Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Dritten Theils zweyte Abtheilung: Neuere Geschichte der Geschlechtsverbindung und Liebe. Leipzig, 1798."Ihr müßt, sagt der Autor, der Dame euer Leiden klagen, sprechen: ich ziehe den Tod durch eure Strenge dem Glück durch die Güte jeder andern vor. Vielleicht ergiebt sie sich nicht gleich auf diesen ersten Angriff, und zeigt einigen Stolz. Laßt euch nicht abweisen, seht sie oft, verliert sie nicht aus den Augen: die Weiber sind leichtsinnig: es bedarf nur eines Augenblicks, um das Andenken langer Dienste auszulöschen. Vor allen Dingen empfehle ich euch nichts zu verlangen, als bis ihr von ihrer Gegenliebe überzeugt seyd. Aber sobald das süße Bekenntniß über ihre Lippen gekommen ist, so legt alle eure Talente aus, und denkt ernsthaft daran, Land zu gewinnen. Grüßt ihre Nachbarinnen, begegnet ihren Gespielinnen mit Artigkeit, gewinnt die Dienstboten mit Geschenken und Versprechungen: Vernachlässigt Keinen! Wenn die Dame von Jedermann euch loben hört, so wird sie sich ihrer Wahl freuen, und euch stärker lieben. Sicher von ihren Gesinnungen, späht den Augenblick aus, worin sie allein ist. Geht zu ihr: fordert einen Kuß. Sie wird ihn abschlagen: raubt ihn, und seyd versichert, in ihrer Seele weiß sie euch Dank dafür. Kehrt am folgenden Tage wieder zurück, und nehmt einen zweyten. Diesen wird man euch willig geben. Nehmt einen, zwey: sucht sie so schmackhaft, (savoureux,) als möglich, zu geben. Dieß entflammt die Sinnen der Weiber am stärksten. - Habt ihr endlich die letzte Probe der Liebe empfangen, so werdet ihr sehen, daß sie sich noch enger an euch hängt. Findet ihr sie von eurer Seite offenherzig, sanft, kurz! so wie sie euch gefällt; so hängt euch gleichfalls an sie, dient ihr mit Treue, steht allenfalls nicht an, sie zu heirathen. „Ihr müßt, sagt der Autor, der Dame euer Leiden klagen, sprechen: ich ziehe den Tod durch eure Strenge dem Glück durch die Güte jeder andern vor. Vielleicht ergiebt sie sich nicht gleich auf diesen ersten Angriff, und zeigt einigen Stolz. Laßt euch nicht abweisen, seht sie oft, verliert sie nicht aus den Augen: die Weiber sind leichtsinnig: es bedarf nur eines Augenblicks, um das Andenken langer Dienste auszulöschen. Vor allen Dingen empfehle ich euch nichts zu verlangen, als bis ihr von ihrer Gegenliebe überzeugt seyd. Aber sobald das süße Bekenntniß über ihre Lippen gekommen ist, so legt alle eure Talente aus, und denkt ernsthaft daran, Land zu gewinnen. Grüßt ihre Nachbarinnen, begegnet ihren Gespielinnen mit Artigkeit, gewinnt die Dienstboten mit Geschenken und Versprechungen: Vernachlässigt Keinen! Wenn die Dame von Jedermann euch loben hört, so wird sie sich ihrer Wahl freuen, und euch stärker lieben. Sicher von ihren Gesinnungen, späht den Augenblick aus, worin sie allein ist. Geht zu ihr: fordert einen Kuß. Sie wird ihn abschlagen: raubt ihn, und seyd versichert, in ihrer Seele weiß sie euch Dank dafür. Kehrt am folgenden Tage wieder zurück, und nehmt einen zweyten. Diesen wird man euch willig geben. Nehmt einen, zwey: sucht sie so schmackhaft, (savoureux,) als möglich, zu geben. Dieß entflammt die Sinnen der Weiber am stärksten. – Habt ihr endlich die letzte Probe der Liebe empfangen, so werdet ihr sehen, daß sie sich noch enger an euch hängt. Findet ihr sie von eurer Seite offenherzig, sanft, kurz! so wie sie euch gefällt; so hängt euch gleichfalls an sie, dient ihr mit Treue, steht allenfalls nicht an, sie zu heirathen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0109" n="109"/> <p>„Ihr müßt, sagt der Autor, der Dame euer Leiden klagen, sprechen: