf, die sie auf den Besitz des Herzens des Geliebten haben, wenn sie gleich nicht bis zur Beleidigung derjenigen Pflichten fortschreiten, die sie in Ansehung der Reinheit ihres Körpers auf sich genommen haben. Sie lösen durch eine Untreue des Herzens die Bande, mit denen sie an andern hängen, oft stärker auf, als durch diejenige Verirrung, welche ein schwacher Augenblick für ihre Sinne herbeyführt. Eine vorübergehende Schwäche, zu der Eitelkeit und Phantasie verführen, und von der Besserung zu hoffen ist, berechtigt dagegen keines von beyden Geschlechtern zum Bruche.

Für den Mann ist es Pflicht zu brechen, so bald er dem Weibe Mangel an Schamhaftigkeit und Ehrgefühl vorwerfen kann. Ein liebendes Weib kann sich ohne die größte Verworfenheit nicht zu Gunstbezeugungen verleiten lassen, die ihm immer leicht zu verweigern werden, wenn das Herz es nicht dazu verführt. Fehlt es, so ist es wahre Untreue, böser Wille! Man darf dreist behaupten, daß der Mann, der einen solchen Fehltritt seiner Geliebten weiß, und dennoch sie zu lieben fortfährt, den Anspruch auf Edelsinn verliert. Er kann fortfahren, sich an ihre Person anzuschließen: an ihrem Schicksale Antheil zu nehmen, für ihr Wohl zu sorgen. Aber nie darf er sich zu Aeußerungen der Zärtlichkeit wieder verleiten lassen, und am wenigsten den Körper wieder berühren, der durch willkührliche Uebertretung der heiligsten Pflicht auf immer geschändet ist.

Das Weib hat die nehmlichen Rechte zum Bruche, wenn der Mann sich durch Sinnlichkeit hinreißen läßt, einen thierischen Genuß in den Armen einer andern aufzusuchen.

fortführen, heben selbst die Rechte auf, die sie auf den Besitz des Herzens des Geliebten haben, wenn sie gleich nicht bis zur Beleidigung derjenigen Pflichten fortschreiten, die sie in Ansehung der Reinheit ihres Körpers auf sich genommen haben. Sie lösen durch eine Untreue des Herzens die Bande, mit denen sie an andern hängen, oft stärker auf, als durch diejenige Verirrung, welche ein schwacher Augenblick für ihre Sinne herbeyführt. Eine vorübergehende Schwäche, zu der Eitelkeit und Phantasie verführen, und von der Besserung zu hoffen ist, berechtigt dagegen keines von beyden Geschlechtern zum Bruche.

Für den Mann ist es Pflicht zu brechen, so bald er dem Weibe Mangel an Schamhaftigkeit und Ehrgefühl vorwerfen kann. Ein liebendes Weib kann sich ohne die größte Verworfenheit nicht zu Gunstbezeugungen verleiten lassen, die ihm immer leicht zu verweigern werden, wenn das Herz es nicht dazu verführt. Fehlt es, so ist es wahre Untreue, böser Wille! Man darf dreist behaupten, daß der Mann, der einen solchen Fehltritt seiner Geliebten weiß, und dennoch sie zu lieben fortfährt, den Anspruch auf Edelsinn verliert. Er kann fortfahren, sich an ihre Person anzuschließen: an ihrem Schicksale Antheil zu nehmen, für ihr Wohl zu sorgen. Aber nie darf er sich zu Aeußerungen der Zärtlichkeit wieder verleiten lassen, und am wenigsten den Körper wieder berühren, der durch willkührliche Uebertretung der heiligsten Pflicht auf immer geschändet ist.

