Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834.

Bild:
<< vorherige Seite

Versuche einer Aussöhnung m. d. Protestanten.
Deutschland und außerhalb, die seine Größe fürchteten, wo-
fern er ganz Deutschland vereinige, fingen an Unkraut un-
ter jene Theologen zu säen. Der Neid des Fleisches unter-
brach dieß Colloquium" 1). Bei den Schwierigkeiten des
Gegenstandes an sich ist es kein Wunder, wenn man sich
seitdem über keinen Artikel weiter vergleichen konnte.

Man übertreibt die Gerechtigkeit, wenn man die Schuld
hiervon den Protestanten allein oder auch nur hauptsächlich
zuschreibt. In Kurzem ließ der Papst dem Legaten als
seine feste Willensmeinung ankündigen, er solle weder öf-
fentlich noch als Privatmann einen Beschluß billigen, in
welchem die katholische Meinung anders als in solchen
Worten die keiner Zweideutigkeit Raum geben, enthalten
sey. Die Formeln, in denen Contarini die verschiedenen
Meinungen über das Primat des Papstes und die Gewalt
der Concilien zu vereinigen gedacht hatte, verwarf man zu
Rom unbedingt 2). Der Legat mußte sich zu Erklärungen
bequemen, die mit seinen früheren Aeußerungen selbst in
Widerspruch zu stehen schienen.

Damit doch etwas geschehen wäre, wünschte der Kai-
ser wenigstens, daß man sich bis auf Weiteres in den ver-
glichenen Artikeln an die gefundenen Formeln halten, in
den übrigen die Abweichungen zu beiden Seiten toleriren

1) Beccatelli Vita p. CXIX. Hora il diavolo che sempre
alle buone opere s'attraversa fece si, che sparsa questa fama
della concordia che tra catholici e protestanti si preparava, gli
invidi dell' imperatore in Germania e fuori che la sua gran-
dezza temevano, quando tutti gli Alemani fussero stati uniti,
cominciarono a seminare zizania tra quelli theologi collocutori.
2) Ardinghello a Contarini. Ebend. p. CCXXIV.

Verſuche einer Ausſoͤhnung m. d. Proteſtanten.
Deutſchland und außerhalb, die ſeine Groͤße fuͤrchteten, wo-
fern er ganz Deutſchland vereinige, fingen an Unkraut un-
ter jene Theologen zu ſaͤen. Der Neid des Fleiſches unter-
brach dieß Colloquium“ 1). Bei den Schwierigkeiten des
Gegenſtandes an ſich iſt es kein Wunder, wenn man ſich
ſeitdem uͤber keinen Artikel weiter vergleichen konnte.

Man uͤbertreibt die Gerechtigkeit, wenn man die Schuld
hiervon den Proteſtanten allein oder auch nur hauptſaͤchlich
zuſchreibt. In Kurzem ließ der Papſt dem Legaten als
ſeine feſte Willensmeinung ankuͤndigen, er ſolle weder oͤf-
fentlich noch als Privatmann einen Beſchluß billigen, in
welchem die katholiſche Meinung anders als in ſolchen
Worten die keiner Zweideutigkeit Raum geben, enthalten
ſey. Die Formeln, in denen Contarini die verſchiedenen
Meinungen uͤber das Primat des Papſtes und die Gewalt
der Concilien zu vereinigen gedacht hatte, verwarf man zu
Rom unbedingt 2). Der Legat mußte ſich zu Erklaͤrungen
bequemen, die mit ſeinen fruͤheren Aeußerungen ſelbſt in
Widerſpruch zu ſtehen ſchienen.

Damit doch etwas geſchehen waͤre, wuͤnſchte der Kai-
ſer wenigſtens, daß man ſich bis auf Weiteres in den ver-
glichenen Artikeln an die gefundenen Formeln halten, in
den uͤbrigen die Abweichungen zu beiden Seiten toleriren

