Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Dritten Theils erste Abtheilung: Aeltere Geschichte der Geschlechtsverbindung und Liebe. Leipzig, 1798.welche die bisher angezeigten Erotiker gebraucht haben. Heliodorus lebte zur Zeit Theodosius des Großen, ungefähr ums Jahr 370 nach Christi Geburt. Er war Bischof in einer Stadt von Thessalien. Ob er als Bischof, oder vorher, die Liebesgeschichte geschrieben habe, deren Inhalt ich jetzt anzeigen werde, ist ungewiß. Sie führt den Titel: Aethiopika, äthiopische Merkwürdigkeiten, und enthält die Schicksale des Theagenes und der Chariklea. Der Verfasser setzt den Leser gleich mitten in den Lauf der Begebenheiten hinein, und läßt erst in der Folge den Anfang der Geschichte erzählen. Ich will aber der natürlichsten Ordnung folgen, um die Verständlichkeit zu erleichtern, und überhaupt nur dasjenige anführen, was unmittelbar zu meinem Zwecke gehört. Chariklea ist die Tochter der Persina und des Hydaspes, der Beherrscher von Aethiopien. Nach einer langen unfruchtbaren Ehe wird die Königin von einer Umarmung ihres Gatten im Anblick eines Gemähldes der nackenden Andromeda schwanger, und gebiert, vermöge des Eindrucks dieses Bildes auf ihre Imagination, ein weises Kind. Die Furcht, daß die Verschiedenheit der Farbe den Verdacht des Ehebruchs erwecken könne, bewegt die Mutter den Tod des Kindes vorzugeben, und es mit Windeln, worauf seine Geschichte, und besonders die Lehre, daß die Keuschheit eine wahrhaft königliche Tugend sey, gestickt waren, auszusetzen. Das Kind kommt durch Schicksale, die uns hier weiter nicht interessieren, nach Delphi in den Tempel des Apollo, wo sich das erwachsene Mädchen dem Dienste der Diana weihet. welche die bisher angezeigten Erotiker gebraucht haben. Heliodorus lebte zur Zeit Theodosius des Großen, ungefähr ums Jahr 370 nach Christi Geburt. Er war Bischof in einer Stadt von Thessalien. Ob er als Bischof, oder vorher, die Liebesgeschichte geschrieben habe, deren Inhalt ich jetzt anzeigen werde, ist ungewiß. Sie führt den Titel: Aethiopika, äthiopische Merkwürdigkeiten, und enthält die Schicksale des Theagenes und der Chariklea. Der Verfasser setzt den Leser gleich mitten in den Lauf der Begebenheiten hinein, und läßt erst in der Folge den Anfang der Geschichte erzählen. Ich will aber der natürlichsten Ordnung folgen, um die Verständlichkeit zu erleichtern, und überhaupt nur dasjenige anführen, was unmittelbar zu meinem Zwecke gehört. Chariklea ist die Tochter der Persina und des Hydaspes, der Beherrscher von Aethiopien. Nach einer langen unfruchtbaren Ehe wird die Königin von einer Umarmung ihres Gatten im Anblick eines Gemähldes der nackenden Andromeda schwanger, und gebiert, vermöge des Eindrucks dieses Bildes auf ihre Imagination, ein weises Kind. Die Furcht, daß die Verschiedenheit der Farbe den Verdacht des Ehebruchs erwecken könne, bewegt die Mutter den Tod des Kindes vorzugeben, und es mit Windeln, worauf seine Geschichte, und besonders die Lehre, daß die Keuschheit eine wahrhaft königliche Tugend sey, gestickt waren, auszusetzen. Das Kind kommt durch Schicksale, die uns hier weiter nicht interessieren, nach Delphi in den Tempel des Apollo, wo sich das erwachsene Mädchen dem Dienste der Diana weihet. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0408" n="408"/> welche die bisher angezeigten Erotiker gebraucht haben.</p> <p>Heliodorus lebte zur Zeit Theodosius des Großen, ungefähr ums Jahr 370 nach Christi Geburt. Er war Bischof in einer Stadt von Thessalien. Ob er als Bischof, oder vorher, die Liebesgeschichte geschrieben habe, deren Inhalt ich jetzt anzeigen werde, ist ungewiß. Sie führt den Titel: Aethiopika, äthiopische Merkwürdigkeiten, und enthält die Schicksale des Theagenes und der Chariklea.</p> <p>Der Verfasser setzt den Leser gleich mitten in den Lauf der Begebenheiten hinein, und läßt erst in der Folge den Anfang der Geschichte erzählen. Ich will aber der natürlichsten Ordnung folgen, um die Verständlichkeit zu erleichtern, und überhaupt nur dasjenige anführen, was unmittelbar zu meinem Zwecke gehört.</p> <p>Chariklea ist die Tochter der Persina und des Hydaspes, der Beherrscher von Aethiopien. Nach einer langen unfruchtbaren Ehe wird die Königin von einer Umarmung ihres Gatten im Anblick eines Gemähldes der nackenden Andromeda schwanger, und gebiert, vermöge des Eindrucks dieses Bildes auf ihre Imagination, ein weises Kind. Die Furcht, daß die Verschiedenheit der Farbe den Verdacht des Ehebruchs erwecken könne, bewegt die Mutter den Tod des Kindes vorzugeben, und es mit Windeln, worauf seine Geschichte, und besonders die Lehre, daß die Keuschheit eine wahrhaft königliche Tugend sey, gestickt waren, auszusetzen. Das Kind kommt durch Schicksale, die uns hier weiter nicht interessieren, nach Delphi in den Tempel des Apollo, wo sich das erwachsene Mädchen dem Dienste der Diana weihet.</p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [408/0408]
welche die bisher angezeigten Erotiker gebraucht haben.
Heliodorus lebte zur Zeit Theodosius des Großen, ungefähr ums Jahr 370 nach Christi Geburt. Er war Bischof in einer Stadt von Thessalien. Ob er als Bischof, oder vorher, die Liebesgeschichte geschrieben habe, deren Inhalt ich jetzt anzeigen werde, ist ungewiß. Sie führt den Titel: Aethiopika, äthiopische Merkwürdigkeiten, und enthält die Schicksale des Theagenes und der Chariklea.
Der Verfasser setzt den Leser gleich mitten in den Lauf der Begebenheiten hinein, und läßt erst in der Folge den Anfang der Geschichte erzählen. Ich will aber der natürlichsten Ordnung folgen, um die Verständlichkeit zu erleichtern, und überhaupt nur dasjenige anführen, was unmittelbar zu meinem Zwecke gehört.
Chariklea ist die Tochter der Persina und des Hydaspes, der Beherrscher von Aethiopien. Nach einer langen unfruchtbaren Ehe wird die Königin von einer Umarmung ihres Gatten im Anblick eines Gemähldes der nackenden Andromeda schwanger, und gebiert, vermöge des Eindrucks dieses Bildes auf ihre Imagination, ein weises Kind. Die Furcht, daß die Verschiedenheit der Farbe den Verdacht des Ehebruchs erwecken könne, bewegt die Mutter den Tod des Kindes vorzugeben, und es mit Windeln, worauf seine Geschichte, und besonders die Lehre, daß die Keuschheit eine wahrhaft königliche Tugend sey, gestickt waren, auszusetzen. Das Kind kommt durch Schicksale, die uns hier weiter nicht interessieren, nach Delphi in den Tempel des Apollo, wo sich das erwachsene Mädchen dem Dienste der Diana weihet.
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