Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Dritten Theils zweyte Abtheilung: Neuere Geschichte der Geschlechtsverbindung und Liebe. Leipzig, 1798.zwischen den Rittern und Damen darum für edel gehalten worden wären, weil man im Allgemeinen ihre Reinheit von aller Sinnlichkeit vorausgesetzt habe. Die Hauptzüge der Galanterie liegen in der wahren oder scheinbaren Unterwerfung unter den Willen des schönen Geschlechts: in der lauten Bewunderung seiner Vorzüge und in der öffentlichen Darstellung dieser Gesinnungen unter dem Schutze der guten Sitte, selbst in Fällen wo Moral und Gesetze die Bewerbung um die Gunst eines Frauenzimmers mißbilligen. Die Galanterie hat erst nach und nach diese charakteristische Form erhalten. Mehrere Ursachen haben zur Gründung und Ausbreitung ihres Ansehns beygetragen. Hauptsächlich aber verdankt sie den Schutz, den ihr die gute Gesellschaft angedeihen ließ, dem Nutzen, den diese daraus für ihre Unterhaltung zog. - Sie hat nach Verschiedenheit des Charakters der Nationen, und ihrer Lagen, verschiedene Modifikationen erhalten müssen. Der Italiäner gab den galanten Verbindungen, die heimlich auf feiner Lüsternheit und dem Triebe nach freier Beschäftigung beruhten, den äußern Schein einer süßen Empfindsamkeit, zur Erhöhung einer geselligen Muße, und eines kontemplativen Lebens. Der Spanier, der heimlich die Befriedigung einer gröberen Sinnlichkeit und eines geistigen Stolzes suchte, gab jenen Verbindungen äußerlich den Schein einer auf Heldenmuth im Dulden und Handeln beruhenden Leidenschaft. Der versatile Franzose behandelte sie bald wie der Italiäner, bald wie der Spanier, und mischte allemahl viel prahlende Eitelkeit mit ein. Der Engländer ahmte seinen Nachbaren mit etwas Schwerfälligkeit und drückender Anmaßung nach, und dem Deutschen ist außer seiner Steifigkeit und Derbheit wohl zwischen den Rittern und Damen darum für edel gehalten worden wären, weil man im Allgemeinen ihre Reinheit von aller Sinnlichkeit vorausgesetzt habe. Die Hauptzüge der Galanterie liegen in der wahren oder scheinbaren Unterwerfung unter den Willen des schönen Geschlechts: in der lauten Bewunderung seiner Vorzüge und in der öffentlichen Darstellung dieser Gesinnungen unter dem Schutze der guten Sitte, selbst in Fällen wo Moral und Gesetze die Bewerbung um die Gunst eines Frauenzimmers mißbilligen. Die Galanterie hat erst nach und nach diese charakteristische Form erhalten. Mehrere Ursachen haben zur Gründung und Ausbreitung ihres Ansehns beygetragen. Hauptsächlich aber verdankt sie den Schutz, den ihr die gute Gesellschaft angedeihen ließ, dem Nutzen, den diese daraus für ihre Unterhaltung zog. – Sie hat nach Verschiedenheit des Charakters der Nationen, und ihrer Lagen, verschiedene Modifikationen erhalten müssen. Der Italiäner gab den galanten Verbindungen, die heimlich auf feiner Lüsternheit und dem Triebe nach freier Beschäftigung beruhten, den äußern Schein einer süßen Empfindsamkeit, zur Erhöhung einer geselligen Muße, und eines kontemplativen Lebens. Der Spanier, der heimlich die Befriedigung einer gröberen Sinnlichkeit und eines geistigen Stolzes suchte, gab jenen Verbindungen äußerlich den Schein einer auf Heldenmuth im Dulden und Handeln beruhenden Leidenschaft. Der versatile Franzose behandelte sie bald wie der Italiäner, bald wie der Spanier, und mischte allemahl viel prahlende Eitelkeit mit ein. 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zwischen den Rittern und Damen darum für edel gehalten worden wären, weil man im Allgemeinen ihre Reinheit von aller Sinnlichkeit vorausgesetzt habe.
Die Hauptzüge der Galanterie liegen in der wahren oder scheinbaren Unterwerfung unter den Willen des schönen Geschlechts: in der lauten Bewunderung seiner Vorzüge und in der öffentlichen Darstellung dieser Gesinnungen unter dem Schutze der guten Sitte, selbst in Fällen wo Moral und Gesetze die Bewerbung um die Gunst eines Frauenzimmers mißbilligen.
Die Galanterie hat erst nach und nach diese charakteristische Form erhalten. Mehrere Ursachen haben zur Gründung und Ausbreitung ihres Ansehns beygetragen. Hauptsächlich aber verdankt sie den Schutz, den ihr die gute Gesellschaft angedeihen ließ, dem Nutzen, den diese daraus für ihre Unterhaltung zog. – Sie hat nach Verschiedenheit des Charakters der Nationen, und ihrer Lagen, verschiedene Modifikationen erhalten müssen. Der Italiäner gab den galanten Verbindungen, die heimlich auf feiner Lüsternheit und dem Triebe nach freier Beschäftigung beruhten, den äußern Schein einer süßen Empfindsamkeit, zur Erhöhung einer geselligen Muße, und eines kontemplativen Lebens. Der Spanier, der heimlich die Befriedigung einer gröberen Sinnlichkeit und eines geistigen Stolzes suchte, gab jenen Verbindungen äußerlich den Schein einer auf Heldenmuth im Dulden und Handeln beruhenden Leidenschaft. Der versatile Franzose behandelte sie bald wie der Italiäner, bald wie der Spanier, und mischte allemahl viel prahlende Eitelkeit mit ein. Der Engländer ahmte seinen Nachbaren mit etwas Schwerfälligkeit und drückender Anmaßung nach, und dem Deutschen ist außer seiner Steifigkeit und Derbheit wohl
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