1) Beccatelli Vita p. CXIX. Hora il diavolo che sempre
alle buone opere s’attraversa fece si, che sparsa questa fama
della concordia che tra catholici e protestanti si preparava, gli
invidi dell’ imperatore in Germania e fuori che la sua gran-
dezza temevano, quando tutti gli Alemani fussero stati uniti,
cominciarono a seminare zizania tra quelli theologi collocutori.
2) Ardinghello a Contarini. Ebend. p. CCXXIV.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0193" n="167"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Ver&#x017F;uche einer Aus&#x017F;o&#x0364;hnung m. d. Prote&#x017F;tanten</hi>.</fw><lb/>
Deut&#x017F;chland und außerhalb, die &#x017F;eine Gro&#x0364;ße fu&#x0364;rchteten, wo-<lb/>
fern er ganz Deut&#x017F;chland vereinige, fingen an Unkraut un-<lb/>
ter jene Theologen zu &#x017F;a&#x0364;en. Der Neid des Flei&#x017F;ches unter-<lb/>
brach dieß Colloquium&#x201C; <note place="foot" n="1)"><hi rendition="#aq">Beccatelli Vita p. CXIX. Hora il diavolo che sempre<lb/>
alle buone opere s&#x2019;attraversa fece si, che sparsa questa fama<lb/>
della concordia che tra catholici e protestanti si preparava, gli<lb/>
invidi dell&#x2019; imperatore in Germania e fuori che la sua gran-<lb/>
dezza temevano, quando tutti gli Alemani fussero stati uniti,<lb/>
cominciarono a seminare zizania tra quelli theologi collocutori.</hi></note>. Bei den Schwierigkeiten des<lb/>
Gegen&#x017F;tandes an &#x017F;ich i&#x017F;t es kein Wunder, wenn man &#x017F;ich<lb/>
&#x017F;eitdem u&#x0364;ber keinen Artikel weiter vergleichen konnte.</p><lb/>
          <p>Man u&#x0364;bertreibt die Gerechtigkeit, wenn man die Schuld<lb/>
hiervon den Prote&#x017F;tanten allein oder auch nur haupt&#x017F;a&#x0364;chlich<lb/>
zu&#x017F;chreibt. In Kurzem ließ der Pap&#x017F;t dem Legaten als<lb/>
&#x017F;eine fe&#x017F;te Willensmeinung anku&#x0364;ndigen, er &#x017F;olle weder o&#x0364;f-<lb/>
fentlich noch als Privatmann einen Be&#x017F;chluß billigen, in<lb/>
welchem die katholi&#x017F;che Meinung anders als in &#x017F;olchen<lb/>
Worten die keiner Zweideutigkeit Raum geben, enthalten<lb/>
&#x017F;ey. Die Formeln, in denen Contarini die ver&#x017F;chiedenen<lb/>
Meinungen u&#x0364;ber das Primat des Pap&#x017F;tes und die Gewalt<lb/>
der Concilien zu vereinigen gedacht hatte, verwarf man zu<lb/>
Rom unbedingt <note place="foot" n="2)"><hi rendition="#aq">Ardinghello a Contarini.</hi> Ebend. <hi rendition="#aq">p. CCXXIV.</hi></note>. Der Legat mußte &#x017F;ich zu Erkla&#x0364;rungen<lb/>
bequemen, die mit &#x017F;einen fru&#x0364;heren Aeußerungen &#x017F;elb&#x017F;t in<lb/>
Wider&#x017F;pruch zu &#x017F;tehen &#x017F;chienen.</p><lb/>
          <p>Damit doch etwas ge&#x017F;chehen wa&#x0364;re, wu&#x0364;n&#x017F;chte der Kai-<lb/>
&#x017F;er wenig&#x017F;tens, daß man &#x017F;ich bis auf Weiteres in den ver-<lb/>
glichenen Artikeln an die gefundenen Formeln halten, in<lb/>
den u&#x0364;brigen die Abweichungen zu beiden Seiten toleriren<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[167/0193] Verſuche einer Ausſoͤhnung m. d. Proteſtanten. Deutſchland und außerhalb, die ſeine Groͤße fuͤrchteten, wo- fern er ganz Deutſchland vereinige, fingen an Unkraut un- ter jene Theologen zu ſaͤen. Der Neid des Fleiſches unter- brach dieß Colloquium“ 1). Bei den Schwierigkeiten des Gegenſtandes an ſich iſt es kein Wunder, wenn man ſich ſeitdem uͤber keinen Artikel weiter vergleichen konnte. Man uͤbertreibt die Gerechtigkeit, wenn man die Schuld hiervon den Proteſtanten allein oder auch nur hauptſaͤchlich zuſchreibt. In Kurzem ließ der Papſt dem Legaten als ſeine feſte Willensmeinung ankuͤndigen, er ſolle weder oͤf- fentlich noch als Privatmann einen Beſchluß billigen, in welchem die katholiſche Meinung anders als in ſolchen Worten die keiner Zweideutigkeit Raum geben, enthalten ſey. Die Formeln, in denen Contarini die verſchiedenen Meinungen uͤber das Primat des Papſtes und die Gewalt der Concilien zu vereinigen gedacht hatte, verwarf man zu Rom unbedingt 2). Der Legat mußte ſich zu Erklaͤrungen bequemen, die mit ſeinen fruͤheren Aeußerungen ſelbſt in Widerſpruch zu ſtehen ſchienen. Damit doch etwas geſchehen waͤre, wuͤnſchte der Kai- ſer wenigſtens, daß man ſich bis auf Weiteres in den ver- glichenen Artikeln an die gefundenen Formeln halten, in den uͤbrigen die Abweichungen zu beiden Seiten toleriren 1) Beccatelli Vita p. CXIX. Hora il diavolo che sempre alle buone opere s’attraversa fece si, che sparsa questa fama della concordia che tra catholici e protestanti si preparava, gli invidi dell’ imperatore in Germania e fuori che la sua gran- dezza temevano, quando tutti gli Alemani fussero stati uniti, cominciarono a seminare zizania tra quelli theologi collocutori. 2) Ardinghello a Contarini. Ebend. p. CCXXIV.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste01_1834
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste01_1834/193
Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834, S. 167. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste01_1834/193>, abgerufen am 04.12.2024.