Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Dritten Theils zweyte Abtheilung: Neuere Geschichte der Geschlechtsverbindung und Liebe. Leipzig, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite

Ogier wird nachher von der Fee Morgue, Schwester des Königs Artus, in das irdische Paradies versetzt, wo er zweyhundert Jahre bleibt. Er zeugt mit ihr einen Sohn, trinkt aus der Fontaine Jouvenze, und erhält von der Fee Morgue einen Holzscheit, an dessen unversehrter Aufbewahrung die Dauer seines Lebens hängt; außerdem aber einen Ring, der ihn in Jugend und Kraft erhält, so lang' er ihn am Finger trägt. Er kehrt nach Frankreich zurück, wo ihm die Königin das Geständniß thut, daß ihr Mann bey seinem hohen Alter nicht mehr geschickt zu den Freuden der Liebe, dabey sehr eifersüchtig sey, und ihr wenig Freyheit lasse. Sie müsse daher ein anständiges Verständniß haben, 68) und bitte ihn, bey ihr zu bleiben. Ogier schlägt dieß zwar aus, will sich jedoch nach des Königs Tode mit ihr trauen lassen, als er von der Fee Morgue in den Himmel entrückt wird.

So viel über den Inhalt des Romans, in so weit er zu meinem Zwecke dient. Man trifft hier keine irrenden Ritter an, die auf Abentheuer ausgehen, keine Tourniere, keine Gefechte zur bloßen Ehre einer Dame. Es sind Kriegs- und Staatsaktionen, Schlachten, Zweykämpfe, die das Schicksal von Ländern und Städten entscheiden, oder doch zur Rettung der Unterdrückten und Hülflosen unternommen werden. Darauf hat sich auch gewiß die Ritterschaft im zwölften und dreyzehnten Jahrhunderte beschränkt. Unser Roman spricht von drey Orden: dem Orden der Priesterschaft, der Ehe und der Ritterschaft, vermöge welches letztern man in der Welt herumreiset, den Glauben an Jesum Christum

68) Pourquoi m'est necessaire d'avoir quelque noble entendement.

Ogier wird nachher von der Fee Morgue, Schwester des Königs Artus, in das irdische Paradies versetzt, wo er zweyhundert Jahre bleibt. Er zeugt mit ihr einen Sohn, trinkt aus der Fontaine Jouvenze, und erhält von der Fee Morgue einen Holzscheit, an dessen unversehrter Aufbewahrung die Dauer seines Lebens hängt; außerdem aber einen Ring, der ihn in Jugend und Kraft erhält, so lang’ er ihn am Finger trägt. Er kehrt nach Frankreich zurück, wo ihm die Königin das Geständniß thut, daß ihr Mann bey seinem hohen Alter nicht mehr geschickt zu den Freuden der Liebe, dabey sehr eifersüchtig sey, und ihr wenig Freyheit lasse. Sie müsse daher ein anständiges Verständniß haben, 68) und bitte ihn, bey ihr zu bleiben. Ogier schlägt dieß zwar aus, will sich jedoch nach des Königs Tode mit ihr trauen lassen, als er von der Fee Morgue in den Himmel entrückt wird.

So viel über den Inhalt des Romans, in so weit er zu meinem Zwecke dient. Man trifft hier keine irrenden Ritter an, die auf Abentheuer ausgehen, keine Tourniere, keine Gefechte zur bloßen Ehre einer Dame. Es sind Kriegs- und Staatsaktionen, Schlachten, Zweykämpfe, die das Schicksal von Ländern und Städten entscheiden, oder doch zur Rettung der Unterdrückten und Hülflosen unternommen werden. Darauf hat sich auch gewiß die Ritterschaft im zwölften und dreyzehnten Jahrhunderte beschränkt. Unser Roman spricht von drey Orden: dem Orden der Priesterschaft, der Ehe und der Ritterschaft, vermöge welches letztern man in der Welt herumreiset, den Glauben an Jesum Christum

