Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Dritten Theils erste Abtheilung: Aeltere Geschichte der Geschlechtsverbindung und Liebe. Leipzig, 1798.die Hälften der vorigen Doppelmänner aber fühlen eine Neigung zum Männergeschlechte." Nachdem nun Aristophanes auf solche Art die drey verschiedenen Modificationen der Geschlechtssympathie erklärt hat, (wobey es sehr merkwürdig bleibt, daß er sie alle drey für natürlich hält, und sie keinesweges einer Verderbtheit der Sitten zuschreibt, oder sie als Ausartungen der Sinnlichkeit ansieht,) so geht er nun zum Lobe der Männerliebe über. "So lange die Jugend der vorigen Doppelmänner dauert, sagt er, lieben sie als Theilchen von einem Manne nur Männer, und finden Vergnügen in ihrem Umgange und in ihrer Umarmung. Dieß sind die edelsten Knaben und Jünglinge, weil sie von Natur die männlichsten sind. Mit Unrecht hat man sie der Unverschämtheit beschuldigt; denn nicht diese, sondern inneres Gefühl ihrer männlichen Kraft und männlicher Geist sind der Grund ihrer Neigung zu ihrem Geschlechte. Dieß zeigt sich offenbar dadurch, daß nur solche Jünglinge im reiferen Alter sich öffentlichen Geschäften widmen. Zu Männern gereift, lieben sie selbst wieder Jünglinge, heirathen zwar, und zeugen Kinder, aber nicht aus Neigung, sondern gezwungen durch das Gesetz: zufriedener, wenn sie unverheirathet im Umgange mit ihres Gleichen leben können. Die Liebe zu Jünglingen und die Gegenliebe von diesen haben also offenbar keinen andern Grund, als weil Jeder nach Vereinigung mit seiner Hälfte strebt. Hat der eine oder der andere seine eigentliche Hälfte gefunden; unaussprechlich ist dann das Wonnegefühl ihrer Zärtlichkeit, ihrer Vertraulichkeit, ihrer Liebe, und - was kann man mehr sagen - auch nicht einen Augenblick sind sie zu trennen. Wenn die Hälften der vorigen Doppelmänner aber fühlen eine Neigung zum Männergeschlechte.“ Nachdem nun Aristophanes auf solche Art die drey verschiedenen Modificationen der Geschlechtssympathie erklärt hat, (wobey es sehr merkwürdig bleibt, daß er sie alle drey für natürlich hält, und sie keinesweges einer Verderbtheit der Sitten zuschreibt, oder sie als Ausartungen der Sinnlichkeit ansieht,) so geht er nun zum Lobe der Männerliebe über. „So lange die Jugend der vorigen Doppelmänner dauert, sagt er, lieben sie als Theilchen von einem Manne nur Männer, und finden Vergnügen in ihrem Umgange und in ihrer Umarmung. Dieß sind die edelsten Knaben und Jünglinge, weil sie von Natur die männlichsten sind. Mit Unrecht hat man sie der Unverschämtheit beschuldigt; denn nicht diese, sondern inneres Gefühl ihrer männlichen Kraft und männlicher Geist sind der Grund ihrer Neigung zu ihrem Geschlechte. Dieß zeigt sich offenbar dadurch, daß nur solche Jünglinge im reiferen Alter sich öffentlichen Geschäften widmen. Zu Männern gereift, lieben sie selbst wieder Jünglinge, heirathen zwar, und zeugen Kinder, aber nicht aus Neigung, sondern gezwungen durch das Gesetz: zufriedener, wenn sie unverheirathet im Umgange mit ihres Gleichen leben können. Die Liebe zu Jünglingen und die Gegenliebe von diesen haben also offenbar keinen andern Grund, als weil Jeder nach Vereinigung mit seiner Hälfte strebt. Hat der eine oder der andere seine eigentliche Hälfte gefunden; unaussprechlich ist dann das Wonnegefühl ihrer Zärtlichkeit, ihrer Vertraulichkeit, ihrer Liebe, und – was kann man mehr sagen – auch nicht einen Augenblick sind sie zu trennen. Wenn <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0203" n="203"/> die Hälften der vorigen Doppelmänner aber fühlen eine Neigung zum Männergeschlechte.