Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Dritten Theils zweyte Abtheilung: Neuere Geschichte der Geschlechtsverbindung und Liebe. Leipzig, 1798.Die Schweiz kenne ich gleichfalls nicht. In den Schriften des Major Weiß kommen Stellen über die Liebe vor, worin Rousseauische Ideen mit Aeußerungen der eitlen Intriguensucht vermischt sind, welche die Langeweile in den ehemaligen französischen Garnisonen so leicht erzeugte. Achtes Kapitel. Denkungsart der südlichen Nationen von Europa über Geschlechtsverbindung und Liebe: Italiänische Cicisbeatur. Die südlichen Nationen des kultivierten Europa weichen in ihren Sitten in Rücksicht auf ihre Geschlechtsverbindungen merklich von den nördlichen ab. Bey ihnen hat die frühere Galanterie, wie sie im vorigen Buche geschildert ist, zwar eine andere Form angenommen; aber sie dauert im Wesentlichen noch in der Cicisbeatur der Italiäner und Spanier fort. Das Auffallende in diesem Sitteninstitute ist dieß, daß eine Verbindung zwischen Personen von verschiedenem Geschlechte, die durch keine Bande der Ehe vereinigt sind, nicht bloß von der guten Sitte geduldet, sondern für anständig, ja! auf gewisse Weise für die verheirathete Frau als nothwendig angesehen wird, um mit gehörigem Ansehn in der guten Gesellschaft aufzutreten. Unverheirathete Mädchen erscheinen darin noch weniger als in Frankreich. Es ist für jeden, der sich nicht in der Lage befunden hat, diese Verhältnisse genauer zu beobachten Die Schweiz kenne ich gleichfalls nicht. In den Schriften des Major Weiß kommen Stellen über die Liebe vor, worin Rousseauische Ideen mit Aeußerungen der eitlen Intriguensucht vermischt sind, welche die Langeweile in den ehemaligen französischen Garnisonen so leicht erzeugte. Achtes Kapitel. Denkungsart der südlichen Nationen von Europa über Geschlechtsverbindung und Liebe: Italiänische Cicisbeatur. Die südlichen Nationen des kultivierten Europa weichen in ihren Sitten in Rücksicht auf ihre Geschlechtsverbindungen merklich von den nördlichen ab. Bey ihnen hat die frühere Galanterie, wie sie im vorigen Buche geschildert ist, zwar eine andere Form angenommen; aber sie dauert im Wesentlichen noch in der Cicisbeatur der Italiäner und Spanier fort. Das Auffallende in diesem Sitteninstitute ist dieß, daß eine Verbindung zwischen Personen von verschiedenem Geschlechte, die durch keine Bande der Ehe vereinigt sind, nicht bloß von der guten Sitte geduldet, sondern für anständig, ja! auf gewisse Weise für die verheirathete Frau als nothwendig angesehen wird, um mit gehörigem Ansehn in der guten Gesellschaft aufzutreten. Unverheirathete Mädchen erscheinen darin noch weniger als in Frankreich. Es ist für jeden, der sich nicht in der Lage befunden hat, diese Verhältnisse genauer zu beobachten <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0322" n="322"/> <p>Die Schweiz kenne ich gleichfalls nicht. In den Schriften des Major Weiß kommen Stellen über die Liebe vor, worin Rousseauische Ideen mit Aeußerungen der eitlen Intriguensucht vermischt sind, welche die Langeweile in den ehemaligen französischen Garnisonen so leicht erzeugte.</p> </div> <div n="2"> <head>Achtes Kapitel.<lb/></head> <argument> <p>Denkungsart der südlichen Nationen von Europa über Geschlechtsverbindung und Liebe: Italiänische Cicisbeatur.<lb/></p> </argument> <p>Die südlichen Nationen des kultivierten Europa weichen in ihren Sitten in Rücksicht auf ihre Geschlechtsverbindungen merklich von den nördlichen ab. Bey ihnen hat die frühere Galanterie, wie sie im vorigen Buche geschildert ist, zwar eine andere Form angenommen; aber sie dauert im Wesentlichen noch in der Cicisbeatur der Italiäner und Spanier fort.</p> <p>Das Auffallende in diesem Sitteninstitute ist dieß, daß eine Verbindung zwischen Personen von verschiedenem Geschlechte, die durch keine Bande der Ehe vereinigt sind, nicht bloß von der guten Sitte geduldet, sondern für anständig, ja! auf gewisse Weise für die verheirathete Frau als nothwendig angesehen wird, um mit gehörigem Ansehn in der guten Gesellschaft aufzutreten. Unverheirathete Mädchen erscheinen darin noch weniger als in Frankreich.</p> <p>Es ist für jeden, der sich nicht in der Lage befunden hat, diese Verhältnisse genauer zu beobachten </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [322/0322]
Die Schweiz kenne ich gleichfalls nicht. In den Schriften des Major Weiß kommen Stellen über die Liebe vor, worin Rousseauische Ideen mit Aeußerungen der eitlen Intriguensucht vermischt sind, welche die Langeweile in den ehemaligen französischen Garnisonen so leicht erzeugte.
Achtes Kapitel.
Denkungsart der südlichen Nationen von Europa über Geschlechtsverbindung und Liebe: Italiänische Cicisbeatur.
Die südlichen Nationen des kultivierten Europa weichen in ihren Sitten in Rücksicht auf ihre Geschlechtsverbindungen merklich von den nördlichen ab. Bey ihnen hat die frühere Galanterie, wie sie im vorigen Buche geschildert ist, zwar eine andere Form angenommen; aber sie dauert im Wesentlichen noch in der Cicisbeatur der Italiäner und Spanier fort.
Das Auffallende in diesem Sitteninstitute ist dieß, daß eine Verbindung zwischen Personen von verschiedenem Geschlechte, die durch keine Bande der Ehe vereinigt sind, nicht bloß von der guten Sitte geduldet, sondern für anständig, ja! auf gewisse Weise für die verheirathete Frau als nothwendig angesehen wird, um mit gehörigem Ansehn in der guten Gesellschaft aufzutreten. Unverheirathete Mädchen erscheinen darin noch weniger als in Frankreich.
Es ist für jeden, der sich nicht in der Lage befunden hat, diese Verhältnisse genauer zu beobachten
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