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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834.

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Kap. III. Politisch-kirchliche Verwickelungen.
wäre es von ihm zu erwarten gewesen, daß er in der vom
Kaiser gesetzten Frist nicht allein scheinbar und mit De-
monstrationen, sondern ernstlich und entschlossen ans Werk
gegangen wäre? Oft hat ihm Carl vorgeworfen, diese seine
Zögerung sey an allem weitern Unheil Schuld. Ohne Zwei-
fel hoffte er, der Nothwendigkeit, die über ihm schwebte,
noch zu entgehen.

Aber gewaltig hielt sie ihn fest. Als Carl im Jahre
1533 wieder nach Italien kam, noch erfüllt von dem, was
er in Deutschland gesehen und entworfen, drang er münd-
lich -- er hielt mit dem Papst einen Congreß zu Bologna
-- und mit erneuerter Lebhaftigkeit auf das Concilium,
das er so oft schriftlich gefordert hatte. Die verschiedenen
Meinungen begegneten sich unmittelbar: der Papst blieb
bei seinen Bedingungen stehen; der Kaiser stellte ihm die
Unmöglichkeit ihrer Erfüllung vor. Sie konnten sich nicht
vereinigen. In den Breves, die über diese Sache erlas-
sen wurden, nimmt man sogar eine gewisse Verschieden-
heit wahr. In den einen schloß sich der Papst mehr als
in den andern der Meinung des Kaisers an. Aber wie
dem auch sey, er mußte zu einer erneuerten Ankündi-
gung schreiten 1). Wollte er sich nicht ganz verblenden,

1) Ueber die Verhandlungen zu Bologna findet man in einem
der besten Capitel des Pallavicini, lib. III, c. XII gute Nachricht,
-- gezogen aus dem vaticanischen Archiv. Er berührt jene Verschie-
denheit, und erzählt, daß sie auf ausdrücklicher Verhandlung be-
ruhe. In der That finden wir in dem Schreiben an die katholi-
schen Stände bei Rainaldus XX, 659, Hortleder I, XV, die Be-
dingung einer allgemeinen Theilnahme wiederholt; der Papst ver-
spricht, über den Erfolg seiner Bemühungen zu berichten; in den
Punkten, die den Protestanten vorgelegt wurden, heißt es dagegen

Kap. III. Politiſch-kirchliche Verwickelungen.
waͤre es von ihm zu erwarten geweſen, daß er in der vom
Kaiſer geſetzten Friſt nicht allein ſcheinbar und mit De-
monſtrationen, ſondern ernſtlich und entſchloſſen ans Werk
gegangen waͤre? Oft hat ihm Carl vorgeworfen, dieſe ſeine
Zoͤgerung ſey an allem weitern Unheil Schuld. Ohne Zwei-
fel hoffte er, der Nothwendigkeit, die uͤber ihm ſchwebte,
noch zu entgehen.

Aber gewaltig hielt ſie ihn feſt. Als Carl im Jahre
1533 wieder nach Italien kam, noch erfuͤllt von dem, was
er in Deutſchland geſehen und entworfen, drang er muͤnd-
lich — er hielt mit dem Papſt einen Congreß zu Bologna
— und mit erneuerter Lebhaftigkeit auf das Concilium,
das er ſo oft ſchriftlich gefordert hatte. Die verſchiedenen
Meinungen begegneten ſich unmittelbar: der Papſt blieb
bei ſeinen Bedingungen ſtehen; der Kaiſer ſtellte ihm die
Unmoͤglichkeit ihrer Erfuͤllung vor. Sie konnten ſich nicht
vereinigen. In den Breves, die uͤber dieſe Sache erlaſ-
ſen wurden, nimmt man ſogar eine gewiſſe Verſchieden-
heit wahr. In den einen ſchloß ſich der Papſt mehr als
in den andern der Meinung des Kaiſers an. Aber wie
dem auch ſey, er mußte zu einer erneuerten Ankuͤndi-
gung ſchreiten 1). Wollte er ſich nicht ganz verblenden,

1) Ueber die Verhandlungen zu Bologna findet man in einem
der beſten Capitel des Pallavicini, lib. III, c. XII gute Nachricht,
— gezogen aus dem vaticaniſchen Archiv. Er beruͤhrt jene Verſchie-
denheit, und erzaͤhlt, daß ſie auf ausdruͤcklicher Verhandlung be-
ruhe. In der That finden wir in dem Schreiben an die katholi-
ſchen Staͤnde bei Rainaldus XX, 659, Hortleder I, XV, die Be-
dingung einer allgemeinen Theilnahme wiederholt; der Papſt ver-
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[116/0142] Kap. III. Politiſch-kirchliche Verwickelungen. waͤre es von ihm zu erwarten geweſen, daß er in der vom Kaiſer geſetzten Friſt nicht allein ſcheinbar und mit De- monſtrationen, ſondern ernſtlich und entſchloſſen ans Werk gegangen waͤre? Oft hat ihm Carl vorgeworfen, dieſe ſeine Zoͤgerung ſey an allem weitern Unheil Schuld. Ohne Zwei- fel hoffte er, der Nothwendigkeit, die uͤber ihm ſchwebte, noch zu entgehen. Aber gewaltig hielt ſie ihn feſt. Als Carl im Jahre 1533 wieder nach Italien kam, noch erfuͤllt von dem, was er in Deutſchland geſehen und entworfen, drang er muͤnd- lich — er hielt mit dem Papſt einen Congreß zu Bologna — und mit erneuerter Lebhaftigkeit auf das Concilium, das er ſo oft ſchriftlich gefordert hatte. Die verſchiedenen Meinungen begegneten ſich unmittelbar: der Papſt blieb bei ſeinen Bedingungen ſtehen; der Kaiſer ſtellte ihm die Unmoͤglichkeit ihrer Erfuͤllung vor. Sie konnten ſich nicht vereinigen. In den Breves, die uͤber dieſe Sache erlaſ- ſen wurden, nimmt man ſogar eine gewiſſe Verſchieden- heit wahr. In den einen ſchloß ſich der Papſt mehr als in den andern der Meinung des Kaiſers an. Aber wie dem auch ſey, er mußte zu einer erneuerten Ankuͤndi- gung ſchreiten 1). Wollte er ſich nicht ganz verblenden, 1) Ueber die Verhandlungen zu Bologna findet man in einem der beſten Capitel des Pallavicini, lib. III, c. XII gute Nachricht, — gezogen aus dem vaticaniſchen Archiv. Er beruͤhrt jene Verſchie- denheit, und erzaͤhlt, daß ſie auf ausdruͤcklicher Verhandlung be- ruhe. In der That finden wir in dem Schreiben an die katholi- ſchen Staͤnde bei Rainaldus XX, 659, Hortleder I, XV, die Be- dingung einer allgemeinen Theilnahme wiederholt; der Papſt ver- ſpricht, uͤber den Erfolg ſeiner Bemuͤhungen zu berichten; in den Punkten, die den Proteſtanten vorgelegt wurden, heißt es dagegen

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834, S. 116. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste01_1834/142>, abgerufen am 04.12.2024.