“</p> <p>Nachdem nun Aristophanes auf solche Art die drey verschiedenen Modificationen der Geschlechtssympathie erklärt hat, (wobey es sehr merkwürdig bleibt, daß er sie alle drey für natürlich hält, und sie keinesweges einer Verderbtheit der Sitten zuschreibt, oder sie als Ausartungen der Sinnlichkeit ansieht,) so geht er nun zum Lobe der Männerliebe über.</p> <p>„So lange die Jugend der vorigen Doppelmänner dauert, sagt er, lieben sie als Theilchen von einem Manne nur Männer, und finden Vergnügen in ihrem Umgange und in ihrer Umarmung. Dieß sind die edelsten Knaben und Jünglinge, weil sie von Natur die männlichsten sind. Mit Unrecht hat man sie der Unverschämtheit beschuldigt; denn nicht diese, sondern inneres Gefühl ihrer männlichen Kraft und männlicher Geist sind der Grund ihrer Neigung zu ihrem Geschlechte. Dieß zeigt sich offenbar dadurch, daß nur solche Jünglinge im reiferen Alter sich öffentlichen Geschäften widmen. Zu Männern gereift, lieben sie selbst wieder Jünglinge, heirathen zwar, und zeugen Kinder, aber nicht aus Neigung, sondern gezwungen durch das Gesetz: zufriedener, wenn sie unverheirathet im Umgange mit ihres Gleichen leben können. Die Liebe zu Jünglingen und die Gegenliebe von diesen haben also offenbar keinen andern Grund, als weil Jeder nach Vereinigung mit seiner Hälfte strebt. Hat der eine oder der andere seine eigentliche Hälfte gefunden; unaussprechlich ist dann das Wonnegefühl ihrer Zärtlichkeit, ihrer Vertraulichkeit, ihrer Liebe, und – was kann man mehr sagen – auch nicht einen Augenblick sind sie zu trennen. Wenn </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [203/0203]
die Hälften der vorigen Doppelmänner aber fühlen eine Neigung zum Männergeschlechte.“
Nachdem nun Aristophanes auf solche Art die drey verschiedenen Modificationen der Geschlechtssympathie erklärt hat, (wobey es sehr merkwürdig bleibt, daß er sie alle drey für natürlich hält, und sie keinesweges einer Verderbtheit der Sitten zuschreibt, oder sie als Ausartungen der Sinnlichkeit ansieht,) so geht er nun zum Lobe der Männerliebe über.
„So lange die Jugend der vorigen Doppelmänner dauert, sagt er, lieben sie als Theilchen von einem Manne nur Männer, und finden Vergnügen in ihrem Umgange und in ihrer Umarmung. Dieß sind die edelsten Knaben und Jünglinge, weil sie von Natur die männlichsten sind. Mit Unrecht hat man sie der Unverschämtheit beschuldigt; denn nicht diese, sondern inneres Gefühl ihrer männlichen Kraft und männlicher Geist sind der Grund ihrer Neigung zu ihrem Geschlechte. Dieß zeigt sich offenbar dadurch, daß nur solche Jünglinge im reiferen Alter sich öffentlichen Geschäften widmen. Zu Männern gereift, lieben sie selbst wieder Jünglinge, heirathen zwar, und zeugen Kinder, aber nicht aus Neigung, sondern gezwungen durch das Gesetz: zufriedener, wenn sie unverheirathet im Umgange mit ihres Gleichen leben können. Die Liebe zu Jünglingen und die Gegenliebe von diesen haben also offenbar keinen andern Grund, als weil Jeder nach Vereinigung mit seiner Hälfte strebt. Hat der eine oder der andere seine eigentliche Hälfte gefunden; unaussprechlich ist dann das Wonnegefühl ihrer Zärtlichkeit, ihrer Vertraulichkeit, ihrer Liebe, und – was kann man mehr sagen – auch nicht einen Augenblick sind sie zu trennen. Wenn
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax.
(2012-11-20T10:30:31Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2012-11-20T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat.
(2012-11-20T10:30:31Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |