Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Dritten Theils zweyte Abtheilung: Neuere Geschichte der Geschlechtsverbindung und Liebe. Leipzig, 1798.Fünftes Kapitel. Denkungsart über die Verbindungen mit den anerkannten Buhlerinnen (femmes entretenues et filles) in Frankreich. Die anerkannten Buhlerinnen in Frankreich sind allemahl vor der Revolution von der guten Gesellschaft ausgeschlossen gewesen, und die gute Sitte hat die engeren Verbindungen mit ihnen nie gebilligt, sobald sie öffentlich zur Schau ausgestellet sind. Der sittenlose Umgang mit einer Frau, die sich nicht bezahlen läßt, kann geduldet werden, so lange der äußere Schein nichts Sittenloses zeigt; aber der nähere Umgang mit einer Person, von der es bekannt ist, daß sie ihre Gunst feil bietet, kann den Anstand nie ungekränkt lassen, weil er durch sich selbst schon auf sittenlose Begriffe führt. Der allgemeine Charakter der Weiber aus dieser Classe lag in der Ueberzeugung, die das Publikum von ihnen hatte, daß sie ihren Unterhalt durch ihre Gefälligkeiten erwerben. Sie waren übrigens von sehr verschiedener Art. Einige unter ihnen verkauften diese nur einem Einzigen, und zwar auf Lebenszeit: oft ohne allen Eigennutz, und bloß gegen einen Ersatz für die Aufopferung, die sie dem Verbündeten mit ihrem Rufe und der Ausschließung von aller guten Gesellschaft brachten. Unter diesen waren Personen von guter Herkunft und Erziehung, die aber durch die gewählte Lebensart auf das Ansehn, das sonst diese Stücke gaben, Verzicht leisten mußten. Andere verkauften sich gleichfalls nur einem Einzigen, Fünftes Kapitel. Denkungsart über die Verbindungen mit den anerkannten Buhlerinnen (femmes entretenues et filles) in Frankreich. Die anerkannten Buhlerinnen in Frankreich sind allemahl vor der Revolution von der guten Gesellschaft ausgeschlossen gewesen, und die gute Sitte hat die engeren Verbindungen mit ihnen nie gebilligt, sobald sie öffentlich zur Schau ausgestellet sind. Der sittenlose Umgang mit einer Frau, die sich nicht bezahlen läßt, kann geduldet werden, so lange der äußere Schein nichts Sittenloses zeigt; aber der nähere Umgang mit einer Person, von der es bekannt ist, daß sie ihre Gunst feil bietet, kann den Anstand nie ungekränkt lassen, weil er durch sich selbst schon auf sittenlose Begriffe führt. Der allgemeine Charakter der Weiber aus dieser Classe lag in der Ueberzeugung, die das Publikum von ihnen hatte, daß sie ihren Unterhalt durch ihre Gefälligkeiten erwerben. Sie waren übrigens von sehr verschiedener Art. Einige unter ihnen verkauften diese nur einem Einzigen, und zwar auf Lebenszeit: oft ohne allen Eigennutz, und bloß gegen einen Ersatz für die Aufopferung, die sie dem Verbündeten mit ihrem Rufe und der Ausschließung von aller guten Gesellschaft brachten. Unter diesen waren Personen von guter Herkunft und Erziehung, die aber durch die gewählte Lebensart auf das Ansehn, das sonst diese Stücke gaben, Verzicht leisten mußten. Andere verkauften sich gleichfalls nur einem Einzigen, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0286" n="286"/> <div n="2"> <head>Fünftes Kapitel.<lb/></head> <argument> <p>Denkungsart über die Verbindungen mit den anerkannten Buhlerinnen <hi rendition="#aq">(femmes entretenues et filles)</hi> in Frankreich.<lb/></p> </argument> <p>Die anerkannten Buhlerinnen in Frankreich sind allemahl vor der Revolution von der guten Gesellschaft ausgeschlossen gewesen, und die gute Sitte hat die engeren Verbindungen mit ihnen nie gebilligt, sobald sie öffentlich zur Schau ausgestellet sind. Der sittenlose Umgang mit einer Frau, die sich nicht bezahlen läßt, kann geduldet werden, so lange der äußere Schein nichts Sittenloses zeigt; aber der nähere Umgang mit einer Person, von der es bekannt ist, daß sie ihre Gunst feil bietet, kann den Anstand nie ungekränkt lassen, weil er durch sich selbst schon auf sittenlose Begriffe führt.</p> <p>Der allgemeine Charakter der Weiber aus dieser Classe lag in der Ueberzeugung, die das Publikum von ihnen hatte, daß sie ihren Unterhalt durch ihre Gefälligkeiten erwerben. Sie waren übrigens von sehr verschiedener Art. Einige unter ihnen verkauften diese nur einem Einzigen, und zwar auf Lebenszeit: oft ohne allen Eigennutz, und bloß gegen einen Ersatz für die Aufopferung, die sie dem Verbündeten mit ihrem Rufe und der Ausschließung von aller guten Gesellschaft brachten. Unter diesen waren Personen von guter Herkunft und Erziehung, die aber durch die gewählte Lebensart auf das Ansehn, das sonst diese Stücke gaben, Verzicht leisten mußten. Andere verkauften sich gleichfalls nur einem Einzigen, </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [286/0286]
Fünftes Kapitel.
Denkungsart über die Verbindungen mit den anerkannten Buhlerinnen (femmes entretenues et filles) in Frankreich.
Die anerkannten Buhlerinnen in Frankreich sind allemahl vor der Revolution von der guten Gesellschaft ausgeschlossen gewesen, und die gute Sitte hat die engeren Verbindungen mit ihnen nie gebilligt, sobald sie öffentlich zur Schau ausgestellet sind. Der sittenlose Umgang mit einer Frau, die sich nicht bezahlen läßt, kann geduldet werden, so lange der äußere Schein nichts Sittenloses zeigt; aber der nähere Umgang mit einer Person, von der es bekannt ist, daß sie ihre Gunst feil bietet, kann den Anstand nie ungekränkt lassen, weil er durch sich selbst schon auf sittenlose Begriffe führt.
Der allgemeine Charakter der Weiber aus dieser Classe lag in der Ueberzeugung, die das Publikum von ihnen hatte, daß sie ihren Unterhalt durch ihre Gefälligkeiten erwerben. Sie waren übrigens von sehr verschiedener Art. Einige unter ihnen verkauften diese nur einem Einzigen, und zwar auf Lebenszeit: oft ohne allen Eigennutz, und bloß gegen einen Ersatz für die Aufopferung, die sie dem Verbündeten mit ihrem Rufe und der Ausschließung von aller guten Gesellschaft brachten. Unter diesen waren Personen von guter Herkunft und Erziehung, die aber durch die gewählte Lebensart auf das Ansehn, das sonst diese Stücke gaben, Verzicht leisten mußten. Andere verkauften sich gleichfalls nur einem Einzigen,
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