Das Weib hat die nehmlichen Rechte zum Bruche, wenn der Mann sich durch Sinnlichkeit hinreißen läßt, einen thierischen Genuß in den Armen einer andern aufzusuchen.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0392" n="392"/>
fortführen, heben selbst die Rechte auf, die sie auf den Besitz des Herzens des Geliebten haben, wenn sie gleich nicht bis zur Beleidigung derjenigen Pflichten fortschreiten, die sie in Ansehung der Reinheit ihres Körpers auf sich genommen haben. Sie lösen durch eine Untreue des Herzens die Bande, mit denen sie an andern hängen, oft stärker auf, als durch diejenige Verirrung, welche ein schwacher Augenblick für ihre Sinne herbeyführt. Eine vorübergehende Schwäche, zu der Eitelkeit und Phantasie verführen, und von der Besserung zu hoffen ist, berechtigt dagegen keines von beyden Geschlechtern zum Bruche.</p>
          <p>Für den Mann ist es Pflicht zu brechen, so bald er dem Weibe Mangel an Schamhaftigkeit und Ehrgefühl vorwerfen kann. Ein liebendes Weib kann sich ohne die größte Verworfenheit nicht zu Gunstbezeugungen verleiten lassen, die ihm immer leicht zu verweigern werden, wenn das Herz es nicht dazu verführt. Fehlt es, so ist es wahre Untreue, böser Wille! Man darf dreist behaupten, daß der Mann, der einen solchen Fehltritt seiner Geliebten weiß, und dennoch sie zu lieben fortfährt, den Anspruch auf Edelsinn verliert. Er kann fortfahren, sich an ihre Person anzuschließen: an ihrem Schicksale Antheil zu nehmen, für ihr Wohl zu sorgen. Aber nie darf er sich zu Aeußerungen der Zärtlichkeit wieder verleiten lassen, und am wenigsten den Körper wieder berühren, der durch willkührliche Uebertretung der heiligsten Pflicht auf immer geschändet ist.</p>
          <p>Das Weib hat die nehmlichen Rechte zum Bruche, wenn der Mann sich durch Sinnlichkeit hinreißen läßt, einen thierischen Genuß in den Armen einer andern aufzusuchen.
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[392/0392] fortführen, heben selbst die Rechte auf, die sie auf den Besitz des Herzens des Geliebten haben, wenn sie gleich nicht bis zur Beleidigung derjenigen Pflichten fortschreiten, die sie in Ansehung der Reinheit ihres Körpers auf sich genommen haben. Sie lösen durch eine Untreue des Herzens die Bande, mit denen sie an andern hängen, oft stärker auf, als durch diejenige Verirrung, welche ein schwacher Augenblick für ihre Sinne herbeyführt. Eine vorübergehende Schwäche, zu der Eitelkeit und Phantasie verführen, und von der Besserung zu hoffen ist, berechtigt dagegen keines von beyden Geschlechtern zum Bruche. Für den Mann ist es Pflicht zu brechen, so bald er dem Weibe Mangel an Schamhaftigkeit und Ehrgefühl vorwerfen kann. Ein liebendes Weib kann sich ohne die größte Verworfenheit nicht zu Gunstbezeugungen verleiten lassen, die ihm immer leicht zu verweigern werden, wenn das Herz es nicht dazu verführt. Fehlt es, so ist es wahre Untreue, böser Wille! Man darf dreist behaupten, daß der Mann, der einen solchen Fehltritt seiner Geliebten weiß, und dennoch sie zu lieben fortfährt, den Anspruch auf Edelsinn verliert. Er kann fortfahren, sich an ihre Person anzuschließen: an ihrem Schicksale Antheil zu nehmen, für ihr Wohl zu sorgen. Aber nie darf er sich zu Aeußerungen der Zärtlichkeit wieder verleiten lassen, und am wenigsten den Körper wieder berühren, der durch willkührliche Uebertretung der heiligsten Pflicht auf immer geschändet ist. Das Weib hat die nehmlichen Rechte zum Bruche, wenn der Mann sich durch Sinnlichkeit hinreißen läßt, einen thierischen Genuß in den Armen einer andern aufzusuchen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-11-20T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-11-20T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-11-20T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Als Grundlage dienen die Wikisource:Editionsrichtlinien.
  • Der Seitenwechsel erfolgt bei Worttrennung nach dem gesamten Wort.
  • Geviertstriche (—) wurden durch Halbgeviertstriche ersetzt (–).
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als moderner Umlaut (ä, ö, ü) transkribiert.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus02_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus02_1798/392
Zitationshilfe: Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Zweyter Theil: Aesthetik der Liebe. Leipzig, 1798, S. 392. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus02_1798/392>, abgerufen am 22.11.2024.