Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Dritten Theils erste Abtheilung: Aeltere Geschichte der Geschlechtsverbindung und Liebe. Leipzig, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite

Alles dieß läßt auf keine Anerkennung der Selbständigkeit des Weibes nach dem Geiste der Gesetze des Solon schließen, und man muß es sagen: unbekümmert um die Erziehung des Mädchens, und die innere Lage der Gattin zu ihrem Manne, 13) hat er nur dahin gesehen, dem Hausvater seine Eigenthumsrechte, und seine häusliche Ruhe zu sichern. Ueberall bemerkt man, daß sich die Gesetze des Weibes nur in so fern annehmen, als es mittelst des Mannes mit dem Staate zusammenhing. Die Matrone stand allerdings unter dem Schutze des Staates: aber hauptsächlich in so fern sie den Beleidigungen oder der Verführung fremder Männer ausgesetzt war, oder als ihre Lage gegen den Gatten und die Gesellschaft der Population und den Sitten nachtheilig werden konnte. Der Weiber-Raub, und die schändliche Gewinnsucht der Gelegenheitsmacher, waren mit scharfen Strafen verpönt. Töchter und Schwestern, die auf einer unehrbaren That ertappt wurden, konnten von ihren Eltern und Brüdern wie Sklavinnen verkauft werden. Der beleidigte Gatte durfte den Ehebrecher umbringen, und Verführung ward noch härter

nicht retten. Aber zum Theil hat man sie auch unrecht verstanden. Solon hat z. B. die Zahl der monatlichen Umarmungen nicht allgemein, sondern bloß in Rücksicht der reichen Erbinnen vorgeschrieben, damit diese nicht Opfer des bloßen Eigennutzes werden sollten. Die Einlassung mit dem nächsten Anverwandten auf den Fall der Unfähigkeit des Gatten, muß von einer neuen Ehe nach Trennung von dem unfähigen Manne verstanden werden.
13) Plato de Legg. Libr. VII.

Alles dieß läßt auf keine Anerkennung der Selbständigkeit des Weibes nach dem Geiste der Gesetze des Solon schließen, und man muß es sagen: unbekümmert um die Erziehung des Mädchens, und die innere Lage der Gattin zu ihrem Manne, 13) hat er nur dahin gesehen, dem Hausvater seine Eigenthumsrechte, und seine häusliche Ruhe zu sichern. Ueberall bemerkt man, daß sich die Gesetze des Weibes nur in so fern annehmen, als es mittelst des Mannes mit dem Staate zusammenhing. Die Matrone stand allerdings unter dem Schutze des Staates: aber hauptsächlich in so fern sie den Beleidigungen oder der Verführung fremder Männer ausgesetzt war, oder als ihre Lage gegen den Gatten und die Gesellschaft der Population und den Sitten nachtheilig werden konnte. Der Weiber-Raub, und die schändliche Gewinnsucht der Gelegenheitsmacher, waren mit scharfen Strafen verpönt. Töchter und Schwestern, die auf einer unehrbaren That ertappt wurden, konnten von ihren Eltern und Brüdern wie Sklavinnen verkauft werden. Der beleidigte Gatte durfte den Ehebrecher umbringen, und Verführung ward noch härter

