Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Dritten Theils erste Abtheilung: Aeltere Geschichte der Geschlechtsverbindung und Liebe. Leipzig, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite

und Uebertriebenen hingezogen wurden, ausgegangen sind. Sie sind an die Stelle des rüstigen, wackern Enthusiasmus getreten, der die Liebe der freyen Republiken zu den Lieblingen auszeichnete.

In spätern Zeiten hat die römische Sitte, die für die letztgenannte Liebe einen Abscheu trug, dieses Verhältniß noch mehr in Discredit gebracht.

Griechenlands freye Verfassung ist indessen erst nach manchem harten Kampfe ganz verloren gegangen, und die frühere Sinnesart, so wie die Sitten, die darauf beruhten, sind nicht auf einmahl umgeschaffen. Selbst in den Zeiten, als Griechenland bereits eine völlig abhängige Provinz des römischen Reichs geworden war, dauerte bey den Edleren unter diesem Volke mit den Erinnerungen an den ehmahligen Flor des Vaterlandes die Anhänglichkeit an den veralteten Gebräuchen fort, die damit verbunden gewesen waren.

Drittes Kapitel.

Ideen der spätern Platoniker über Geschlechtsverbindung und Liebe.

Die Sekten der Philosophen mußten an Ansehn und Ausbreitung gewinnen, so wie die politische Partheysucht abnahm. Man räsonnierte mehr, seitdem man weniger handelte, und da es der Selbstdenker zu allen Zeiten nur Wenige gegeben hat, so bestimmten die Philosophen die Begriffe und Sitten

und Uebertriebenen hingezogen wurden, ausgegangen sind. Sie sind an die Stelle des rüstigen, wackern Enthusiasmus getreten, der die Liebe der freyen Republiken zu den Lieblingen auszeichnete.

In spätern Zeiten hat die römische Sitte, die für die letztgenannte Liebe einen Abscheu trug, dieses Verhältniß noch mehr in Discredit gebracht.

Griechenlands freye Verfassung ist indessen erst nach manchem harten Kampfe ganz verloren gegangen, und die frühere Sinnesart, so wie die Sitten, die darauf beruhten, sind nicht auf einmahl umgeschaffen. Selbst in den Zeiten, als Griechenland bereits eine völlig abhängige Provinz des römischen Reichs geworden war, dauerte bey den Edleren unter diesem Volke mit den Erinnerungen an den ehmahligen Flor des Vaterlandes die Anhänglichkeit an den veralteten Gebräuchen fort, die damit verbunden gewesen waren.

Drittes Kapitel.

Ideen der spätern Platoniker über Geschlechtsverbindung und Liebe.

Die Sekten der Philosophen mußten an Ansehn und Ausbreitung gewinnen, so wie die politische Partheysucht abnahm. Man räsonnierte mehr, seitdem man weniger handelte, und da es der Selbstdenker zu allen Zeiten nur Wenige gegeben hat, so bestimmten die Philosophen die Begriffe und Sitten

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0236" n="236"/>
und Uebertriebenen hingezogen wurden, ausgegangen sind. Sie sind an die Stelle des rüstigen, wackern Enthusiasmus getreten, der die Liebe der freyen Republiken zu den Lieblingen auszeichnete.</p>
          <p>In spätern Zeiten hat die römische Sitte, die für die letztgenannte Liebe einen Abscheu trug, dieses Verhältniß noch mehr in Discredit gebracht.</p>
          <p>Griechenlands freye Verfassung ist indessen erst nach manchem harten Kampfe ganz verloren gegangen, und die frühere Sinnesart, so wie die Sitten, die darauf beruhten, sind nicht auf einmahl umgeschaffen. Selbst in den Zeiten, als Griechenland bereits eine völlig abhängige Provinz des römischen Reichs geworden war, dauerte bey den Edleren unter diesem Volke mit den Erinnerungen an den ehmahligen Flor des Vaterlandes die Anhänglichkeit an den veralteten Gebräuchen fort, die damit verbunden gewesen waren.</p>
        </div>
        <div n="2">
          <head>Drittes Kapitel.<lb/></head>
          <argument>
            <p>Ideen der spätern Platoniker über Geschlechtsverbindung und Liebe.<lb/></p>
          </argument>
          <p>Die Sekten der Philosophen mußten an Ansehn und Ausbreitung gewinnen, so wie die politische Partheysucht abnahm. Man räsonnierte mehr, seitdem man weniger handelte, und da es der Selbstdenker zu allen Zeiten nur Wenige gegeben hat, so bestimmten die Philosophen die Begriffe und Sitten
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[236/0236] und Uebertriebenen hingezogen wurden, ausgegangen sind. Sie sind an die Stelle des rüstigen, wackern Enthusiasmus getreten, der die Liebe der freyen Republiken zu den Lieblingen auszeichnete. In spätern Zeiten hat die römische Sitte, die für die letztgenannte Liebe einen Abscheu trug, dieses Verhältniß noch mehr in Discredit gebracht. Griechenlands freye Verfassung ist indessen erst nach manchem harten Kampfe ganz verloren gegangen, und die frühere Sinnesart, so wie die Sitten, die darauf beruhten, sind nicht auf einmahl umgeschaffen. Selbst in den Zeiten, als Griechenland bereits eine völlig abhängige Provinz des römischen Reichs geworden war, dauerte bey den Edleren unter diesem Volke mit den Erinnerungen an den ehmahligen Flor des Vaterlandes die Anhänglichkeit an den veralteten Gebräuchen fort, die damit verbunden gewesen waren. Drittes Kapitel. Ideen der spätern Platoniker über Geschlechtsverbindung und Liebe. Die Sekten der Philosophen mußten an Ansehn und Ausbreitung gewinnen, so wie die politische Partheysucht abnahm. Man räsonnierte mehr, seitdem man weniger handelte, und da es der Selbstdenker zu allen Zeiten nur Wenige gegeben hat, so bestimmten die Philosophen die Begriffe und Sitten

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-11-20T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-11-20T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-11-20T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Als Grundlage dienen die Wikisource:Editionsrichtlinien.
  • Der Seitenwechsel erfolgt bei Worttrennung nach dem gesamten Wort.
  • Geviertstriche (—) wurden durch Halbgeviertstriche ersetzt (–).
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als moderner Umlaut (ä, ö, ü) transkribiert.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus0301_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus0301_1798/236
Zitationshilfe: Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Dritten Theils erste Abtheilung: Aeltere Geschichte der Geschlechtsverbindung und Liebe. Leipzig, 1798, S. 236. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus0301_1798/236>, abgerufen am 21.11.2024.