gen, was mir darin noch denkwürdig vorkommen möchte, ohne daß ich es im Laufe der Erzählung hätte berühren können.
Denn für diese ergiebt sich, schon wegen der ungemeinen Masse des Stoffes, die sich nun in so vielen ungedruckten und den gedruckten Schriften vor Augen legt, eine unerläßliche Beschränkung.
Ein Italiener oder Römer, ein Katholik würde die Sache ganz anders angreifen. Durch den Aus- druck persönlicher Verehrung, oder vielleicht wie jetzt die Sachen stehen, persönlichen Hasses würde er sei- ner Arbeit eine eigenthümliche, ich zweifle nicht, glän- zendere Farbe geben; auch würde er in vielen Stük- ken ausführlicher, kirchlicher, localer seyn. Ein Protestant, ein Norddeutscher kann hierin nicht mit ihm wetteifern. Er verhält sich um vieles indif- ferenter gegen die päpstliche Gewalt; auf eine Wärme der Darstellung, wie sie aus Vorliebe oder Widerwillen hervorgeht, wie sie vielleicht einen ge- wissen Eindruck in Europa machen könnte, muß er von vorn herein verzichten. Für jenes kirchliche oder canonische Detail geht uns am Ende auch die wahre Theilnahme ab. Dagegen ergeben sich uns auf unsrer Stelle andere, und wenn ich nicht irre, reiner historische Gesichtspuncte. Denn was ist es heut zu Tage noch, das uns die Geschichte der päpstlichen Gewalt wichtig machen kann? Nicht
Vorrede.
gen, was mir darin noch denkwürdig vorkommen möchte, ohne daß ich es im Laufe der Erzählung hätte berühren können.
Denn für dieſe ergiebt ſich, ſchon wegen der ungemeinen Maſſe des Stoffes, die ſich nun in ſo vielen ungedruckten und den gedruckten Schriften vor Augen legt, eine unerläßliche Beſchränkung.
Ein Italiener oder Römer, ein Katholik würde die Sache ganz anders angreifen. Durch den Aus- druck perſönlicher Verehrung, oder vielleicht wie jetzt die Sachen ſtehen, perſönlichen Haſſes würde er ſei- ner Arbeit eine eigenthümliche, ich zweifle nicht, glän- zendere Farbe geben; auch würde er in vielen Stük- ken ausführlicher, kirchlicher, localer ſeyn. Ein Proteſtant, ein Norddeutſcher kann hierin nicht mit ihm wetteifern. Er verhält ſich um vieles indif- ferenter gegen die päpſtliche Gewalt; auf eine Wärme der Darſtellung, wie ſie aus Vorliebe oder Widerwillen hervorgeht, wie ſie vielleicht einen ge- wiſſen Eindruck in Europa machen könnte, muß er von vorn herein verzichten. Für jenes kirchliche oder canoniſche Detail geht uns am Ende auch die wahre Theilnahme ab. Dagegen ergeben ſich uns auf unſrer Stelle andere, und wenn ich nicht irre, reiner hiſtoriſche Geſichtspuncte. Denn was iſt es heut zu Tage noch, das uns die Geſchichte der päpſtlichen Gewalt wichtig machen kann? Nicht
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[XV/0021]
Vorrede.
gen, was mir darin noch denkwürdig vorkommen
möchte, ohne daß ich es im Laufe der Erzählung
hätte berühren können.
Denn für dieſe ergiebt ſich, ſchon wegen der
ungemeinen Maſſe des Stoffes, die ſich nun in ſo
vielen ungedruckten und den gedruckten Schriften vor
Augen legt, eine unerläßliche Beſchränkung.
Ein Italiener oder Römer, ein Katholik würde
die Sache ganz anders angreifen. Durch den Aus-
druck perſönlicher Verehrung, oder vielleicht wie jetzt
die Sachen ſtehen, perſönlichen Haſſes würde er ſei-
ner Arbeit eine eigenthümliche, ich zweifle nicht, glän-
zendere Farbe geben; auch würde er in vielen Stük-
ken ausführlicher, kirchlicher, localer ſeyn. Ein
Proteſtant, ein Norddeutſcher kann hierin nicht mit
ihm wetteifern. Er verhält ſich um vieles indif-
ferenter gegen die päpſtliche Gewalt; auf eine
Wärme der Darſtellung, wie ſie aus Vorliebe oder
Widerwillen hervorgeht, wie ſie vielleicht einen ge-
wiſſen Eindruck in Europa machen könnte, muß er
von vorn herein verzichten. Für jenes kirchliche
oder canoniſche Detail geht uns am Ende auch die
wahre Theilnahme ab. Dagegen ergeben ſich uns
auf unſrer Stelle andere, und wenn ich nicht irre,
reiner hiſtoriſche Geſichtspuncte. Denn was iſt es
heut zu Tage noch, das uns die Geſchichte der
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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834, S. XV. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste01_1834/21>, abgerufen am 21.11.2024.
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