Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834.

Bild:
<< vorherige Seite

Unter Adrian VI.
bekennt, allein von ihm gegen die Angriffe der zelotischen
Scholastiker vertheidigt worden zu seyn 1). Nur die bei-
nahe heidnische Richtung, der man sich damals zu Rom
hingegeben, mißbilligte er: und von der Secte der Poeten
wollte er nichts wissen.

Niemand konnte ernstlicher wünschen, als Adrian VI.,
-- er behielt seinen Namen bei -- die Uebelstände zu hei-
len, die er in der Christenheit antraf.

Der Fortgang der türkischen Waffen, der Fall von
Belgrad und Rhodus gab ihm noch einen besondern An-
trieb, um auf die Herstellung des Friedens zwischen den
christlichen Mächten zu denken. Wiewohl er der Lehrer
des Kaisers gewesen, nahm er doch sofort eine neutrale
Stellung an. Der kaiserliche Gesandte, der ihn bei dem
neu ausbrechenden Kriege zu einer entscheidenden Erklärung
zu Gunsten seines Zöglings zu bewegen gehofft, mußte
Rom unverrichteter Dinge verlassen 2). Als man dem
Papst die Nachricht von der Eroberung von Rhodus vor-
las, sah er zur Erde: er sagte kein Wort: er seufzte tief 3).
Die Gefahr von Ungarn war einleuchtend. Er fürchtete

1) Erasmus sagt in einem seiner Briefe von ihm: licet scho-
lasticis disciplinis faveret satis tamen aequus in bonas literas.

Burm. p. 15. Jovius erzählt mit Behagen, wie viel ihm der Ruf
eines scriptor annalium valde elegans bei Adrian geholfen, beson-
ders da er kein Poet gewesen.
2) Gradenigo: relatione nennt den Vicekönig von Neapel.
Girolamo Negro, von dem sich in den Lettere di principi T. I.
einige ganz interessante Briefe über diese Zeit finden, sagt p. 109
von Johann Manuel. "Se parti mezo disperato."
3) Negro aus der Erzählung des venezianischen Secretärs.
p. 110.

Unter Adrian VI.
bekennt, allein von ihm gegen die Angriffe der zelotiſchen
Scholaſtiker vertheidigt worden zu ſeyn 1). Nur die bei-
nahe heidniſche Richtung, der man ſich damals zu Rom
hingegeben, mißbilligte er: und von der Secte der Poeten
wollte er nichts wiſſen.

Niemand konnte ernſtlicher wuͤnſchen, als Adrian VI.,
— er behielt ſeinen Namen bei — die Uebelſtaͤnde zu hei-
len, die er in der Chriſtenheit antraf.

Der Fortgang der tuͤrkiſchen Waffen, der Fall von
Belgrad und Rhodus gab ihm noch einen beſondern An-
trieb, um auf die Herſtellung des Friedens zwiſchen den
chriſtlichen Maͤchten zu denken. Wiewohl er der Lehrer
des Kaiſers geweſen, nahm er doch ſofort eine neutrale
Stellung an. Der kaiſerliche Geſandte, der ihn bei dem
neu ausbrechenden Kriege zu einer entſcheidenden Erklaͤrung
zu Gunſten ſeines Zoͤglings zu bewegen gehofft, mußte
Rom unverrichteter Dinge verlaſſen 2). Als man dem
Papſt die Nachricht von der Eroberung von Rhodus vor-
las, ſah er zur Erde: er ſagte kein Wort: er ſeufzte tief 3).
Die Gefahr von Ungarn war einleuchtend. Er fuͤrchtete

1) Erasmus ſagt in einem ſeiner Briefe von ihm: licet scho-
lasticis disciplinis faveret satis tamen aequus in bonas literas.