nicht retten. Aber zum Theil hat man sie auch unrecht verstanden. Solon hat z. B. die Zahl der monatlichen Umarmungen nicht allgemein, sondern bloß in Rücksicht der reichen Erbinnen vorgeschrieben, damit diese nicht Opfer des bloßen Eigennutzes werden sollten. Die Einlassung mit dem nächsten Anverwandten auf den Fall der Unfähigkeit des Gatten, muß von einer neuen Ehe nach Trennung von dem unfähigen Manne verstanden werden.
13) Plato de Legg. Libr. VII.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0054" n="54"/>
          <p>Alles dieß läßt auf keine Anerkennung der Selbständigkeit des Weibes nach dem Geiste der Gesetze des Solon schließen, und man muß es sagen: unbekümmert um die Erziehung des Mädchens, und die innere Lage der Gattin zu ihrem Manne, <note place="foot" n="13)"><hi rendition="#aq">Plato de Legg. Libr. VII.</hi></note> hat er nur dahin gesehen, dem Hausvater seine Eigenthumsrechte, und seine häusliche Ruhe zu sichern. Ueberall bemerkt man, daß sich die Gesetze des Weibes nur in so fern annehmen, als es mittelst des Mannes mit dem Staate zusammenhing. Die Matrone stand allerdings unter dem Schutze des Staates: aber hauptsächlich in so fern sie den Beleidigungen oder der Verführung fremder Männer ausgesetzt war, oder als ihre Lage gegen den Gatten und die Gesellschaft der Population und den Sitten nachtheilig werden konnte. Der Weiber-Raub, und die schändliche Gewinnsucht der Gelegenheitsmacher, waren mit scharfen Strafen verpönt. Töchter und Schwestern, die auf einer unehrbaren That ertappt wurden, konnten von ihren Eltern und Brüdern wie Sklavinnen verkauft werden. Der beleidigte Gatte durfte den Ehebrecher umbringen, und Verführung ward noch härter                              <note xml:id="note-0054" prev="note-0053" place="foot" n="12)">nicht retten. Aber zum Theil hat man sie auch unrecht verstanden. Solon hat z. B. die Zahl der monatlichen Umarmungen nicht allgemein, sondern bloß in Rücksicht der reichen Erbinnen vorgeschrieben, damit diese nicht Opfer des bloßen Eigennutzes werden sollten. Die Einlassung mit dem nächsten Anverwandten auf den Fall der Unfähigkeit des Gatten, muß von einer neuen Ehe nach Trennung von dem unfähigen Manne verstanden werden.</note>
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[54/0054] Alles dieß läßt auf keine Anerkennung der Selbständigkeit des Weibes nach dem Geiste der Gesetze des Solon schließen, und man muß es sagen: unbekümmert um die Erziehung des Mädchens, und die innere Lage der Gattin zu ihrem Manne, 13) hat er nur dahin gesehen, dem Hausvater seine Eigenthumsrechte, und seine häusliche Ruhe zu sichern. Ueberall bemerkt man, daß sich die Gesetze des Weibes nur in so fern annehmen, als es mittelst des Mannes mit dem Staate zusammenhing. Die Matrone stand allerdings unter dem Schutze des Staates: aber hauptsächlich in so fern sie den Beleidigungen oder der Verführung fremder Männer ausgesetzt war, oder als ihre Lage gegen den Gatten und die Gesellschaft der Population und den Sitten nachtheilig werden konnte. Der Weiber-Raub, und die schändliche Gewinnsucht der Gelegenheitsmacher, waren mit scharfen Strafen verpönt. Töchter und Schwestern, die auf einer unehrbaren That ertappt wurden, konnten von ihren Eltern und Brüdern wie Sklavinnen verkauft werden. Der beleidigte Gatte durfte den Ehebrecher umbringen, und Verführung ward noch härter 12) 13) Plato de Legg. Libr. VII. 12) nicht retten. Aber zum Theil hat man sie auch unrecht verstanden. Solon hat z. B. die Zahl der monatlichen Umarmungen nicht allgemein, sondern bloß in Rücksicht der reichen Erbinnen vorgeschrieben, damit diese nicht Opfer des bloßen Eigennutzes werden sollten. Die Einlassung mit dem nächsten Anverwandten auf den Fall der Unfähigkeit des Gatten, muß von einer neuen Ehe nach Trennung von dem unfähigen Manne verstanden werden.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-11-20T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-11-20T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-11-20T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Als Grundlage dienen die Wikisource:Editionsrichtlinien.
  • Der Seitenwechsel erfolgt bei Worttrennung nach dem gesamten Wort.
  • Geviertstriche (—) wurden durch Halbgeviertstriche ersetzt (–).
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als moderner Umlaut (ä, ö, ü) transkribiert.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus0301_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus0301_1798/54
Zitationshilfe: Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Dritten Theils erste Abtheilung: Aeltere Geschichte der Geschlechtsverbindung und Liebe. Leipzig, 1798, S. 54. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus0301_1798/54>, abgerufen am 23.11.2024.