Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Dritten Theils erste Abtheilung: Aeltere Geschichte der Geschlechtsverbindung und Liebe. Leipzig, 1798.Athen war eine Republik: Patriotismus war die erste unter den Pflichten und Tugenden, die ihre Einwohner kannten. Das höchste Verdienst bestand darin, den Wohlstand des Vaterlandes und sein Ansehn bey den Barbaren und den benachbarten Griechen zu vermehren. Weisheit, Muth, Geschicklichkeit, in Beziehung auf den Stand des handelnden Bürgers, machte eigentlich das Edle und Schöne nach der Denkungsart des größeren Haufens aus. Der Grundsatz: befördre durch weise Beherrschung deiner Triebe deine eigene Glückseligkeit und Ruhe auf die Dauer! war zwar in Athen, so wie überall, derjenige, der sich durch seine Faßlichkeit und allgemeine Anwendbarkeit am meisten empfahl. Inzwischen forderte Bürgerpflicht und Bürgerruhm zu mancher Aufopferung dieser eigenen Glückseligkeit auf, und die Athenienser verschmähten keines der Mittel, wodurch der öffentliche Geist unterstützt werden konnte. Ehrgeitz war die edelste der Leidenschaften: Der Vorzug, an der Spitze der Republik und ihrer Bürger im Krieg und Frieden zu stehen, der rühmlichste Zweck des Lebens, und da nichts so vortheilhaft für den Staat ist, als die schwärmerische Anhänglichkeit, mit der jeder einzelne Bürger an der mystischen Person der Republik hängt, so legte man einen hohen Werth auf die Begeisterung überhaupt, und besonders auf diejenige, welche zu Aufopferungen des partikulären Interesses für das öffentliche anfeuert. So dachte der Athenienser im Ganzen: oder vielmehr, es war gute Sitte in Athen, so zu denken. Man verkannte dabey nicht den Werth solcher Tugenden, die den Menschen für sich, oder als Mitglied Athen war eine Republik: Patriotismus war die erste unter den Pflichten und Tugenden, die ihre Einwohner kannten. Das höchste Verdienst bestand darin, den Wohlstand des Vaterlandes und sein Ansehn bey den Barbaren und den benachbarten Griechen zu vermehren. Weisheit, Muth, Geschicklichkeit, in Beziehung auf den Stand des handelnden Bürgers, machte eigentlich das Edle und Schöne nach der Denkungsart des größeren Haufens aus. Der Grundsatz: befördre durch weise Beherrschung deiner Triebe deine eigene Glückseligkeit und Ruhe auf die Dauer! war zwar in Athen, so wie überall, derjenige, der sich durch seine Faßlichkeit und allgemeine Anwendbarkeit am meisten empfahl. Inzwischen forderte Bürgerpflicht und Bürgerruhm zu mancher Aufopferung dieser eigenen Glückseligkeit auf, und die Athenienser verschmähten keines der Mittel, wodurch der öffentliche Geist unterstützt werden konnte. Ehrgeitz war die edelste der Leidenschaften: Der Vorzug, an der Spitze der Republik und ihrer Bürger im Krieg und Frieden zu stehen, der rühmlichste Zweck des Lebens, und da nichts so vortheilhaft für den Staat ist, als die schwärmerische Anhänglichkeit, mit der jeder einzelne Bürger an der mystischen Person der Republik hängt, so legte man einen hohen Werth auf die Begeisterung überhaupt, und besonders auf diejenige, welche zu Aufopferungen des partikulären Interesses für das öffentliche anfeuert. So dachte der Athenienser im Ganzen: oder vielmehr, es war gute Sitte in Athen, so zu denken. Man verkannte dabey nicht den Werth solcher Tugenden, die den Menschen für sich, oder als Mitglied <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0050" n="50"/> <p>Athen war eine Republik: Patriotismus war die erste unter den Pflichten und Tugenden, die ihre Einwohner kannten. 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Ehrgeitz war die edelste der Leidenschaften: Der Vorzug, an der Spitze der Republik und ihrer Bürger im Krieg und Frieden zu stehen, der rühmlichste Zweck des Lebens, und da nichts so vortheilhaft für den Staat ist, als die schwärmerische Anhänglichkeit, mit der jeder einzelne Bürger an der mystischen Person der Republik hängt, so legte man einen hohen Werth auf die Begeisterung überhaupt, und besonders auf diejenige, welche zu Aufopferungen des partikulären Interesses für das öffentliche anfeuert.</p> <p>So dachte der Athenienser im Ganzen: oder vielmehr, es war gute Sitte in Athen, so zu denken. Man verkannte dabey nicht den Werth solcher Tugenden, die den Menschen für sich, oder als Mitglied </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [50/0050]
Athen war eine Republik: Patriotismus war die erste unter den Pflichten und Tugenden, die ihre Einwohner kannten. Das höchste Verdienst bestand darin, den Wohlstand des Vaterlandes und sein Ansehn bey den Barbaren und den benachbarten Griechen zu vermehren. Weisheit, Muth, Geschicklichkeit, in Beziehung auf den Stand des handelnden Bürgers, machte eigentlich das Edle und Schöne nach der Denkungsart des größeren Haufens aus. Der Grundsatz: befördre durch weise Beherrschung deiner Triebe deine eigene Glückseligkeit und Ruhe auf die Dauer! war zwar in Athen, so wie überall, derjenige, der sich durch seine Faßlichkeit und allgemeine Anwendbarkeit am meisten empfahl. Inzwischen forderte Bürgerpflicht und Bürgerruhm zu mancher Aufopferung dieser eigenen Glückseligkeit auf, und die Athenienser verschmähten keines der Mittel, wodurch der öffentliche Geist unterstützt werden konnte. Ehrgeitz war die edelste der Leidenschaften: Der Vorzug, an der Spitze der Republik und ihrer Bürger im Krieg und Frieden zu stehen, der rühmlichste Zweck des Lebens, und da nichts so vortheilhaft für den Staat ist, als die schwärmerische Anhänglichkeit, mit der jeder einzelne Bürger an der mystischen Person der Republik hängt, so legte man einen hohen Werth auf die Begeisterung überhaupt, und besonders auf diejenige, welche zu Aufopferungen des partikulären Interesses für das öffentliche anfeuert.
So dachte der Athenienser im Ganzen: oder vielmehr, es war gute Sitte in Athen, so zu denken. Man verkannte dabey nicht den Werth solcher Tugenden, die den Menschen für sich, oder als Mitglied
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