Burm. p. 15. Jovius erzaͤhlt mit Behagen, wie viel ihm der Ruf
eines scriptor annalium valde elegans bei Adrian geholfen, beſon-
ders da er kein Poet geweſen.
2) Gradenigo: relatione nennt den Vicekoͤnig von Neapel.
Girolamo Negro, von dem ſich in den Lettere di principi T. I.
einige ganz intereſſante Briefe uͤber dieſe Zeit finden, ſagt p. 109
von Johann Manuel. „Se parti mezo disperato.“
3) Negro aus der Erzaͤhlung des venezianiſchen Secretaͤrs.
p. 110.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0119" n="93"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Unter Adrian</hi><hi rendition="#aq">VI.</hi></fw><lb/>
bekennt, allein von ihm gegen die Angriffe der zeloti&#x017F;chen<lb/>
Schola&#x017F;tiker vertheidigt worden zu &#x017F;eyn <note place="foot" n="1)"><hi rendition="#aq">Erasmus</hi> &#x017F;agt in einem &#x017F;einer Briefe von ihm: <hi rendition="#aq">licet scho-<lb/>
lasticis disciplinis faveret satis tamen aequus in bonas literas.</hi><lb/>
Burm. <hi rendition="#aq">p.</hi> 15. Jovius erza&#x0364;hlt mit Behagen, wie viel ihm der Ruf<lb/>
eines <hi rendition="#aq">scriptor annalium valde elegans</hi> bei Adrian geholfen, be&#x017F;on-<lb/>
ders da er kein Poet gewe&#x017F;en.</note>. Nur die bei-<lb/>
nahe heidni&#x017F;che Richtung, der man &#x017F;ich damals zu Rom<lb/>
hingegeben, mißbilligte er: und von der Secte der Poeten<lb/>
wollte er nichts wi&#x017F;&#x017F;en.</p><lb/>
          <p>Niemand konnte ern&#x017F;tlicher wu&#x0364;n&#x017F;chen, als Adrian <hi rendition="#aq">VI.</hi>,<lb/>
&#x2014; er behielt &#x017F;einen Namen bei &#x2014; die Uebel&#x017F;ta&#x0364;nde zu hei-<lb/>
len, die er in der Chri&#x017F;tenheit antraf.</p><lb/>
          <p>Der Fortgang der tu&#x0364;rki&#x017F;chen Waffen, der Fall von<lb/>
Belgrad und Rhodus gab ihm noch einen be&#x017F;ondern An-<lb/>
trieb, um auf die Her&#x017F;tellung des Friedens zwi&#x017F;chen den<lb/>
chri&#x017F;tlichen Ma&#x0364;chten zu denken. Wiewohl er der Lehrer<lb/>
des Kai&#x017F;ers gewe&#x017F;en, nahm er doch &#x017F;ofort eine neutrale<lb/>
Stellung an. Der kai&#x017F;erliche Ge&#x017F;andte, der ihn bei dem<lb/>
neu ausbrechenden Kriege zu einer ent&#x017F;cheidenden Erkla&#x0364;rung<lb/>
zu Gun&#x017F;ten &#x017F;eines Zo&#x0364;glings zu bewegen gehofft, mußte<lb/>
Rom unverrichteter Dinge verla&#x017F;&#x017F;en <note place="foot" n="2)"><hi rendition="#aq">Gradenigo: relatione</hi> nennt den Viceko&#x0364;nig von Neapel.<lb/>
Girolamo Negro, von dem &#x017F;ich in den <hi rendition="#aq">Lettere di principi T. I.</hi><lb/>
einige ganz intere&#x017F;&#x017F;ante Briefe u&#x0364;ber die&#x017F;e Zeit finden, &#x017F;agt <hi rendition="#aq">p.</hi> 109<lb/>
von Johann Manuel. <hi rendition="#aq">&#x201E;Se parti mezo disperato.&#x201C;</hi></note>. Als man dem<lb/>
Pap&#x017F;t die Nachricht von der Eroberung von Rhodus vor-<lb/>
las, &#x017F;ah er zur Erde: er &#x017F;agte kein Wort: er &#x017F;eufzte tief <note place="foot" n="3)"><hi rendition="#aq">Negro</hi> aus der Erza&#x0364;hlung des veneziani&#x017F;chen Secreta&#x0364;rs.<lb/><hi rendition="#aq">p.</hi> 110.</note>.<lb/>
Die Gefahr von Ungarn war einleuchtend. Er fu&#x0364;rchtete<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[93/0119] Unter Adrian VI. bekennt, allein von ihm gegen die Angriffe der zelotiſchen Scholaſtiker vertheidigt worden zu ſeyn 1). Nur die bei- nahe heidniſche Richtung, der man ſich damals zu Rom hingegeben, mißbilligte er: und von der Secte der Poeten wollte er nichts wiſſen. Niemand konnte ernſtlicher wuͤnſchen, als Adrian VI., — er behielt ſeinen Namen bei — die Uebelſtaͤnde zu hei- len, die er in der Chriſtenheit antraf. Der Fortgang der tuͤrkiſchen Waffen, der Fall von Belgrad und Rhodus gab ihm noch einen beſondern An- trieb, um auf die Herſtellung des Friedens zwiſchen den chriſtlichen Maͤchten zu denken. Wiewohl er der Lehrer des Kaiſers geweſen, nahm er doch ſofort eine neutrale Stellung an. Der kaiſerliche Geſandte, der ihn bei dem neu ausbrechenden Kriege zu einer entſcheidenden Erklaͤrung zu Gunſten ſeines Zoͤglings zu bewegen gehofft, mußte Rom unverrichteter Dinge verlaſſen 2). Als man dem Papſt die Nachricht von der Eroberung von Rhodus vor- las, ſah er zur Erde: er ſagte kein Wort: er ſeufzte tief 3). Die Gefahr von Ungarn war einleuchtend. Er fuͤrchtete 1) Erasmus ſagt in einem ſeiner Briefe von ihm: licet scho- lasticis disciplinis faveret satis tamen aequus in bonas literas. Burm. p. 15. Jovius erzaͤhlt mit Behagen, wie viel ihm der Ruf eines scriptor annalium valde elegans bei Adrian geholfen, beſon- ders da er kein Poet geweſen. 2) Gradenigo: relatione nennt den Vicekoͤnig von Neapel. Girolamo Negro, von dem ſich in den Lettere di principi T. I. einige ganz intereſſante Briefe uͤber dieſe Zeit finden, ſagt p. 109 von Johann Manuel. „Se parti mezo disperato.“ 3) Negro aus der Erzaͤhlung des venezianiſchen Secretaͤrs. p. 110.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste01_1834
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste01_1834/119
Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834, S. 93. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste01_1834/119>, abgerufen am 04.12.2024.