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Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Dritten Theils zweyte Abtheilung: Neuere Geschichte der Geschlechtsverbindung und Liebe. Leipzig, 1798.

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erstieg: Ach wenn mich meine Dame sähe! 55) Walter Manny, ein englischer Ritter, rief: daß ich nie Gnade vor meiner Dame erlange, wenn ich diesen Streit ausschlage! 56) Galeaz von Mantua zog in der Welt umher, um zwey Ritter zu überwinden, und diese der Königin Johanna als Gefangene darzustellen, weil sie ihn zum Tanz aufgefordert hatte.

Das Frauenzimmer bey Hofe durfte diese öffentlichen Huldigungen annehmen. Sie waren bloßes Spiel bey Tournieren und andern feyerlichen Lustbarkeiten, und den Ernst, den ihre Diener daraus machten, konnten sie als Wirkung einer bloßen Courteoisie betrachten.

Natürlicher Weise aber waren diese Verbindungen von sehr verschiedenem Gehalt. Gewiß sehr häufig lag bloßer Austausch von Eitelkeitsgewährungen dabey zum Grunde: oft Belustigungstrieb, oft Mode, oder zunftmäßige Loosung. Zuweilen aber stiegen sie zu einem hohen Grade von Schwärmerey. Agnes von Navarra, Gemahlin des Grafen Phöbus de Foix, war eine der tugendhaftesten Prinzessinnen ihres Zeitalters, und sie genoß allgemein dieses Rufs. Aber dieß hinderte sie nicht, einen der besten französischen Dichter aus dem vierzehnten Jahrhunderte, Wilhelm Machault, zu lieben. Sie machte Verse auf ihn, welche Leidenschaft athmeten: sie erlaubte ihm, in den seinigen von Zärtlichkeit zu ihr zu sprechen. Er ward eifersüchtig ohne Grund, und sie wandte ein sonderbares Mittel an, um ihn zu beruhigen. Sie sandte ihm ihren Beichtvater

55) St. Foix T. IV. S. 13.
56) Warton Geschichte der englischen Dichtkunst. S. 256.

erstieg: Ach wenn mich meine Dame sähe! 55) Walter Manny, ein englischer Ritter, rief: daß ich nie Gnade vor meiner Dame erlange, wenn ich diesen Streit ausschlage! 56) Galeaz von Mantua zog in der Welt umher, um zwey Ritter zu überwinden, und diese der Königin Johanna als Gefangene darzustellen, weil sie ihn zum Tanz aufgefordert hatte.

Das Frauenzimmer bey Hofe durfte diese öffentlichen Huldigungen annehmen. Sie waren bloßes Spiel bey Tournieren und andern feyerlichen Lustbarkeiten, und den Ernst, den ihre Diener daraus machten, konnten sie als Wirkung einer bloßen Courteoisie betrachten.

Natürlicher Weise aber waren diese Verbindungen von sehr verschiedenem Gehalt. Gewiß sehr häufig lag bloßer Austausch von Eitelkeitsgewährungen dabey zum Grunde: oft Belustigungstrieb, oft Mode, oder zunftmäßige Loosung. Zuweilen aber stiegen sie zu einem hohen Grade von Schwärmerey. Agnes von Navarra, Gemahlin des Grafen Phöbus de Foix, war eine der tugendhaftesten Prinzessinnen ihres Zeitalters, und sie genoß allgemein dieses Rufs. Aber dieß hinderte sie nicht, einen der besten französischen Dichter aus dem vierzehnten Jahrhunderte, Wilhelm Machault, zu lieben. Sie machte Verse auf ihn, welche Leidenschaft athmeten: sie erlaubte ihm, in den seinigen von Zärtlichkeit zu ihr zu sprechen. Er ward eifersüchtig ohne Grund, und sie wandte ein sonderbares Mittel an, um ihn zu beruhigen. Sie sandte ihm ihren Beichtvater

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[254/0254] erstieg: Ach wenn mich meine Dame sähe! 55) Walter Manny, ein englischer Ritter, rief: daß ich nie Gnade vor meiner Dame erlange, wenn ich diesen Streit ausschlage! 56) Galeaz von Mantua zog in der Welt umher, um zwey Ritter zu überwinden, und diese der Königin Johanna als Gefangene darzustellen, weil sie ihn zum Tanz aufgefordert hatte. Das Frauenzimmer bey Hofe durfte diese öffentlichen Huldigungen annehmen. Sie waren bloßes Spiel bey Tournieren und andern feyerlichen Lustbarkeiten, und den Ernst, den ihre Diener daraus machten, konnten sie als Wirkung einer bloßen Courteoisie betrachten. Natürlicher Weise aber waren diese Verbindungen von sehr verschiedenem Gehalt. Gewiß sehr häufig lag bloßer Austausch von Eitelkeitsgewährungen dabey zum Grunde: oft Belustigungstrieb, oft Mode, oder zunftmäßige Loosung. Zuweilen aber stiegen sie zu einem hohen Grade von Schwärmerey. Agnes von Navarra, Gemahlin des Grafen Phöbus de Foix, war eine der tugendhaftesten Prinzessinnen ihres Zeitalters, und sie genoß allgemein dieses Rufs. Aber dieß hinderte sie nicht, einen der besten französischen Dichter aus dem vierzehnten Jahrhunderte, Wilhelm Machault, zu lieben. Sie machte Verse auf ihn, welche Leidenschaft athmeten: sie erlaubte ihm, in den seinigen von Zärtlichkeit zu ihr zu sprechen. Er ward eifersüchtig ohne Grund, und sie wandte ein sonderbares Mittel an, um ihn zu beruhigen. Sie sandte ihm ihren Beichtvater 55) St. Foix T. IV. S. 13. 56) Warton Geschichte der englischen Dichtkunst. S. 256.

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Zitationshilfe: Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Dritten Theils zweyte Abtheilung: Neuere Geschichte der Geschlechtsverbindung und Liebe. Leipzig, 1798, S. 254. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus0302_1798/254>, abgerufen am 22.11.2024.