Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Dritten Theils erste Abtheilung: Aeltere Geschichte der Geschlechtsverbindung und Liebe. Leipzig, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite

ist, anerkennt. Alsdann werden solche Anhänglichkeiten echt und dauernd seyn, wenn gleich die eine Person gegen die andere im Verhältnisse des Obern zu seinem Untergebenen steht." -

"In der Freundschaft zwischen Personen von ungleichem Ansehn, sagt Aristoteles weiter, muß der edlere mehr geliebt werden, als lieben: wenn aber ein richtiges Maß getroffen wird, so kommt demungeachtet ein gewisses Wohlverhältniß heraus, welches die Verbindung zum Range echter Freundschaft hinaufhebt. Sind die Personen zu weit auseinander, durch ihr Wesen und ihre Lagen; so findet keine Freundschaft zwischen ihnen Statt. Der Unterthan kann allenfalls noch der Freund seines Fürsten seyn; aber der Mensch kann einen Gott nicht als seinen Freund betrachten. Er kann weder dessen Wohl zu befördern streben, da er ganz vollkommen ist, noch ihn als ein Gut, das ihm durch die Verbindung vortheilhaft wird, betrachten, da der Gott ganz außer seinen Verhältnissen steht. Die Verbindung zwischen einem reifen Manne und einem Knaben kann wenigstens keine echte Freundschaft seyn; weil sie nur auf Vergnügen beruht."

"Es giebt aber Menschen, die sich bloß an andere anhängen, um von diesen geliebt und angebetet zu werden. Dies sind keine wahren Freunde. Denn Freunde lieben unmittelbar um der Wonne willen, die das Lieben mit sich führt. Sie lieben, wenn gleich ihre Liebe nicht erkannt und erwiedert wird. Der Freund strebt nach des Andern Wohl nicht um sein selbst, sondern um dieses Andern willen. Freud' und Leid müssen ihn unmittelbar rühren, weil sie dem Andern widerfahren."

ist, anerkennt. Alsdann werden solche Anhänglichkeiten echt und dauernd seyn, wenn gleich die eine Person gegen die andere im Verhältnisse des Obern zu seinem Untergebenen steht.“ –

„In der Freundschaft zwischen Personen von ungleichem Ansehn, sagt Aristoteles weiter, muß der edlere mehr geliebt werden, als lieben: wenn aber ein richtiges Maß getroffen wird, so kommt demungeachtet ein gewisses Wohlverhältniß heraus, welches die Verbindung zum Range echter Freundschaft hinaufhebt. Sind die Personen zu weit auseinander, durch ihr Wesen und ihre Lagen; so findet keine Freundschaft zwischen ihnen Statt. Der Unterthan kann allenfalls noch der Freund seines Fürsten seyn; aber der Mensch kann einen Gott nicht als seinen Freund betrachten. Er kann weder dessen Wohl zu befördern streben, da er ganz vollkommen ist, noch ihn als ein Gut, das ihm durch die Verbindung vortheilhaft wird, betrachten, da der Gott ganz außer seinen Verhältnissen steht. Die Verbindung zwischen einem reifen Manne und einem Knaben kann wenigstens keine echte Freundschaft seyn; weil sie nur auf Vergnügen beruht.“

„Es giebt aber Menschen, die sich bloß an andere anhängen, um von diesen geliebt und angebetet zu werden. Dies sind keine wahren Freunde. Denn Freunde lieben unmittelbar um der Wonne willen, die das Lieben mit sich führt. Sie lieben, wenn gleich ihre Liebe nicht erkannt und erwiedert wird. Der Freund strebt nach des Andern Wohl nicht um sein selbst, sondern um dieses Andern willen. Freud’ und Leid müssen ihn unmittelbar rühren, weil sie dem Andern widerfahren.“