68) Pourquoi m’est necessaire d’avoir quelque noble entendement.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0124" n="124"/>
          <p><hi rendition="#aq">Ogier</hi> wird nachher von der Fee <hi rendition="#aq">Morgue,</hi> Schwester des Königs <hi rendition="#aq">Artus,</hi> in das irdische Paradies versetzt, wo er zweyhundert Jahre bleibt. Er zeugt mit ihr einen Sohn, trinkt aus der Fontaine <hi rendition="#aq">Jouvenze,</hi> und erhält von der Fee <hi rendition="#aq">Morgue</hi> einen <choice><sic>Holzschnitt</sic><corr>Holzscheit</corr></choice>, an dessen unversehrter Aufbewahrung die Dauer seines Lebens hängt; außerdem aber einen Ring, der ihn in Jugend und Kraft erhält, so lang&#x2019; er ihn am Finger trägt. Er kehrt nach Frankreich zurück, wo ihm die Königin das Geständniß thut, daß ihr Mann bey seinem hohen Alter nicht mehr geschickt zu den Freuden der Liebe, dabey sehr eifersüchtig sey, und ihr wenig Freyheit lasse. Sie müsse daher ein anständiges Verständniß haben, <note place="foot" n="68)"><hi rendition="#aq">Pourquoi m&#x2019;est necessaire d&#x2019;avoir quelque noble entendement.</hi></note> und bitte ihn, bey ihr zu bleiben. <hi rendition="#aq">Ogier</hi> schlägt dieß zwar aus, will sich jedoch nach des Königs Tode mit ihr trauen lassen, als er von der Fee <hi rendition="#aq">Morgue</hi> in den Himmel entrückt wird.</p>
          <p>So viel über den Inhalt des Romans, in so weit er zu meinem Zwecke dient. Man trifft hier keine irrenden Ritter an, die auf Abentheuer ausgehen, keine Tourniere, keine Gefechte zur bloßen Ehre einer Dame. Es sind Kriegs- und Staatsaktionen, Schlachten, Zweykämpfe, die das Schicksal von Ländern und Städten entscheiden, oder doch zur Rettung der Unterdrückten und Hülflosen unternommen werden. Darauf hat sich auch gewiß die Ritterschaft im zwölften und dreyzehnten Jahrhunderte beschränkt. Unser Roman spricht von drey Orden: dem Orden der Priesterschaft, der Ehe und der Ritterschaft, vermöge welches letztern man in der Welt herumreiset, den Glauben an Jesum Christum
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[124/0124] Ogier wird nachher von der Fee Morgue, Schwester des Königs Artus, in das irdische Paradies versetzt, wo er zweyhundert Jahre bleibt. Er zeugt mit ihr einen Sohn, trinkt aus der Fontaine Jouvenze, und erhält von der Fee Morgue einen Holzscheit, an dessen unversehrter Aufbewahrung die Dauer seines Lebens hängt; außerdem aber einen Ring, der ihn in Jugend und Kraft erhält, so lang’ er ihn am Finger trägt. Er kehrt nach Frankreich zurück, wo ihm die Königin das Geständniß thut, daß ihr Mann bey seinem hohen Alter nicht mehr geschickt zu den Freuden der Liebe, dabey sehr eifersüchtig sey, und ihr wenig Freyheit lasse. Sie müsse daher ein anständiges Verständniß haben, 68) und bitte ihn, bey ihr zu bleiben. Ogier schlägt dieß zwar aus, will sich jedoch nach des Königs Tode mit ihr trauen lassen, als er von der Fee Morgue in den Himmel entrückt wird. So viel über den Inhalt des Romans, in so weit er zu meinem Zwecke dient. Man trifft hier keine irrenden Ritter an, die auf Abentheuer ausgehen, keine Tourniere, keine Gefechte zur bloßen Ehre einer Dame. Es sind Kriegs- und Staatsaktionen, Schlachten, Zweykämpfe, die das Schicksal von Ländern und Städten entscheiden, oder doch zur Rettung der Unterdrückten und Hülflosen unternommen werden. Darauf hat sich auch gewiß die Ritterschaft im zwölften und dreyzehnten Jahrhunderte beschränkt. Unser Roman spricht von drey Orden: dem Orden der Priesterschaft, der Ehe und der Ritterschaft, vermöge welches letztern man in der Welt herumreiset, den Glauben an Jesum Christum 68) Pourquoi m’est necessaire d’avoir quelque noble entendement.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-11-20T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-11-20T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-11-20T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Als Grundlage dienen die Wikisource:Editionsrichtlinien.
  • Der Seitenwechsel erfolgt bei Worttrennung nach dem gesamten Wort.
  • Geviertstriche (—) wurden durch Halbgeviertstriche ersetzt (–).
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als moderner Umlaut (ä, ö, ü) transkribiert.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus0302_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus0302_1798/124
Zitationshilfe: Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Dritten Theils zweyte Abtheilung: Neuere Geschichte der Geschlechtsverbindung und Liebe. Leipzig, 1798, S. 124. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus0302_1798/124>, abgerufen am 21.11.2024.