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Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Dritten Theils zweyte Abtheilung: Neuere Geschichte der Geschlechtsverbindung und Liebe. Leipzig, 1798.

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es ihn vor seinen eigenen Augen erhob, es so stark fühlen und darstellen zu können. Er opferte diesem Bewustseyn alle Triebe eines niedrigen Egoismus auf, und gerieth wirklich durch Selbstdünkel und Ehrgeitz in jene leidenschaftliche Stimmung, welche er selbst so treffend la folie de la vertu nennt. Aber diese Schwärmerey dauerte nur so lange, als er sich in Paris unter Menschen befand, in deren Gesellschaft er sich auszeichnete. Auf dem Lande, wohin er sich nachher begab, ward er ein Mensch, wie andere, und noch dazu wie einer von jenen Weichgeschaffenen, zu deren Klasse er seiner ursprünglichen Anlage nach gehörte. Aber dieser Zustand ward ihm unerträglich. Er suchte nach einem andern, worin er wenigstens den Vorzug, durch die Idee des Außerordentlichen gespannt zu werden, wieder erlangen könnte. Aeußere Verhältnisse traten hinzu. Der Reitz der schönen Natur, die ihn umgab, und ihn zur Zärtlichkeit einlud: die Langeweile, die er bey Theresen empfand, bey der er sich zwar von einem gespannten Zustande, den er anderwärts herhohlte, ausruhen, die ihn aber nicht darein versetzen konnte. Gerade die Versagung von dieser Seite scheint ihn auf die Spur eines bessern Ausweges geleitet zu haben. Er fiel darauf, daß ihm in Rücksicht der Liebe noch etwas fehle, um alle die gespannten Lagen durchgemacht zu haben, in welche eine reitzbare Phantasie, verbunden mit feiner Sinnlichkeit und Anlagen zu sympathetischen Empfindungen, uns versetzen können, und daß gerade dieß auch wieder das wirksamste Mittel seyn würde, den Begriff, den er sich von seinem außerordentlichen Charakter machen wollte, zu vollenden, und die Menge selbst in seiner Einsamkeit

es ihn vor seinen eigenen Augen erhob, es so stark fühlen und darstellen zu können. Er opferte diesem Bewustseyn alle Triebe eines niedrigen Egoismus auf, und gerieth wirklich durch Selbstdünkel und Ehrgeitz in jene leidenschaftliche Stimmung, welche er selbst so treffend la folie de la vertu nennt. Aber diese Schwärmerey dauerte nur so lange, als er sich in Paris unter Menschen befand, in deren Gesellschaft er sich auszeichnete. Auf dem Lande, wohin er sich nachher begab, ward er ein Mensch, wie andere, und noch dazu wie einer von jenen Weichgeschaffenen, zu deren Klasse er seiner ursprünglichen Anlage nach gehörte. Aber dieser Zustand ward ihm unerträglich. Er suchte nach einem andern, worin er wenigstens den Vorzug, durch die Idee des Außerordentlichen gespannt zu werden, wieder erlangen könnte. Aeußere Verhältnisse traten hinzu. Der Reitz der schönen Natur, die ihn umgab, und ihn zur Zärtlichkeit einlud: die Langeweile, die er bey Theresen empfand, bey der er sich zwar von einem gespannten Zustande, den er anderwärts herhohlte, ausruhen, die ihn aber nicht darein versetzen konnte. Gerade die Versagung von dieser Seite scheint ihn auf die Spur eines bessern Ausweges geleitet zu haben. Er fiel darauf, daß ihm in Rücksicht der Liebe noch etwas fehle, um alle die gespannten Lagen durchgemacht zu haben, in welche eine reitzbare Phantasie, verbunden mit feiner Sinnlichkeit und Anlagen zu sympathetischen Empfindungen, uns versetzen können, und daß gerade dieß auch wieder das wirksamste Mittel seyn würde, den Begriff, den er sich von seinem außerordentlichen Charakter machen wollte, zu vollenden, und die Menge selbst in seiner Einsamkeit

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[305/0305] es ihn vor seinen eigenen Augen erhob, es so stark fühlen und darstellen zu können. Er opferte diesem Bewustseyn alle Triebe eines niedrigen Egoismus auf, und gerieth wirklich durch Selbstdünkel und Ehrgeitz in jene leidenschaftliche Stimmung, welche er selbst so treffend la folie de la vertu nennt. Aber diese Schwärmerey dauerte nur so lange, als er sich in Paris unter Menschen befand, in deren Gesellschaft er sich auszeichnete. Auf dem Lande, wohin er sich nachher begab, ward er ein Mensch, wie andere, und noch dazu wie einer von jenen Weichgeschaffenen, zu deren Klasse er seiner ursprünglichen Anlage nach gehörte. Aber dieser Zustand ward ihm unerträglich. Er suchte nach einem andern, worin er wenigstens den Vorzug, durch die Idee des Außerordentlichen gespannt zu werden, wieder erlangen könnte. Aeußere Verhältnisse traten hinzu. Der Reitz der schönen Natur, die ihn umgab, und ihn zur Zärtlichkeit einlud: die Langeweile, die er bey Theresen empfand, bey der er sich zwar von einem gespannten Zustande, den er anderwärts herhohlte, ausruhen, die ihn aber nicht darein versetzen konnte. Gerade die Versagung von dieser Seite scheint ihn auf die Spur eines bessern Ausweges geleitet zu haben. Er fiel darauf, daß ihm in Rücksicht der Liebe noch etwas fehle, um alle die gespannten Lagen durchgemacht zu haben, in welche eine reitzbare Phantasie, verbunden mit feiner Sinnlichkeit und Anlagen zu sympathetischen Empfindungen, uns versetzen können, und daß gerade dieß auch wieder das wirksamste Mittel seyn würde, den Begriff, den er sich von seinem außerordentlichen Charakter machen wollte, zu vollenden, und die Menge selbst in seiner Einsamkeit

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Zitationshilfe: Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Dritten Theils zweyte Abtheilung: Neuere Geschichte der Geschlechtsverbindung und Liebe. Leipzig, 1798, S. 305. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus0302_1798/305>, abgerufen am 22.11.2024.