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0257" n="257"/>
ist, anerkennt. Alsdann werden solche Anhänglichkeiten echt und dauernd seyn, wenn gleich die eine Person gegen die andere im Verhältnisse des Obern zu seinem Untergebenen steht.&#x201C; &#x2013;</p>
          <p>&#x201E;In der Freundschaft zwischen Personen von ungleichem Ansehn, sagt Aristoteles weiter, muß der edlere mehr geliebt werden, als lieben: wenn aber ein richtiges Maß getroffen wird, so kommt demungeachtet ein gewisses Wohlverhältniß heraus, welches die Verbindung zum Range echter Freundschaft hinaufhebt. Sind die Personen zu weit auseinander, durch ihr Wesen und ihre Lagen; so findet keine Freundschaft zwischen ihnen Statt. Der Unterthan kann allenfalls noch der Freund seines Fürsten seyn; aber der Mensch kann einen Gott nicht als seinen Freund betrachten. Er kann weder dessen Wohl zu befördern streben, da er ganz vollkommen ist, noch ihn als ein Gut, das ihm durch die Verbindung vortheilhaft wird, betrachten, da der Gott ganz außer seinen Verhältnissen steht. Die Verbindung zwischen einem reifen Manne und einem Knaben kann wenigstens keine echte Freundschaft seyn; weil sie nur auf Vergnügen beruht.&#x201C;</p>
          <p>&#x201E;Es giebt aber Menschen, die sich bloß an andere anhängen, um von diesen geliebt und angebetet zu werden. <choice><sic/><corr>Dies sind keine wahren Freunde.</corr></choice> Denn Freunde lieben unmittelbar um der Wonne willen, die das Lieben mit sich führt. Sie lieben, wenn gleich ihre Liebe nicht erkannt und erwiedert wird. Der Freund strebt nach des Andern Wohl nicht um sein selbst, sondern um dieses Andern willen. Freud&#x2019; und Leid müssen ihn unmittelbar rühren, weil sie dem Andern widerfahren.&#x201C;</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[257/0257] ist, anerkennt. Alsdann werden solche Anhänglichkeiten echt und dauernd seyn, wenn gleich die eine Person gegen die andere im Verhältnisse des Obern zu seinem Untergebenen steht.“ – „In der Freundschaft zwischen Personen von ungleichem Ansehn, sagt Aristoteles weiter, muß der edlere mehr geliebt werden, als lieben: wenn aber ein richtiges Maß getroffen wird, so kommt demungeachtet ein gewisses Wohlverhältniß heraus, welches die Verbindung zum Range echter Freundschaft hinaufhebt. Sind die Personen zu weit auseinander, durch ihr Wesen und ihre Lagen; so findet keine Freundschaft zwischen ihnen Statt. Der Unterthan kann allenfalls noch der Freund seines Fürsten seyn; aber der Mensch kann einen Gott nicht als seinen Freund betrachten. Er kann weder dessen Wohl zu befördern streben, da er ganz vollkommen ist, noch ihn als ein Gut, das ihm durch die Verbindung vortheilhaft wird, betrachten, da der Gott ganz außer seinen Verhältnissen steht. Die Verbindung zwischen einem reifen Manne und einem Knaben kann wenigstens keine echte Freundschaft seyn; weil sie nur auf Vergnügen beruht.“ „Es giebt aber Menschen, die sich bloß an andere anhängen, um von diesen geliebt und angebetet zu werden. Dies sind keine wahren Freunde. Denn Freunde lieben unmittelbar um der Wonne willen, die das Lieben mit sich führt. Sie lieben, wenn gleich ihre Liebe nicht erkannt und erwiedert wird. Der Freund strebt nach des Andern Wohl nicht um sein selbst, sondern um dieses Andern willen. Freud’ und Leid müssen ihn unmittelbar rühren, weil sie dem Andern widerfahren.“

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-11-20T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-11-20T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-11-20T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Als Grundlage dienen die Wikisource:Editionsrichtlinien.
  • Der Seitenwechsel erfolgt bei Worttrennung nach dem gesamten Wort.
  • Geviertstriche (—) wurden durch Halbgeviertstriche ersetzt (–).
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als moderner Umlaut (ä, ö, ü) transkribiert.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus0301_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus0301_1798/257
Zitationshilfe: Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Dritten Theils erste Abtheilung: Aeltere Geschichte der Geschlechtsverbindung und Liebe. Leipzig, 1798, S. 257. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus0301_1798/257>, abgerufen am 21.11.2024.