ich ziehe den Tod durch eure Strenge dem Glück durch die Güte jeder andern vor. Vielleicht ergiebt sie sich nicht gleich auf diesen ersten Angriff, und zeigt einigen Stolz. Laßt euch nicht abweisen, seht sie oft, verliert sie nicht aus den Augen: die Weiber sind leichtsinnig: es bedarf nur eines Augenblicks, um das Andenken langer Dienste auszulöschen. Vor allen Dingen empfehle ich euch nichts zu verlangen, als bis ihr von ihrer Gegenliebe überzeugt seyd. Aber sobald das süße Bekenntniß über ihre Lippen gekommen ist, so legt alle eure Talente aus, und denkt ernsthaft daran, Land zu gewinnen. Grüßt ihre Nachbarinnen, begegnet ihren Gespielinnen mit Artigkeit, gewinnt die Dienstboten mit Geschenken und Versprechungen: Vernachlässigt Keinen! Wenn die Dame von Jedermann euch loben hört, so wird sie sich ihrer Wahl freuen, und euch stärker lieben. Sicher von ihren Gesinnungen, späht den Augenblick aus, worin sie allein ist. Geht zu ihr: fordert einen Kuß. Sie wird ihn abschlagen: raubt ihn, und seyd versichert, in ihrer Seele weiß sie euch Dank dafür. Kehrt am folgenden Tage wieder zurück, und nehmt einen zweyten. Diesen wird man euch willig geben. Nehmt einen, zwey: sucht sie so schmackhaft, <hi rendition="#aq">(savoureux,)</hi> als möglich, zu geben. Dieß entflammt die Sinnen der Weiber am stärksten. – Habt ihr endlich die letzte Probe der Liebe empfangen, so werdet ihr sehen, daß sie sich noch enger an euch hängt. Findet ihr sie von eurer Seite offenherzig, sanft, kurz! so wie sie euch gefällt; so hängt euch gleichfalls an sie, dient ihr mit Treue, steht allenfalls nicht an, sie zu heirathen. </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [109/0109]
„Ihr müßt, sagt der Autor, der Dame euer Leiden klagen, sprechen: ich ziehe den Tod durch eure Strenge dem Glück durch die Güte jeder andern vor. Vielleicht ergiebt sie sich nicht gleich auf diesen ersten Angriff, und zeigt einigen Stolz. Laßt euch nicht abweisen, seht sie oft, verliert sie nicht aus den Augen: die Weiber sind leichtsinnig: es bedarf nur eines Augenblicks, um das Andenken langer Dienste auszulöschen. Vor allen Dingen empfehle ich euch nichts zu verlangen, als bis ihr von ihrer Gegenliebe überzeugt seyd. Aber sobald das süße Bekenntniß über ihre Lippen gekommen ist, so legt alle eure Talente aus, und denkt ernsthaft daran, Land zu gewinnen. Grüßt ihre Nachbarinnen, begegnet ihren Gespielinnen mit Artigkeit, gewinnt die Dienstboten mit Geschenken und Versprechungen: Vernachlässigt Keinen! Wenn die Dame von Jedermann euch loben hört, so wird sie sich ihrer Wahl freuen, und euch stärker lieben. Sicher von ihren Gesinnungen, späht den Augenblick aus, worin sie allein ist. Geht zu ihr: fordert einen Kuß. Sie wird ihn abschlagen: raubt ihn, und seyd versichert, in ihrer Seele weiß sie euch Dank dafür. Kehrt am folgenden Tage wieder zurück, und nehmt einen zweyten. Diesen wird man euch willig geben. Nehmt einen, zwey: sucht sie so schmackhaft, (savoureux,) als möglich, zu geben. Dieß entflammt die Sinnen der Weiber am stärksten. – Habt ihr endlich die letzte Probe der Liebe empfangen, so werdet ihr sehen, daß sie sich noch enger an euch hängt. Findet ihr sie von eurer Seite offenherzig, sanft, kurz! so wie sie euch gefällt; so hängt euch gleichfalls an sie, dient ihr mit Treue, steht allenfalls nicht an, sie zu heirathen.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax.
(2012-11-20T10:30:31Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2012-11-20T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat.
(2012-11-20T10:30:31Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |