Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Dritten Theils zweyte Abtheilung: Neuere Geschichte der Geschlechtsverbindung und Liebe. Leipzig, 1798.mich genug in meiner Gewalt, um meinen Triumpf mit eben so vieler Eitelkeit als Wollust zu betrachten, und für diese letzte doppelte Reitze herzunehmen." - "So, fährt er fort, berauschte ich mich mit dem süßesten Vergnügen. Ich genoß es rein, lebhaft, ohne Mischung von Leiden. Es ist das erste und das einzige, was ich genossen habe, und ich kann sagen, daß ich es Madame de Larnage schuldig bin, nicht ohne Kenntniß desselben gestorben zu seyn!" Welch ein Beweis, daß R. nie die Freuden kennen gelernt hat, welche selbst auf diesem Wege das Herz bereitet! Wie gesagt, was er kennen lernte, war nur Lascivität, war nur Genuß einer damit genau verbundenen Eitelkeit, Mann für ein Weib von heftigen Begierden zu seyn. Aber ach! welch' eine ganz andre Wollust, für das einzige Weib in der Welt der einzige Mann, der einzige Geber solcher Freuden zu seyn, deren höchster Genuß in der Empfindung der genauesten Vereinigung liegt, zu der Menschen gelangen können! Ich übergehe billig die vorübergehenden Anwandlungen von Enthusiasmus, Eitelkeit und Sinnlichkeit, die R. schon früher für die Mädchen im Schlosse Toune empfunden hatte, und die ihn nachher noch für eine Madame de Mably, Demoiselle de Serre, Juliette, und Madame Dupin anwandelten. Das alles ist sehr interessant in der Art, wie er es in der Folge vermöge seiner schöpferischen Phantasie ausgemahlt und dargestellt hat, aber unter die Fackel der Menschenkenntniß gebracht, von sehr geringem inneren Gehalte. Die Liebeserklärung, die er der Demoiselle de Serre schrieb, und die wir noch haben, ist ein so weitschweifiges Romanengeschwätz, ein Produkt, woran das Herz, und sogar mich genug in meiner Gewalt, um meinen Triumpf mit eben so vieler Eitelkeit als Wollust zu betrachten, und für diese letzte doppelte Reitze herzunehmen.“ – „So, fährt er fort, berauschte ich mich mit dem süßesten Vergnügen. Ich genoß es rein, lebhaft, ohne Mischung von Leiden. Es ist das erste und das einzige, was ich genossen habe, und ich kann sagen, daß ich es Madame de Larnage schuldig bin, nicht ohne Kenntniß desselben gestorben zu seyn!“ Welch ein Beweis, daß R. nie die Freuden kennen gelernt hat, welche selbst auf diesem Wege das Herz bereitet! Wie gesagt, was er kennen lernte, war nur Lascivität, war nur Genuß einer damit genau verbundenen Eitelkeit, Mann für ein Weib von heftigen Begierden zu seyn. Aber ach! welch’ eine ganz andre Wollust, für das einzige Weib in der Welt der einzige Mann, der einzige Geber solcher Freuden zu seyn, deren höchster Genuß in der Empfindung der genauesten Vereinigung liegt, zu der Menschen gelangen können! Ich übergehe billig die vorübergehenden Anwandlungen von Enthusiasmus, Eitelkeit und Sinnlichkeit, die R. schon früher für die Mädchen im Schlosse Toune empfunden hatte, und die ihn nachher noch für eine Madame de Mably, Demoiselle de Serre, Juliette, und Madame Dupin anwandelten. Das alles ist sehr interessant in der Art, wie er es in der Folge vermöge seiner schöpferischen Phantasie ausgemahlt und dargestellt hat, aber unter die Fackel der Menschenkenntniß gebracht, von sehr geringem inneren Gehalte. Die Liebeserklärung, die er der Demoiselle de Serre schrieb, und die wir noch haben, ist ein so weitschweifiges Romanengeschwätz, ein Produkt, woran das Herz, und sogar <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0302" n="302"/> mich genug in meiner Gewalt, um meinen Triumpf mit eben so vieler Eitelkeit als Wollust zu betrachten, und für diese letzte doppelte Reitze herzunehmen.“ – „So, fährt er fort, berauschte ich mich mit dem süßesten Vergnügen. Ich genoß es rein, lebhaft, ohne Mischung von Leiden. Es ist das erste und das einzige, was ich genossen habe, und ich kann sagen, daß ich es Madame de Larnage schuldig bin, nicht ohne Kenntniß desselben gestorben zu seyn!“</p> <p>Welch ein Beweis, daß R. nie die Freuden kennen gelernt hat, welche selbst auf diesem Wege das Herz bereitet! Wie gesagt, was er kennen lernte, war nur Lascivität, war nur Genuß einer damit genau verbundenen Eitelkeit, Mann für ein Weib von heftigen Begierden zu seyn. 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mich genug in meiner Gewalt, um meinen Triumpf mit eben so vieler Eitelkeit als Wollust zu betrachten, und für diese letzte doppelte Reitze herzunehmen.“ – „So, fährt er fort, berauschte ich mich mit dem süßesten Vergnügen. Ich genoß es rein, lebhaft, ohne Mischung von Leiden. Es ist das erste und das einzige, was ich genossen habe, und ich kann sagen, daß ich es Madame de Larnage schuldig bin, nicht ohne Kenntniß desselben gestorben zu seyn!“
Welch ein Beweis, daß R. nie die Freuden kennen gelernt hat, welche selbst auf diesem Wege das Herz bereitet! Wie gesagt, was er kennen lernte, war nur Lascivität, war nur Genuß einer damit genau verbundenen Eitelkeit, Mann für ein Weib von heftigen Begierden zu seyn. Aber ach! welch’ eine ganz andre Wollust, für das einzige Weib in der Welt der einzige Mann, der einzige Geber solcher Freuden zu seyn, deren höchster Genuß in der Empfindung der genauesten Vereinigung liegt, zu der Menschen gelangen können!
Ich übergehe billig die vorübergehenden Anwandlungen von Enthusiasmus, Eitelkeit und Sinnlichkeit, die R. schon früher für die Mädchen im Schlosse Toune empfunden hatte, und die ihn nachher noch für eine Madame de Mably, Demoiselle de Serre, Juliette, und Madame Dupin anwandelten. Das alles ist sehr interessant in der Art, wie er es in der Folge vermöge seiner schöpferischen Phantasie ausgemahlt und dargestellt hat, aber unter die Fackel der Menschenkenntniß gebracht, von sehr geringem inneren Gehalte. Die Liebeserklärung, die er der Demoiselle de Serre schrieb, und die wir noch haben, ist ein so weitschweifiges Romanengeschwätz, ein Produkt, woran das Herz, und sogar
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