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Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Dritten Theils erste Abtheilung: Aeltere Geschichte der Geschlechtsverbindung und Liebe. Leipzig, 1798.

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tugendhaften Verbindungen für sich; sie sind in die Geschichte, in die Künste, in die geselligen Einrichtungen dieser Völker genau verwebt; sie mildern das Loos schlecht gepaarter Ehen, sie tragen zur geselligen Bildung der Jugend, und zur Unterhaltung bey; sie beugen ärgern Ausschweifungen vor; kurz, sie sind eben so reitzend als unentbehrlich. Aus allen diesen Gründen kann die Cicisbeatura bey den Spaniern und Italiänern, ungeachtet aller Gefahren und Mißbräuche, die dem größten Theile dieser Verhältnisse drohen, auf ein Interesse rechnen, das jedesmahl eintritt, wenn die Personen, die dadurch vereinigt werden, sich durch Gleichheit des Ansehns und innerer Vorzüge auszeichnen, und des äußern Anstandes schonen. Dieß Interesse fällt aber weg, und macht der Verachtung Platz, sobald Personen von ungleichem Stande sich mit einander verbinden, oder wenn die Verbündeten von gleichem Stande durch ihr Betragen zeigen, daß der Zweck ihrer Vereinigung auf die Befriedigung solcher Begierden geht, die man verzeiht, wenn sie der Sympathie der Seelen untergeordnet sind, und sich neben dieser einschleichen, die man aber bar für sich nicht für gültig annehmen würde. Man sieht Fehlern nach, die edle Triebe unterstützen, aber man verdammt den Frevel, der sich unbegleitet von Tugenden darstellt.

Ungefähr so verhielt es sich mit der Liebe zu den Lieblingen nach den Sitten der Athenienser. Ihr erster Ursprung ist in den Heldenverbrüderungen jener ersten Wohlthäter der menschlichen Gesellschaft zu suchen, welche durch Ausrottung wilder Thiere und Räuber den Nahmen der Halbgötter verdienten. Spuren solcher Waffenbrüder findet man unter allen Nationen, auf der Stufe, wo sie zur Kultur übergehen. Gegenseitige Hochachtung

tugendhaften Verbindungen für sich; sie sind in die Geschichte, in die Künste, in die geselligen Einrichtungen dieser Völker genau verwebt; sie mildern das Loos schlecht gepaarter Ehen, sie tragen zur geselligen Bildung der Jugend, und zur Unterhaltung bey; sie beugen ärgern Ausschweifungen vor; kurz, sie sind eben so reitzend als unentbehrlich. Aus allen diesen Gründen kann die Cicisbeatura bey den Spaniern und Italiänern, ungeachtet aller Gefahren und Mißbräuche, die dem größten Theile dieser Verhältnisse drohen, auf ein Interesse rechnen, das jedesmahl eintritt, wenn die Personen, die dadurch vereinigt werden, sich durch Gleichheit des Ansehns und innerer Vorzüge auszeichnen, und des äußern Anstandes schonen. Dieß Interesse fällt aber weg, und macht der Verachtung Platz, sobald Personen von ungleichem Stande sich mit einander verbinden, oder wenn die Verbündeten von gleichem Stande durch ihr Betragen zeigen, daß der Zweck ihrer Vereinigung auf die Befriedigung solcher Begierden geht, die man verzeiht, wenn sie der Sympathie der Seelen untergeordnet sind, und sich neben dieser einschleichen, die man aber bar für sich nicht für gültig annehmen würde. Man sieht Fehlern nach, die edle Triebe unterstützen, aber man verdammt den Frevel, der sich unbegleitet von Tugenden darstellt.

Ungefähr so verhielt es sich mit der Liebe zu den Lieblingen nach den Sitten der Athenienser. Ihr erster Ursprung ist in den Heldenverbrüderungen jener ersten Wohlthäter der menschlichen Gesellschaft zu suchen, welche durch Ausrottung wilder Thiere und Räuber den Nahmen der Halbgötter verdienten. Spuren solcher Waffenbrüder findet man unter allen Nationen, auf der Stufe, wo sie zur Kultur übergehen. Gegenseitige Hochachtung

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[144/0144] tugendhaften Verbindungen für sich; sie sind in die Geschichte, in die Künste, in die geselligen Einrichtungen dieser Völker genau verwebt; sie mildern das Loos schlecht gepaarter Ehen, sie tragen zur geselligen Bildung der Jugend, und zur Unterhaltung bey; sie beugen ärgern Ausschweifungen vor; kurz, sie sind eben so reitzend als unentbehrlich. Aus allen diesen Gründen kann die Cicisbeatura bey den Spaniern und Italiänern, ungeachtet aller Gefahren und Mißbräuche, die dem größten Theile dieser Verhältnisse drohen, auf ein Interesse rechnen, das jedesmahl eintritt, wenn die Personen, die dadurch vereinigt werden, sich durch Gleichheit des Ansehns und innerer Vorzüge auszeichnen, und des äußern Anstandes schonen. Dieß Interesse fällt aber weg, und macht der Verachtung Platz, sobald Personen von ungleichem Stande sich mit einander verbinden, oder wenn die Verbündeten von gleichem Stande durch ihr Betragen zeigen, daß der Zweck ihrer Vereinigung auf die Befriedigung solcher Begierden geht, die man verzeiht, wenn sie der Sympathie der Seelen untergeordnet sind, und sich neben dieser einschleichen, die man aber bar für sich nicht für gültig annehmen würde. Man sieht Fehlern nach, die edle Triebe unterstützen, aber man verdammt den Frevel, der sich unbegleitet von Tugenden darstellt. Ungefähr so verhielt es sich mit der Liebe zu den Lieblingen nach den Sitten der Athenienser. Ihr erster Ursprung ist in den Heldenverbrüderungen jener ersten Wohlthäter der menschlichen Gesellschaft zu suchen, welche durch Ausrottung wilder Thiere und Räuber den Nahmen der Halbgötter verdienten. Spuren solcher Waffenbrüder findet man unter allen Nationen, auf der Stufe, wo sie zur Kultur übergehen. Gegenseitige Hochachtung

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Zitationshilfe: Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Dritten Theils erste Abtheilung: Aeltere Geschichte der Geschlechtsverbindung und Liebe. Leipzig, 1798, S. 144. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus0301_1798/144>, abgerufen am 21.11.2024.